Eine schwarz-weiße Illustration zeigt Robert Koch beim Forschen in seinem Labor.© Photos.com / iStock / Getty Images Plus
Viel Geduld und Zeit brachte Robert Koch mit: Der Nachweis des Tuberkulose-Erregers gelang ihm erst beim 271. Versuch.

Medizingeschichten

TUBERKULOSE – EINE DER TÖDLICHSTEN INFEKTIONSKRANKHEITEN WELTWEIT

Erst der 271. Versuchsaufbau klappte, aber dann hatte er ihn: Robert Koch war es gelungen, das Mycobakterium tuberculosis dingfest zu machen. Der Tag, an dem er seine Entdeckung der medizinischen Fachgesellschaft präsentierte, ist heute der offizielle Welttuberkulosetag.

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Es war wohl ein Termin, der historisch zu nennen ist; selbst die anwesenden Mediziner schwiegen am Ende ehrfürchtig. Am 24. März 1882 stellte Robert Koch in seinem berühmt gewordenen Vortrag der Berliner Physiologischen Gesellschaft die „Aetiologie der Tuberculose“ vor.

Vorher gab es keine gesicherten Informationen über die „Schwindsucht“, wie alle Formen der Krankheit genannt wurden: Die Patienten bauten über Monate körperlich stark ab und starben schließlich. Robert Koch unternahm 1881 die ersten Experimente, und zwar an Meerschweinchen. Sie erwiesen sich als ideale Versuchstiere; künstliche Nährböden waren für die Tuberkelbakterien nämlich weniger geeignet. Einer der größten Verdienste Robert Kochs ist es, dass er bei seinen Versuchsreihen nicht vorzeitig die Geduld verlor – erst der 271. Versuchsansatz war ein Treffer. Der Forscher entdeckte endlich den gesuchten Erreger und konnte ihn zeichnen.

Was ist Tuberkulose?
Tuberkulose, auch TB genannt, ist eine vom Bakterium Mycobakterium tuberculosis hervorgerufene Infektionskrankheit. Der aerobe und langsam wachsende, überdies unbewegliche Erreger wurde 1882 von Robert Koch entdeckt und ähnelt stark dem der Lepra.
Die Tuberkulose verläuft langsam: Ist das Immunsystem intakt, können diese Bakterien Jahrzehnte im Körper überdauern, ohne dass der Mensch an TB erkrankt (latente Infektion). Ist das Immunsystem aber geschwächt, kann die Krankheit ausbrechen. Symptome sind andauernder Husten, manchmal mit blutigem Auswurf, Schwächegefühl, Nachtschweiß, Fieber, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme – man nannte die Krankheit früher auch „Schwindsucht“.
Unbehandelt führt eine TB-Erkrankung bei der Hälfte aller Patienten in weniger als zwei Jahren zum Tod. Dabei ist sie mit den entsprechenden Medikamenten gut in den Griff zu bekommen.
Vor allem in den Entwicklungsländern ist die Tuberkulose immer noch präsent.

Mycobakterium tuberculosis umgibt sich mit einer Wachshülle

Bis dahin starb etwa jeder siebte Deutsche an Tuberkulose. Koch wies nach, dass der Erreger aller Wahrscheinlichkeit nach über die Atemluft verbreitet wurde, denn im Auswurf von Tuberkulösen waren Tuberkelbazillen vorhanden. Dadurch wurde klar, dass eine Gefahr vor allem von Kranken mit einer offenen Lungentuberkulose ausging.

Die Öffentlichkeit reagierte euphorisch. Robert Koch machte sich sogleich, mit staatlichen Geldern, ans Forschen über einen Impfstoff beziehungsweise ein Heilmittel. 1890 konnte er ihn vorstellen. In einer groß angelegten Tagung präsentierte er das "Tuberkulin“ und alle Welt wollte sich impfen lassen. Doch was war eigentlich drin? Viel später kam heraus: Robert Koch wusste es selbst nicht so genau. Es war wohl so etwas wie ein Tuberkel-Bazillenextrakt in Glycerin.

Der Tuberkulin-Skandal

Als er gezwungen wurde, die Rezeptur offenzulegen, häuften sich schon die Hiobsbotschaften über das neue Wundermittel, sogar Todesfälle wurden ihm zugeschrieben. Koch hatte es versäumt, es auch an Menschen zu testen und die Meerschweinchen erwiesen sich als äußerst robust, was die Nebenwirkungen betraf. Menschen reagierten viel empfindlicher, mit Fieber, Gelenkschmerzen und Übelkeit beispielsweise. Nach zirka einem Jahr erwies sich: Tuberkulin wirkte rein gar nicht gegen die Tuberkulose.

Kollege Rudolf Virchow obduzierte die trotz des Mittels Erkrankten und stellte fest: Tuberkulin aktivierte das latent vorhandene Bakterium sogar. Als Folge des Skandals wurde immerhin die Arzneimitteltestung drastisch verschärft: Emil von Behrings Diphterie-Antitoxin beispielsweise erblickte erst das Licht der Öffentlichkeit, als umfangreiche klinische Tests vorangegangen waren.

Standardisierte Therapie, gut beherrschbar

Heute besteht die weltweit standardisierte Therapie einer Tuberkulose aus der mindestens sechsmonatigen Einnahme von Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid. Die TB-Therapie ist in den meisten Ländern kostenfrei. Allerdings haben Patienten wegen der Erkrankung oft kein Einkommen und müssen dennoch häufig Kosten tragen wie zum Beispiel Medikamente gegen Nebenwirkungen oder Transportwege zur Gesundheitsstation. Deshalb können sich manche Menschen die Therapie nicht leisten oder brechen sie ab. Damit steigt jedoch das Risiko, dass sich die TB zu einer resistenten Form entwickelt.

Man geht davon aus, dass ohne Behandlung jeder dritte Betroffene an Tuberkulose nach Monaten bis Jahren stirbt. Die Krankheit zählt immer noch zu einer der zehn häufigsten Todesursachen weltweit: Nach Schätzungen der WHO sind 2019 etwa 1,4 Millionen Menschen an TB gestorben. Von den Überlebenden behält jeder Zweite dauerhafte Lungenschäden oder Schädigungen an anderen Organen zurück. Ein erneuter Ausbruch der Krankheit bei nicht austherapierten Patienten ist jederzeit möglich, sobald das Immunsystem wieder geschwächt ist. Ein Drittel der Weltbevölkerung – zwei Milliarden Menschen – ist mit dem TB-Bakterium infiziert. Die allermeisten werden aber nie daran erkranken.

Quellen:
RKI
Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe
Berliner Klinische Wochenschrift Band 19
Eckart Roloff: „Held im Zwielicht. Robert Koch – der berühmte Mediziner, vor 100 Jahren mit dem Nobelpreis geehrt, hat große Verdienste. Weniger bekannt sind seine verhängnisvollen Fehler und Irrtümer“, Rheinischer Merkur Nr. 49.
Christoph Gradmann: „Krankheit im Labor. Robert Koch und die medizinische Bakteriologie“, Wallstein, Göttingen 2005.

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