© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Psychologie in der Apotheke

MEDITATION

Manchmal kreisen die Gedanken im Kopf und das Grübeln nimmt kein Ende. In solchen Situationen wäre es schön, einfach loslassen zu können. Mit Meditation kann das Abschalten gelingen.

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Ommm und tief durchatmen – eine wirksame Möglichkeit, um zu entspannen oder Stress zu reduzieren. Die Bezeichnung Meditation, ein Sammelbegriff für zahlreiche mentale Verfahren, leitet sich von dem lateinischen Wort „meditatio“ ab, was so viel bedeutet wie „Ausrichtung zur Mitte“. Der Geist soll sich mit Hilfe von Achtsamkeits- oder Konzentrationsübungen beruhigen, der erreichte Bewusstseinszustand wird von Betroffenen oft als Stille, Leere, Eins-Sein, Im-Hier und-Jetzt-sein oder als Frei-von Gedanken-sein beschrieben. Man unterscheidet bei Meditationsübungen die Sammlung, Einsicht und Hingabe.

Meditierende sammeln sich, indem sie ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache wie beispielsweise auf die Atmung fokussieren. Durch die Übung entspannen sie, schulen die Konzentration und geraten in einen Energiesparmodus. Das sogenannte offene Gewahrsein, also das Training der Einsicht, kennzeichnet sich dadurch, dass Meditierende innehalten und auf körperliche und emotionale Signale achten. Sie beobachten alles, was geschieht, ohne es zu bewerten. Bei der Hingabe widmet man sich Meditationen, bei denen man etwas übt, wie zum Beispiel Singen, meditative Bewegungen oder Imaginieren.

Für jeden das RichtigeKlassischerweise vermutet man von Meditierenden, dass sie sich mit geschlossenen Augen im Schneidersitz auf dem Boden niederlassen, dies ist allerdings keine notwendige Voraussetzung: Möchten Kunden, denen es schwer fällt still zu sitzen, mit der Mediation beginnen, sollten sie ein Bewegungstraining (Yoga oder Gehmeditation) wählen. Für Einsteiger, die gerne ruhig verharren, empfiehlt sich etwa eine Sammlungsübung wie die Atemmeditation.

Wer gerne nachdenkt, erforscht im Rahmen einer Hingabeübung mental seine angenehmen und unangenehmen Erfahrungen. Es gibt demnach passive (kontemplative) sowie aktive Techniken der Meditation. Passive Verfahren wie die Ruhe-, Konzentrations-, Achtsamkeits-, transzendentale oder Zen-Meditation führt man im Sitzen oder Liegen durch, während Meditierende sich bei aktiven Techniken wie Yoga, Thai-Chi, Chi-Gong, Tantra, Kampfkunst, Musik oder Tanz bewegen.

MindfulnessEin wesentlicher Bestandteil der Meditation ist das aus dem Buddhismus stammende Konzept der Achtsamkeit. Dies bedeutet, körperlich und mental im Hier und Jetzt zu sein und dem Moment mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Für die meisten Menschen ist das kein Normalzustand, denn sie hängen entweder gedanklich in der Vergangenheit fest oder sorgen sich um die Zukunft. Gleichzeitig haben sie die Hoffnung, dass sich irgendwann eine generelle Zufriedenheit einstellt.

Achtsame Personen leben im Jetzt, ohne den Moment zu bewerten – ein weiterer entscheidender Aspekt des Konzepts. Das Gedankenkarussell stoppt, es entwickelt sich eine generelle Gelassenheit und stressige Situationen werden besser bewältigt. Manchen Kunden ist allerdings von Achtsamkeitsübungen abzuraten: Für Schmerzpatienten kann die Konzentration eine hohe Belastung darstellen, während selbstkritische Personen in negative Gedankenmuster geraten können.

Durch Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen soll sich der Geist beruhigen und sammeln.

Überwiegend positive Auswirkungen Heutzutage gibt es verschiedene Belege dafür, dass Meditation über eine heilende Kraft für Körper und Geist verfügt. So wies der US-amerikanische Hirnforscher Richard J. Davidson bereits im Jahr 2008 bei tibetischen Mönchen höhere Aktivitäten im linken Stirnhirnlappen nach: Die gemessenen Gammawellen waren 30-fach stärker ausgeprägt als bei der Kontrollgruppe. Eine weitere Erkenntnis ist, dass die sogenannte Mitgefühlsmeditation, bei der man sich für das eigene Wohlergehen und das anderer Menschen öffnet, das Verbindungsgebiet zwischen Schläfen- und Scheitellappen aktiviert und die innere Balance sowie die Hilfsbereitschaft fördert. Meditation vermindert Stress und senkt den Spiegel des Stresshormons Cortisol.

Eine Untersuchung von Zen-Meditierenden hat ergeben, dass diese Personengruppe einen Schmerzreiz als neutralen Reiz empfindet. Im Gehirn gibt es zwei Areale, welche die Schmerzwahrnehmung steuern. Ein Bereich ist für die körperlichen Effekte zuständig, das andere Gebiet für die emotionale Bewertung. Laut Davidson scheinen Zen-Meditierende die Reize zwar wahrzunehmen, sie bewerten diese allerdings anders oder gar nicht. Darüber hinaus konnte Davidson zusammen mit Wissenschaftlern des Instituts für biomedizinische Forschung in Barcelona zeigen, dass bei Meditationserfahrenen bereits nach einem Tag intensiven Übens die Aktivität von Entzündungsmarkern abnahm.

Davidson hat vor einigen Monaten zusammen mit dem Psychologen Daniel Goleman das Buch „Altered traits“ herausgebracht, in dem es um den aktuellen Forschungsstand rund um das Thema Meditation geht. Doch das sind längst nicht alle positiven Einflüsse, die mit der Meditation einhergehen: Meditieren verbessert die Fähigkeit, eigene Körpersignale wie beispielsweise den Herzschlag deutlicher wahrzunehmen. Es stellte sich heraus, dass Patienten, die bereits depressive Episoden erlitten hatten, von der Meditation profitierten, indem sie grüblerische Gedanken akzeptierten und wieder gehen ließen. Achtsamkeitsmeditation kann möglicherweise sogar die Zellalterung verlangsamen, die soziale Intelligenz unterstützen und das Mitgefühl trainieren.

Negativer Zusammenhang zur Arbeitsmotivation Allerdings wurden nicht immer wünschenswerte Ziele durch die Meditation erreicht: In einer Studie an Führungskräften (Hafenbrack & Vohs, 2018) zeigte die Achtsamkeitsmeditation im Zusammenhang mit der Arbeitsmotivation einen negativen Trend. Diese Meditationsform hatte eher einen demotivierenden Einfluss, folglich fiel es Betroffenen schwerer, bestimmte Aufgaben anzugehen und Ziele zu erreichen.

Übungen für den Alltag Es ist in fast jeder Lebenslage möglich, zu meditieren. PTA und Apotheker können ihren Kunden beispielsweise vorschlagen, achtsam zu essen anstatt die Mahlzeiten gedankenlos herunterzuschlingen. Die Konzentration liegt vor dem Essen auf den Lebensmitteln, die sich auf dem Teller befinden, und man stellt sich vor, wie viel Mühe, Energie und Arbeit in der jeweiligen Zutat steckt. Beim Essen spüren „Meditierende“ jeden Bissen und achten darauf, wie das Gehirn den Geschmack bewertet. Das Apothekenpersonal rät Interessierten am besten dazu, langsam zu essen und mit der Achtsamkeit bei jedem einzelnen Bissen zu bleiben.

Ein anderer Weg besteht darin, sich auch in den unangenehmsten Situationen etwas Schönes zu suchen und sich darauf zu konzentrieren. Das können lachende Kinder in der Ferne oder farbige Blumen auf einer Wiese sein. Auf diese Momente sollten sich Kunden fokussieren, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die gegenwärtige Situation richten und beobachten, ob sich an der Einstellung oder an den Gefühlen etwas geändert hat.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/19 ab Seite 82.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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