Eine reife Frau, die traurig aus dem Fenster schaut.
Das Gefühl der Unzufriedenheit, das meist im mittleren Alter auftritt, nennt sich Midlife-Crisis. © digitalskillet / iStock / Getty Images Plus

Krise | Mentalität

LASSEN SIE SICH NICHT VON DER MIDLIFE CRISIS HERUNTERZIEHEN

Eine Midlife-Crisis einfach hinnehmen und warten, dass sie vorübergeht? Das ist keine gute Idee. Besser ist es, in sich hineinzuhorchen und die eigene Lebensstrategie nachzujustieren.

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Plötzlich ist da dieses Gefühl des Stillstands und der Unzufriedenheit. Man hat gelernt, eine Ausbildung gemacht oder studiert, vielleicht auch geheiratet, Kinder bekommen und möglicherweise ein Haus gebaut. Es ging immer aufwärts, immer vorwärts. Doch nun scheint es, als würde sich nichts mehr im Leben verändern - und Sinnfragen schwirren plötzlich durch den Kopf. Für dieses Grübeln hat sich der Begriff Midlife-Crisis etabliert, weil es oft in der Mitte des Lebens eintritt. Denn es sind am ehesten Frauen und Männer im Alter zwischen 40 und 50, die betroffen sind. Fiona Waltraud Berle, Life-Coach für Persönlichkeitsentwicklung, beschreibt es so:

Mit einem Mal stellen sie sich die Sinnfrage.

Eine Talsohle im Leben
Zugleich werden in diesem Alter Grenzen sichtbar. Man erlebt, dass die eigenen Eltern alt werden. „Da sieht man die eigene Alterung rein rechnerisch“ , so Berle. Viele spüren auch an ihrem eigenen Körper das Älterwerden: Mit einem Mal können Männer an Testosteronschwund leiden oder eine Glatze bekommen, bei Frauen bleibt die Menstruation aus, im Gesicht zeigen sich Falten.

Es ist eine Talsohle im Leben, der Erkenntnis folgt, und im günstigsten Fall Modernisierungsmaßnahmen.

Betroffene können hier von Firmen lernen. „Unternehmen passen ihre Strategien regelmäßig an“, erklärt Nina Steffens, die in Berlin als Systemischer Coach arbeitet. Sie findet, dass das Gleiche bei Menschen passieren sollte: „Wir starten mit einer Strategie ins Erwachsenenleben und kommen zwangsläufig an einen Punkt, an dem die Strategie ausgedient hat.“

Eine Kreuzung oder ein Wendepunkt
Anstelle von Midlife-Crisis spricht Steffens lieber von einer Kreuzung, an der man sich fragt, welche Richtung man einschlagen soll. Oder von einem Wendepunkt im Leben eines Erwachsenen. Zudem macht sie deutlich: „Auch deutlich Jüngere können unzufrieden sein und bereits das Gefühl haben, dass sich ihr Leben nicht so anfühlt, wie sie es sich vorgestellt hatten.“

Egal, ob er in der Mitte des Lebens kommt, früher oder später: Es ist ein Punkt, an dem sich etwas ändern muss, um wieder zufriedener durch den Alltag zu kommen.

„Viele haben ja immer wieder Krisen im Leben“, sagt Berle. Dies seien Punkte der Qualitätsprüfung: Geht's mir gut mit dem, was ich tue - oder nicht? Man muss sich Zeit nehmen und in sich hineinhorchen, rät Steffens. Die Antworten fänden sich nicht im Kopf, sondern im Körper, dort, wo die Seele zu Hause sei.

Andere Strategie oder ganz neuer Kurs
„Krisen sind Aufforderungen, die eigene Strategie nachzujustieren oder den Kurs gegebenenfalls auch ganz zu ändern“, erläutert Berle. Gerade Ziele sind dabei aus ihrer Sicht wichtig. Wenn es bei einem nicht mehr rund läuft, er oder sie also in eine Krise gerät oder es sich zumindest so anfühlt, dann sollte man sich selbst ernstnehmen und genau ausloten, was einem nicht behagt. Daraus lasse sich ableiten, was man im tiefsten Inneren eigentlich will. Steffens sieht es ähnlich: „Betroffene sind eingeladen, sich bewusst zu machen, was ihre Sehnsucht ist.“ Entscheiden sie sich im Endeffekt zu einer Kursänderung, dann gehöre dazu zweifelsohne viel Mut.

Eigene Ängste eingestehen
Berle weist auf einen weiteren Aspekt hin: Wenn einen die Angst packt, angesichts eigener körperlicher Probleme oder weil ein Freund oder ein Elternteil gestorben ist, dann sollte man sich diese Angst eingestehen. Und gleichzeitig die Frage ableiten: Wenn es mich morgen träfe, was würde ich noch unbedingt gerne erlebt oder gemacht haben? „So kommen Menschen auf die Ebene, Ziele für sich zu formulieren“, sagt Berle. Und sie könnten sich überlegen, auf welchen Weg sie diese Ziele am sinnvollsten erreichen. Dies helfe im Großen wie im Kleinen und letztlich aus der Krise heraus.

Die Rolle des Partners
„In der Krise zeigt sich, ob es ein echter Partner ist“, findet Berle. Wenn die Liebe echt und die Beziehung intakt ist, wird man die Not des Partners erkennen, ihn akzeptieren, unterstützen und ihm helfen, Antworten zu finden. Neben dem Partner oder der Partnerin kann auch ein Coach mit seinem neutralen Blick Unterstützung dabei leisten, dass jemand aus der Krise findet. Auch eine Psychotherapie kann helfen, den eigenen Standpunkt auszuloten. Es könne aber nur jeder für sich entscheiden, ob man sich für den persönlichen Prozess Unterstützung von außen holt oder nicht.

Quelle: dpa

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