Aufsteigender Heissluftballon© EMPPhotography / iStock / Getty Images

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LUFT ABLASSEN

Was genau sind eigentlich Blähungen? SL01/Suche „Flatulenz“ definiert sie als „vermehrtes Abgehen von im Darm entstehenden oder transportierten Gasen“. Wieso entstehen solche übelriechenden Gase eigentlich?

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Man kennt es: Mit großem Appetit werden köstliche Speisen verzehrt, dazu noch ein Glas Wein oder ein erfrischender Softdrink, und zu guter Letzt soll ein hochprozentiger Schnaps die Verdauung in Gang bringen. So weit die Theorie. Es gibt Menschen, bei denen das auch funktioniert. Die Realität sieht in vielen Fällen allerdings anders aus. Nachdem das Essen im Magen verschwunden ist, stellt sich außer einem Völlegefühl zunächst nichts ein. Aber dann: Es gluckert und rumpelt. Magensäure und Gallensaft leisten Schwerstarbeit, um den Berg von Speisen in einen aufspaltbaren Brei zu verwandeln und auf die lange Reise durch den Darm zu schicken.

Die gute Nachricht: Dieses Grummeln und Blubbern ist in den meisten Fällen ganz normal und zeugt davon, dass im Körper hart gearbeitet wird. Ziel ist die Metabolisierung, also der biochemische Um- beziehungsweise Abbau von zugeführten Nahrungsmitteln mithilfe körpereigener Enzyme und Bakterien. Durch die Vermengung des Speisebreis mit Luft und Gasen im Darm und in Verbindung mit der Peristaltik entstehen Darmgeräusche, die man Borborgymus nennt, wie Sie unter SL02/Suche „Darmgeräusche“/„Darmgeräusche – gefährliches Knurren oder …“ erfahren.

Immer das Gleiche? Nein, so unterschiedlich wir Menschen sind, so unterschiedlich reagieren wir auch auf Einflüsse von außen. Der eine verträgt einfach alles, der andere bekommt schon beim bloßen Gedanken an Bohneneintopf Verdauungsprobleme und Blähungen. Allerdings lässt sich bei manchen Nahrungsmitteln fast schon voraussagen, dass es zu vermehrter Darmaktivität und damit zu entsprechenden Symptomen kommt. So sind Kohlarten, Hülsenfrüchte, Zwiebeln, frisches Brot, sehr fetthaltiger Käse wie Schimmel- oder Bergkäse und Trockenfrüchte die häufigsten Tatverdächtigen. Auch Medikamente und Unverträglichkeiten können Auslöser sein.

Unterschiedliche Begriffe … … für unterschiedliche Erscheinungen. Der Vorgang, bei dem Gase und damit Blähungen im Darm entstehen, nennt man Meteorismus. „Unter Blähungen kann aber im eigentlichen Sinn lediglich die rein subjektive Empfindung eines geblähten Abdomens verstanden werden, …“, wie Sie unter SL03/Suche „Meteorismus – Ursachen und gezielte Therapieansätze“, lesen. Dieser Begriff wird häufig selbst in Fachmedien mit Flatulenzen gleichgesetzt. Das jedoch sind die Winde und Gase, die im Magen-Darm-Kanal entstehen und sich ihren Weg nach draußen über den After suchen. Es gilt also, genau zu differenzieren, wenn Ihnen ein Kunde berichtet, er habe Probleme mit Blähungen, wenn er eigentlich Flatulenzen meint – oder umgekehrt.

Wenn die Winde weh’n Es ist gut zu wissen, dass der Abgang von Winden etwas ganz Normales ist. SL04/Suche „Blähungen“/„Blähungen (Meteorismus)“ informiert, dass jeder Mensch pro Tag circa 0,5 Liter Verdauungsgase über den After ausscheidet. Man spricht dann davon, dass der Mensch Flatus, lateinisch für „Wind“, hat. Sehr oft bemerkt nicht einmal der Betroffene etwas davon, weil auch häufig keinerlei Gerüche oder Geräusche damit verbunden sind. Sollte die Flatulenz jedoch in einem Maße auftreten, die über die reguläre Häufigkeit und Intensität hinausgeht, dann macht es durchaus Sinn, den Arzt zu konsultieren.

Viele Ursachen können dem Flatus Vorschub leisten: ein Ungleichgewicht in der Darmflora, Motilitätsstörungen der Muskeln im Verdauungstrakt, Gastroparesen, Reizdarmsyndrom, Malabsorptionssyndrome, um nur einige zu nennen. Aufgrund der Vielartigkeit macht es Sinn, eine Art Tagebuch über die Flatushäufigkeit zu führen und dies mit dem Arzt zu besprechen. Oftmals sind die Ursachen auch lapidar und bergen keinerlei Gefahrenpotenzial. So kann der übermäßige Genuss kohlensäurehaltiger Getränke Blähungen und Flatulenz auslösen. Auch das Schlucken von Luft, was oft unbewusst oder durch häufiges Kauen von Kaugummi geschieht, führt vielfach zu entsprechenden Symptomen.

Handlungsbedarf ist indes geboten, wenn, wie Sie auf SL05/Ausgabe für Patienten/Suche „Flatulenz“/„Flatulenz“ erfahren, die Winde von ungewollter Gewichtsabnahme, Blut im Stuhl oder Schmerzen im Brustkorb begleitet werden. Vor allem Blähungsgefühl in der Brust sollte umgehend aufgrund der Möglichkeit einer Herzerkrankung vom Arzt untersucht werden. Ebenso können allzu starke Luftansammlungen im Magen-Darm-Trakt das Zwerchfell nach oben drücken und Herzschmerzen auslösen. Man spricht dann vom sogenannten „Roemheld-Syndrom“, das Sie auf SL06/„Krankheiten & Therapien/A bis Z/„Roemheld-Syndrom“ näher kennenlernen.

Der böse Pups Die sich deutlich bemerkbar machende Flatulenz ist für den Betroffenen und die Mitmenschen eher unangenehm: Im Darm angesiedelte „Bakterien produzieren beim Verdauen Wasserstoff, Stickstoff, Kohlendioxid und Methan. Auf diese Gase prallt die Luft, das Gemisch wirbelt durch den Darm und will nach draußen – als Pups. Je größer der Druck dieses Luft-Gas-Gemisches auf den Schließmuskel ist, desto lauter ist der Pups. Bilden sich im Darm zusätzlich etwa Schwefelwasserstoff oder Mercaptane, riecht der Pups unangenehm“, soweit SL07/Suche „Blähungen“/„Was gegen Blähungen hilft“.

Tipps für Windstille Bei alltäglicher und unbedenklicher Flatulenz können schon einfache Maßnahmen helfen. So sollten Betroffene mehrere kleine statt zweier großer Mahlzeiten zu sich nehmen, intensives Kauen und Ruhe beim Essen helfen ebenso wie das Vermeiden blähender, zu scharfer oder zu süßer Lebensmittel. Frischer Knoblauch kann Symptome lindern, Ingwertee und Mineralerde absorbieren überschüssige Gase. Empfehlen Sie Ihren Kunden doch Arzneitees mit verdauungsfördernden und blähungstreibenden Substanzen wie Kümmel, Fenchel und Anis, damit sich nichts staut im Darm.

Raten Sie zu Bewegung, wärmenden Wickeln oder einer Wärmflasche, sanfter Bauchmassage, bestimmten Atemübungen. Mehr dazu erfahren Sie auf SL08/Gesundheit/Darmgesundheit/„16 einfache Hausmittel …“. In chronischen Fällen ermutigen Sie zum Arztbesuch. Ob Borborgysmus, Meteorismus oder Flatulenz – nicht nur wir Menschen haben damit zu tun. Wer zum Beispiel einen Hund oder eine Katze hat, weiß davon ein Lied zu singen. Und sofern keine körperlichen Ursachen vorliegen, kann man vieles selbst beeinflussen. Dann klappt’s auch mit der guten Luft.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 82.

Wolfram Glatzel, freier Journalist
Ursula Tschorn, Apothekerin

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