Spritze gegen Polio© Teka77 / iStock / Getty Images Plus
Der österreichisch-US-amerikanische Arzt und Bakteriologe Karl Landsteiner hat den Poliovirus entdeckt. Dank ihm ist die Kinderlähmung in Europa ausgerottet.

Medizingeschichten | Blutgruppen

WAS DER 14. JUNI MIT POLIO UND RHESUSFAKTOREN ZU TUN HAT

Die Welt hat Karl Landsteiner viel zu verdanken. Jugendämter wussten endlich, wer (nicht) der Vater eines Kindes war, Geburtshelfer, warum Neugeborene starben. Und wir alle müssen nicht mehr befürchten, an Kinderlähmung zu erkranken – die Krankheit ist in Europa dank Landsteiner ausgerottet.

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Der Vater von Karl, Leopold Landsteiner, muss kein besonders guter Ehemann gewesen sein, dafür aber ein guter Journalist: Fanny Hess, die Mutter seines einzigen Kindes, verließ ihn sieben Jahre nach der Hochzeit. Da war der kleine Karl schon auf der Welt. Der Vater starb 58-jährig als Chefredakteur der Wiener Zeitung „Die Presse“. So schloss sich der kleine Junge eng an seine Mutter an, die darauf achtete, dass er eine gute Schul- und Ausbildung erhielt.

Karl wurde am 14. Juni 1868 geboren, studierte Medizin, promovierte 1891. Konvertierte ein Jahr zuvor vom jüdischen zum römisch-katholischen Glauben. Heiratete 1916 seine jahrelange Verlobte Leopoldine Wlasto; er konnte sich einfach nicht früher entschließen, da er viel zu viel arbeitete. Das aber mit Aufsehen erregenden Resultaten: Bereits im Jahr 1900 bemerkte Landsteiner, dass das Blut zweier Menschen beim Vermischen oft verklumpte. Bluttransfusionen gingen daher häufig schief und endeten mit dem Tod des Kranken. 
 

Blutgruppen nach dem AB0-System

Er schrieb eine Arbeit mit dem Titel „Über Agglutinationserscheinungen normalen menschlichen Blutes“ und forderte eine Unterteilung in die Gruppen A, B und C (letztere wurde später als Null bezeichnet). Er entwickelte wenig später eine Methode zur Bestimmung dieser Gruppen, bei der wenig Material zur zweifelsfreien Bestimmung reichte. 

Endlich waren Bluttransfusionen zwischen Menschen möglich, im Wissen, dass beide die gleiche Blutgruppe haben mussten (erst später differenzierte sich dieses Wissen, siehe Kasten)! Für diese Entdeckung erhielt Landsteiner 1930 den Nobelpreis für Medizin. Und das Vorhandensein (und zweifelsfreie Nachweisen) von Blutgruppen ermöglichte nun auch, den biologischen Vater eines Kindes zumindest auszuschließen.

Heute weiß man über Blutgruppen,
•    dass Menschen mit der Blutgruppe AB Erythrozyten aller anderen Gruppen akzeptieren. Sie sind Universalempfänger.
•    dass Blutgruppe O von allen anderen Menschen empfangen werden kann. Menschen mit dieser Blutgruppe sind Universalspender

Poliomyelitis
Landsteiner war zeit seines Lebens sehr produktiv, entdeckte ebenfalls (zusammen mit Erwin Popper), dass die Kinderlähmung eine infektiöse Krankheit ist. Er legte damit die Grundlagen für die spätere Entwicklung eines Impfstoffes. 

Rhesusfaktoren
Mit zweien seiner Schüler beschrieb er zudem ein Merkmal, das er im Blut von Rhesusaffen gefunden hatte – der Rhesusfaktor war entdeckt. So konnte später die IgG-Anti-D-Prophylaxe für Schwangere entwickelt werden. Sie rettet heute unzähligen Kindern das Leben, die sonst an Morbus haemolyticus neonatorum versterben würden.
 

Fürsorglicher Vater


Neben den brillanten Leistungen, die Landsteiner als Wissenschaftler erbrachte, muss er auch ein liebevoller Familienvater gewesen sein. So ist überliefert, dass er sein einziges Kind in Kriegszeiten durchbrachte, indem er eine Ziege besorgte, sodass es dem Baby an Milch nicht mangelte. In späteren Jahren legte er seine Energie in die Erforschung bösartiger Tumore, weil seine eigene Frau an Schilddrüsenkrebs erkrankt war. Leider war diese Suche nicht von Erfolg gekrönt. 1943 starben kurz nacheinander beide Eheleute; sie wurden Seite an Seite in Amerika, Landsteiners Wahlheimat, beigesetzt
 

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