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Gefahrstoffe

LEBENSRETTENDE ZAHLENCODIERUNGEN

Kombinationen aus Buchstaben, Ziffern und Schlagwörtern sorgen für mehr Sicherheit im Umgang mit Gefahrstoffen. So lohnt es sich in vielen Fällen auch das Kleingedruckte genauer zu betrachten.

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Zusätzlich zu den Gefahrenpiktogrammen gibt es zwei weitere global geltende Gruppen von Kennzeichnungselementen für Gefahrstoffe: Zum einen findet man häufig dreistellige Nummern, mit einem Buchstaben vorgesetzt – die sogenannten H- und P-Sätze – zum anderen Signalwörter.

H- und P-Sätze Schon vor dem Umsetzen des global geltenden Sicherheitssystems gab es Hinweise, die auf den Aufbewahrungsgefäßen für mehr Sicherheit sorgen sollten. Ihre Aufgabe war es, die Mitarbeiter darüber aufzuklären, welche konkreten Gefahren und Risiken beim Umgang mit den jeweiligen Stoffen auftreten können. Die Vorläufer der heutzutage geltenden Sätze waren die Risiko- und Sicherheitssätze, kurz R- und S-Sätze. Somit war keine allzu große Umgewöhnung nötig, als es 2008 zur Umstellung auf H- und P-Sätze kam. Um auf besondere Gefahren einzelner Substanzen in Reinform hinzuweisen, werden sogenannte H-Sätze auf den Aufbewahrungsbehältnissen angebracht. Das „H“ steht in diesem Fall für „Hazard Statement“, Gefahrenhinweis, das P für „Precautionary Statement“, Sicherheitshinweis.

Jedem Hinweis wird neben dem Buchstaben eine dreistellige Zahl zugeordnet, die auf den Aufbewahrungsgefäßen zu erkennen ist. Abgesehen von der Zahl wird ebenso der ausformulierte Hinweis aufgedruckt, sodass zeitraubendes Nachschlagen jeder einzelnen Nummer unnötig ist. Aufbauend auf dem Global Harmonised System bezieht sich die erste Ziffer einer dreistelligen Zahl auf eine bestimmte Gruppe von Gefahren- oder Sicherheitshinweisen. Die zweite Ziffer unterscheidet darüber hinaus in verschiedene Unterordnungen inner- halb der jeweiligen Gruppe. Die letzte Ziffer dient der genauen Zuordnung zu einer einzelnen Gefahr. Nicht alle Zahlen sind in den einzelnen Bereichen mit einem Hinweis versehen. Somit stehen weitere Plätze für Hinweise zur Verfügung, falls sich neue Erkenntnisse ergeben sollten.

Wofür stehen die Nummernbereiche? Bei den H-Sätzen werden drei Bereiche definiert, die sich an den drei großen Bereichen des Global Harmonised System orientieren: Der 200er Bereich deckt die chemisch-physikalischen Gefahren ab. Untergeordnet durch die mittlere Ziffer werden Kategorien wie Explosionsgefahr, Entzündbarkeit oder auch die Folgen bei Kontakt mit Luft oder Wasser voneinander unterschieden. Der nächste große Bereich der toxikologischen Gefahren oder auch Gesundheitsgefahren wird durch den 300er Bereich abgedeckt. Die zweite Ziffer teilt die Gefahren hier in die verschiedenen Expositionsmöglichkeiten oder bestimmte schwerwiegende gesundheitliche Folgen ein.

So wird beispielsweise unterschieden in Hautkontakt oder Verschlucken, aber auch in eine mögliche krebserregende oder mutagene Wirkung. Als letzter Bereich beziehen sich die 400er Nummern auf mögliche Umweltgefahren. Die zweite Ziffer weist auf akute oder langfristige Risiken für Wasserorganismen hin oder mögliches Risiko für die Ozonschicht. Die P-Sätze werden in fünf Bereiche eingeteilt. Der 100er Bereich beinhaltet allgemeine Vorsichtsmaßnahmen. Der 200er Bereich deckt präventive Maßnahmen ab, die mögliche Folgen verhindern sollen. Der 300er Bereich beinhaltet Informationen zur Reaktion. Die Besonderheit dieses Bereiches ist, dass oft zwei Sätze kombiniert werden.

Der erste Satz bezieht sich auf das Problem, das aufgetreten ist, wie zum Beispiel das Verschlucken. Der zweite Satz soll darauf verweisen, welche Reaktion nun folgen sollte. Die Lagerungsbedingungen werden im Bereich 400 genauer ausgeführt. Der letzte Bereich (500) bezieht sich auf die Entsorgung. Dieser Bereich ist vom Gesetzgeber nur ungenau ausgeführt, erscheint sogar teilweise lückenhaft. Der Grund dafür sind die strukturell sehr stark schwankenden Entsorgungsmöglichkeiten – nicht nur innerhalb Deutschlands sondern auch innerhalb der Europäischen Union. Somit bleibt es den Lieferanten und Herstellern überlassen dafür zu sorgen, dass die richtigen Informationen bei den Verwendern ankommen. Eine Übersicht zu den H- und P-Sätzen bietet die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin als Poster an.

Signalwörter Als dritte Kategorie der globalen Kennzeichnungselemente definiert das Global Harmonised System die Signalwörter. Die beiden Wörter „Achtung“ und „Gefahr“ geben eine grobe Auskunft über die Gefährlichkeit eines Stoffs. Das Signalwort „Gefahr“ deutet auf schwerwiegende Gefahren hin, während das Signalwort „Achtung“ auf weniger schwerwiegende Gefahren hinweist. Welche exakte Gefahr gemeint ist, muss den H- und P-Sätzen entnommen werden.

Die Signalwörter geben lediglich Auskunft über die relative Gefährlichkeit, nicht aber was genau zu beachten ist. Somit soll auf den ersten Blick erkannt werden, wie wichtig es für den Mitarbeiter ist, sich vorher genau über die ausgehenden Risiken zu informieren. Im englischsprachigen Ausland oder auch in Laboren, die Mitarbeiter aus vielen Nationen vereinen, werden die Gefäße mit Signalwörtern in englischer Sprache etikettiert. Somit ändert sich das Signalwort „Gefahr“ zum englischen Wort „danger“ und das Signalwort „Achtung“ zum englischen „warning“.

EUH-Gefahrenhinweise Die global festgelegten Sicherheitsmerkmale sind somit abgeschlossen. Zusätzlich zu diesen kommen in der Europäischen Union (EU) die europäischen H-Sätze hinzu. Als Abkürzung werden auf den Gefäßen die Buchstaben „EUH“ in Kombination mit einer Nummer aufgebracht. Wie bei den globalen H-Sätzen bildet das „H“ die Abkürzung für „Hazard“ und soll auf Gefahren hinweisen, die in der EU zusätzlich vorgeschrieben werden. Hintergrund dieser Kennzeichnung ist, dass in der EU vor der CLP-Verordnung eine Verordnung für den Umgang mit Gefahrstoffen galt.

Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 Classification, labelling and packaging of substances and mixtures, kurz CLP-Verordnung, ersetzte 2008 die beiden Richtlinien 67/548/EWG, (die sogenannte Stoffrichtlinie) und 999/45/EG (als Zubereitungsrichtlinie bekannt). Grundsätzlich konnten viele Neuerungen mit dem altbekannten System in Einklang gebracht werden. Trotzdem fielen einige Hinweise weg, die in der EU als wichtig betrachtet werden. Somit wurden als Konsequenz die europäischen H-Sätze, kurz EUH-Sätze, zusätzlich in der CLP-Verordnung festgehalten. Von der Bedeutung her stehen diese auf einer Ebene mit den globalen H-Sätzen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/19 ab Seite 116.

Manuel Lüke, Apotheker, PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde

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