Welpe © everydoghasastory / stock.adobe.com
© everydoghasastory / stock.adobe.com

Tiere in der Apotheke

LISTENHUNDE

Der Fall des Staffordshire-Mischlings Chico, der seinen Halter und dessen Mutter totgebissen hat, sorgte für Aufsehen. Und es stellt sich die Frage: Sind bestimmte Hunde aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit grundsätzlich gefährlich?

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden gibt es in Deutschland gesetzliche Regelungen. Die Bundesländer führen in ihrer Hundeverordnung „Listenhunde“, die rassebedingt als gefährlich gelten oder deren Gefährlichkeit vermutet wird. Dazu gehören unter anderem der Bullterrier und der American Staffordshire Terrier. Die Rasseliste wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Dabei gelten in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen, das heißt, nicht in jedem Bundesland gibt es dieselben Verordnungen für dieselbe Kategorie. So führen manche Bundesländer zweigeteilte Listen mit gefährlichen und weniger gefährlich eingestuften Rassen, andere Bundesländer wiederum unterteilen nicht.

  • Listenhund der Kategorie 1: Tiere sind höchstwahrscheinlich gefährlich.
  • Listenhund der Kategorie 2: Tiere sind vermutlich gefährlich.


Von welchen Hunderassen eine besonders große Gefahr ausgeht, ist somit von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und in Listen definiert. Ein bestimmter Hund gilt daher nicht überall in Deutschland als „Listenhund“. In Bayern und Baden-Württemberg wird der Begriff Kampfhund verwendet. In einigen Bundesländern wird nicht von Kampfhunden, sondern von gefährlichen Hunden gesprochen. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel in Baden-Württemberg zusätzlich eine rasseübergreifende Kategorie 3. Hierunter fallen alle Hunde, die gebissen, in gefahrdrohender Weise Menschen angesprungen haben oder dazu neigen, unkontrolliert Wild zu hetzen/zu reißen.

Sie werden allgemein als „gefährliche Hunde“ bezeichnet. In weiteren Ländern wie Brandenburg und Nordrhein-Westfalen wird sogar in vier Kategorien unterteilt. In Thüringen beispielsweise wurde Anfang 2018 die Rasseliste abgeschafft. Die Gefährlichkeit der Hunde wird demnach wieder anhand ihres Wesens und nicht anhand ihrer Rasse bestimmt. Eine neue Verordnung mit allgemeinen Maßgaben zur Hundehaltung ist aber noch nicht verfügbar. Wer einen Listenhund haben oder mit einem solchen in ein anderes Bundesland fahren möchte, sollte sich zuvor unbedingt die entsprechende Verordnung, die meist als Hundehalterverordnung bezeichnet wird, durchlesen.

Informationen können auch beim Landratsamt des entsprechenden Bundeslandes oder beim Bürgerbüro der Gemeinde eingeholt werden. Für Listenhunde gibt es spezielle Haltungsvoraussetzungen und Auflagen. Zucht, Haltung, Kauf und Verkauf sind zum Teil auch verboten. Auf der Liste der jeweiligen Bundesländer sind folgende Rassen häufig zu finden: American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pitbull Terrier, Bullmastiff, Staffordshire Bullterrier, Cane Corso, Dogo Argentino, Bordeaux Dogge, Fila Brasileiro, Kangal, Mastin Espanol, Mastino Napoletano, Mastiff und Tosa Inu. Auch Mischlinge, die aus Kreuzungen mit diesen Rassen entstanden sind, gelten als „Kampfhunde“.

Für die Erziehung eines Hundes kann man schon im Welpenalter die fachkundige Anleitung einer Hundeschule in Anspruch nehmen.

„Kampfhunde“ Der Begriff stammt aus dem 18. und 19. Jahrhundert, als vor allem Hunde für Tierkämpfe eingesetzt wurden und gegen andere Hunde oder auch Wölfe, Dachse, Wildschweine, Bären oder Bullen kämpften. Dazu sollen Bulldoggen mit Terriern gekreuzt worden sein, um sehr starke und bisskräftige Hunde zu züchten. Hundekämpfe sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts in europäischen Ländern weitestgehend verboten. Die Rassen wurden und werden jedoch weiterhin gezüchtet.

Rassespezifische Sonderregeln Für die Haltung von Listenhunden gibt es je nach Bundesland verschiedene Einschränkungen. Dazu zählen beispielsweise Leinen- und Maulkorbzwang sowie Versicherungs- und Genehmigungspflicht. Eine Haftpflichtversicherung für „Kampfhunde“ abzuschließen ist nicht immer einfach, da nicht alle Versicherungen Anträge für Listenhunde annehmen. Teilweise sind Kauf, Zucht, Verkauf und Haltung von Listenhunden verboten. In Bayern müssen Halter von Hunden der Kategorie 2 der zuständigen Behörde nachweisen, dass keine gesteigerte Aggressivität gegen Menschen und Tiere besteht. Die Haltung ist erlaubnispflichtig durch die Gemeinde.

Wer gegen die Auflagen verstößt, zahlt 10 000 Euro für Halten ohne Erlaubnis und sogar 50 000 Euro für Zucht oder Ausbildung ohne Erlaubnis. Auch in anderen Bundesländern können die Bußgelder 5000 bis 10 000 Euro betragen; in NRW können Verstöße zudem auch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden. In Berlin müssen alle gefährlichen Hunde ab dem siebten Lebensmonat außerhalb des eigenen Grundstücks einen beißsicheren Maulkorb tragen. Eine Ausnahmegenehmigung kann erteilt werden, sofern keine Gefährdung für Menschen oder Tiere entsteht.

Weitere Bedingungen können die Vorlage eines polizeiliches Führungszeugnisses oder das Absolvieren einer Sachkundeprüfung („Hunde-Führerschein“) sein oder die Durchführung eines Wesenstests. In den meisten Bundesländern kann der Hund nach Bestehen des Wesenstest von den ihm vorgeschriebenen Auflagen befreit werden. Unabhängig von der Rassezugehörigkeit kann theoretisch in jedem Bundesland jeder Hund als gefährlich eingestuft werden, wenn er sich auffällig und/oder aggressiv verhält.

Ausblick Es ist immer tragisch, wenn jemand durch einen Hundebiss zu Schaden oder gar zu Tode kommt. Aber: Kein Hund kommt als Kampfhund auf die Welt. In Studien wurde bislang nicht beobachtet, dass Hunde nur aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit gefährlich sind. Viele Institutionen, wie zum Beispiel die Bundestierärztekammer, bezweifeln, dass bestimmte Rassen besonders aggressiv sind und lehnen Rassenlisten als ungerechtfertigte Diffamierung von Tieren und Haltern ab.

Jeder Hundebesitzer, nicht nur Halter von Listenhunden, muss letztendlich verantwortungsbewusst sein und durch Erziehung und Sachkunde dafür sorgen, dass sein Hund Menschen, andere Hunde und sonstige Tiere nicht gefährdet. Dies kann jedoch durch Leinenzwang und Maulkorb nicht gewährleistet werden, und ein normales Sozialverhalten ist damit ebenfalls nicht möglich. Nicht „Kampfhunde“, sondern der Deutsche Schäferhund und Mischlinge beißen von allen Hunden und Hunderassen laut Statistik am häufigsten zu. Die Möglichkeit, dass ein Hund erst durch falsche Haltung aggressiv gegenüber dem Menschen wird, sollte dementsprechend diskutiert werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/18 ab Seite 140.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin

×