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Emulsionen und lamellare Strukturen

MEHR ALS WASSER UND ÖL

Die Haut braucht Lipide und Feuchtigkeit. Die Galenik einer Zubereitung ist dabei von Bedeutung. Denn je nachdem, wie die beiden Phasen miteinander kombiniert werden, kann man unterschiedliche Effekte erzielen.

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Hautpflegeprodukte werden meist in Form von Emulsionen angeboten. Emulsionen für die Gesichtspflege sind halbfest, von streichfähiger Konsistenz und werden als Cremes bezeichnet. Für die Anwendung am übrigen Körper werden wegen der besseren Verteilbarkeit flüssige Emulsionen benutzt, die auch Lotionen genannt werden. Aber es gibt noch mehr als diese grobdispersen Systeme flüssig in flüssig. Moderne Zubereitungen orientieren sich am Aufbau der Haut

Emulsionen Es sind zwei- oder mehrphasige Systeme, die aus zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten bestehen. Die eine Flüssigkeit hat stets hydrophilen Charakter und ist meist Wasser oder eine wässrige Lösung. Die andere Flüssigkeit ist lipophil. Es kann ein Öl natürlicher oder synthetischer Herkunft oder eine andere organische Flüssigkeit sein. Die hydrophile Phase wird immer mit „W“, die lipophile immer mit „O“ bezeichnet. Durch Zugabe geeigneter Emulgatoren wird die Grenzflächenspannung, die für die fehlende Mischbarkeit verantwortlich ist, erheblich verringert. Der hydrophile Anteil des Emulgators löst sich in der wässrigen Phase, der lipophile Teil in der öligen Phase.

Emulgatoren reichern sich in dieser Ausrichtung an den Grenzflächen an und verbinden die ansonsten nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten. Es entsteht eine Emulsion, bei der die eine Flüssigkeit die zusammenhängende äußere Phase bildet, in der die andere in Form kleiner Kügelchen verteilt ist. Einfache Emulsionssysteme bestehen aus zwei Phasen und werden je nach Phasenverteilung als O/W- oder W/O-Emulsionen bezeichnet. In einem Produkt enthaltene Wirkstoffe können je nach Löslichkeit in der Wasser- oder in der Ölphase gelöst sein. O/W-Emulsionen lassen sich leicht verteilen, ziehen schnell ein und hinterlassen keinen Fettfilm.

Durch die Verdunstung der Wasserphase kann ein kurzfristiger Kühleffekt erzielt werden. Dieser Emulsionstyp eignet sich für normale und fette Haut. W/O-Emulsionen werden vor allem bei trockenen Hautzuständen empfohlen. Sie ziehen weniger schnell ein und hinterlassen einen Fettfilm auf der Haut, der den transepidermalen Wasserverlust reduziert. Aufgrund des schützenden Fettfilms wird eine Emulsion vom Typ W/O häufig als gehaltvoller empfunden, auch wenn der absolute Fettgehalt durchaus geringer sein kann als in einer O/W-Emulsion.

Multiple Emulsionen Neben diesen einfachen Emulsionen werden von einigen Herstellern auch sogenannte multiple Emulsionen angeboten. Charakteristisch für diese Systeme ist, dass die Tröpfchen der inneren Phase ihrerseits noch kleinere Tröpfchen enthalten, die aus äußerer Phase bestehen. Man bezeichnet diese Systeme je nach Phasenverteilung als W/O/W- oder O/W/O-​Emulsionen. Trägt man eine W/O/W-Emulsion auf die Haut auf, so wird zunächst das Wasser der äußeren Phase an die Hornschicht abgegeben. Dieser Effekt entspricht dem einer feuchtigkeitsspendenden O/W-​Emulsion. Durch Entzug der äußeren Phase vereinigen sich die Öltröpfchen und bilden einen Schutzfilm auf der Haut, wie man ihn von einer W/O-​Emulsion erwarten würde. Die in der Fettphase eingeschlossenen Wassertröpfchen stellen ein Feuchtigkeitsdepot dar und können die Haut über längere Zeit mit Feuchtigkeit versorgen.

Lamellare Strukturen Seit einiger Zeit beobachtet man, dass Tenside die Barrierefunktion der Haut stören können. Dies betrifft weniger Tenside aus Hautreinigungsmitteln, sondern in erster Linie Emulgatoren aus Hautpflegemitteln, da sie lange auf der Haut verweilen und daher tiefer eindringen und sich anreichern können. Alle Mizellen bildenden Emulgatoren sind prinzipiell in der Lage, die lamellare Anordnung der Membranlipide aufzulösen und die Lipide beim nachfolgenden Waschen auszuschwemmen. Besonders in die Kritik geraten sind in diesem Zusammenhang die Emulgatoren vom PEG-Typ. Diese Erkenntnis hat zur Suche nach neuen biokompatiblen Emulsionssystemen geführt, die die Hautlipide nicht mizellieren.

In strukturell mit den Membranlipiden verwandten Substanzen hat man eine Alternative zu den herkömmlichen Emulgatoren gefunden, die nicht nur die Cremegrundlage stabilisieren, sondern darüber hinaus die Barrierefunktion der Haut verbessern und so zur Erhöhung des Feuchtigkeitsgehalts und zur Glättung der Haut beitragen. Bei den zurzeit eingesetzten Systemen ist der Übergang zwischen Lipid und Emulgator fließend. Durch spezielle, aufwändige Emulgierverfahren ist es möglich, von den herkömmlichen mizellierten Emulsionskügelchen wegzukommen und flüssigkristalline Strukturen mit lamellarer Ausrichtung der Lipidphase herzustellen.

Diese Emulsionssysteme ähneln stark der Struktur der Hautlipide. Die hauteigenen Lipide, die die Zellen verbinden, liegen als Lipid-Doppelschichten in Form von dicht zusammengefügten Lamellen vor. Sie bestehen zu 50 Prozent aus Ceramiden, zu 25 Prozent aus Cholesterol und zu etwa 10 bis 20 Prozent aus freien Fettsäuren. Gehen diese Lipide verloren, wird die Haut trocken, spröde und rissig. Untersuchungen zeigen, dass gerade bei trockener Haut die geschädigte Hornschicht durch Kosmetika mit lamellaren Strukturen wieder restrukturiert und die Barrierefunktion gestärkt werden kann.

Den Artikel finden Sie auch in unserem Sonderheft „Kosmetik – Anti-Aging“ 2019 ab Seite 34.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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