Ein Luftbild zeigt einen dicht begrünten Wald. Zwei Seen haben die Form von Fußabdrücken.© Petmal / iStock / Getty Images Plus
Apotheken können ihren Emissions-Fußabdruck verringern und klimaneutral werden - die Stern-Apotheke in Schwebheim macht es vor.

Klimaneutrale Apotheke

„ICH WÜRDE MIT DEM THEMA PAPIER ANFANGEN“

Klimaschutz braucht uns alle – auch die Apotheken. Nicole Falk, PTA in einer zertifizierten klimaneutralen Apotheke, über den Kampf gegen Papierberge, Teamgeist sowie Kundenlob und Einsparrückschläge in der Pandemie.

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Im Jahr 2020 erhielt die Stern-Apotheke (Inhaberin: Apothekerin Andrea Wieland) als erste in ganz Bayern das Zertifikat „Klimaneutrale Apotheke“. Initiator dieser deutschlandweiten Aktion war das Unternehmen Noventi, selbst einer der Vorreiter klimaneutralen Wirtschaftens. Wer als klimaneutrale Apotheke zertifiziert werden will, verpflichtet sich zu vier Maßnahmen:

  1. Einführung eines Programms zur Mülltrennung
  2. Umstieg auf einen zertifizierter Ökostrom-Anbieter und Stromverbrauchsenkung
  3. Einsparung von Papier und Plastik.
  4. Umstieg auf Druckerzeugnisse aus recycelbarem Papier aus einer klimaneutralen Druckerei

Was dadurch nicht an Treibhausgas CO2 zu vermeiden oder zu reduzieren ist, kompensierte Noventis für zertifizierte Apotheken in den Jahren 2020 und 2021 auf eigene Kosten durch Unterstützung eines Klimaprojekts. DIE PTA IN DER APOTHEKE hat mit Nicole Falk, PTA in der Stern-Apotheke, über Klimaneutralität gesprochen.

DIE PTA IN DER APOTHEKE: Wie sind Sie in der Stern-Apotheke eigentlich auf das Thema Klimaneutralität gekommen?

Nicole Falk: Im Grunde ging der Impuls von Noventi aus. Die haben im Jahr 2020 ihre Aktion gepostet und gefragt, ob wir Lust haben mitzumachen.

Dazu muss man ja einen bestimmten Anforderungskatalog abarbeiten. Damit sind Sie auch eingestiegen?

Nicole Falk: Genau. Wir haben darüber nachgedacht und besprochen, was wir umstellen könnten in der Apotheke. Dafür sind wir alle Bereiche durchgegangen: Offizin, Warenwirtschaft, Büro et cetera.

War das zäh? Oder fällt einem gleich eine Menge ein?

Nicole Falk: Sobald man nachdenkt, fällt einem eine ganze Menge ein. Beispiel Faxe: Die landen jetzt grundsätzlich im PC und werden nicht mehr einfach ausgedruckt. Wir haben das Ganze schnell systematisiert. Jede Mitarbeiterin war für einen Bereich zuständig, ich zum Beispiel für die Warenwirtschaft.

Was haben Sie als Erstes angepackt?

Nicole Falk: Dass nicht mehr alles ausgedruckt wird. Und wenn, dann wird das Papier möglichst beidseitig genutzt. Dass auf Ökopapier umgestellt wird. Wir dokumentieren inzwischen auch sehr viel online.

Solche Umstellungen müssen ja neben der normalen Arbeit angepackt werden. Ist das anstrengend?

Nicole Falk:  Man muss es am Anfang gut durchdenken. Und wir haben nach und nach umgestellt. Wir hatten uns ein halbes Jahr gegeben. Innerhalb von einem halben Jahr wollten wir schauen, ob alles funktioniert und wir es gut hinbekommen. Bei der Online-Dokumentation zum Beispiel darf nichts verlorengehen. Ehrlich gesagt: Diese ganzen Prozesse sind inzwischen so eingespielt, dass ich mich kaum mehr daran erinnern kann, wie wir es vorher gemacht haben.

„Ehrlich gesagt: Diese ganzen Prozesse sind inzwischen so eingespielt, dass ich mich kaum mehr daran erinnern kann, wie wir es vorher gemacht haben.“

Gab es etwas, was Sie damals bei der Umstellung überrascht hat?

Nicole Falk: Eigentlich nur die Papiermassen, die wir eingespart haben. Das war echt erschreckend.

Was haben Sie insgesamt alles geändert?

Nicole Falk: Auf Ökostrom war die Apotheke schon umgestellt. Frau Wieland, unsere Apothekerin, hat dann umgehend ein iPad besorgt, damit wir die ganzen Bestellungen nicht mehr ausdrucken müssen wie zuvor und sie trotzdem handhaben können. Wir sind auch dazu übergegangen, die Papiertaschen für den Einkauf der Kunden durch Stofftaschen zu ersetzen. Wir haben konsequent auf Ökopapier umgestellt, vom Büromaterial bis zum Toilettenpapier. Und als nächstes wird es auch ein E-Auto geben für den Betrieb.

Hätten Sie noch mehr Ideen, was man ändern könnte? Ihre Chefin hat im Interview einmal über Thermoglasscheiben statt der normalen Glasscheiben in der Apotheke nachgedacht.

Nicole Falk: Das stimmt. Aber das wäre wirklich noch einmal eine sehr große Investition.

Wo enden die Einsparmöglichkeiten in einer Apotheke? Sie können ja als PTA oder Apothekerin nicht auf die nachhaltige Medikamentenherstellung einwirken, nicht einmal auf deren Verpackungen, die Transportwege et cetera.

Nicole Falk: Das ist einfach so. Mir fällt auf, dass manche Hersteller auf sparsame Verpackungen achten. Oder sogar Umverpackungen verwenden, die kompostierbar sind. Und bei anderen wiederum habe ich das Gefühl, es ist genau anders. Deren Umverpackungen werden eher größer. Das sieht oft ganz schick aus. Aber ich sehe es inzwischen kritisch.

„Wir haben konsequent auf Ökopapier umgestellt, vom Büromaterial bis zum Toilettenpapier.“

Wenn Sie Kolleginnen Tipps geben würden: Was würden Sie raten, wenn es klimaneutraler in der Apotheke werden soll?

Nicole Falk: So einfach es klingt: Ich würde mit dem Thema Papier anfangen. Es ist allerdings in Pandemiezeiten schwieriger geworden mit dem Einsparen.

Wieso?

Nicole Falk: Wir haben in den letzten Monaten einfach Unmengen an Impfzertfikaten ausgedruckt. Oder nehmen Sie die vielen Selbsttests. Es ist schon Wahnsinn, was da an Abfall anfällt. Das ist schon frustrierend, wenn man sich vorher so bemüht hat, Papier und Plastik einzusparen. 

Gibt es etwas, was aus Ihrer Sicht grundsätzlich unnütz ist?

Nicole Falk: Unabhängig von Corona die vielen Kassenbons, die wir ausdrucken müssen. Früher hatten wir mal unseren Stern als Logo auf jedem Bon. Der ist weg. Da sparen wir lieber Farbe und Papier ein.

Wie haben denn die Apothekenkundinnen und Apothekenkunden auf die Umstellungen reagiert?

Nicole Falk: Als der Artikel über die Auszeichnung in der „Mainpost“ erschienen ist, haben wir von etlichen Kunden Glückwünsche bekommen. Die waren sehr positiv überrascht. Ein Thema sind manchmal noch die neuen Taschen. Einige Kunden wollen keine Stofftaschen, sondern lieber Papiertüten. Deshalb haben wir immer noch eine kleine Menge da. Wir wollen ja keinen vergraulen.

„Wir haben in den letzten Monaten einfach Unmengen an Impfzertfikaten ausgedruckt. Oder nehmen Sie die vielen Selbsttests. Es ist schon Wahnsinn, was da an Abfall anfällt.“

Hat sich der Blick Ihrer Kunden auf manche Dinge auch selbst geändert?

Nicole Falk: Ja, mir fällt auf, dass es manchmal bei Packungsumstellungen heißt: So groß? Muss das denn sein? Das ist doch totale Verschwendung.

Sie achten in der Stern-Apotheke sehr darauf, vieles im Sinne der Klimaneutralität einzusparen. Hat das auch Ihr privates Verhalten verändert?

Nicole Falk: Ja schon. Ich achte auch zu Hause mehr darauf. Wir sind zum Beispiel auf Glasflaschen umgestiegen. Wir kaufen mittlerweile insgesamt nicht mehr viel in Plastik und nehmen schon länger unsere eigenen Taschen zum Einkaufen mit.

Wenn Sie darüber nachdenken, was in Apotheken insgesamt noch nachhaltiger gestaltet werden könnte, und Sie hätten dazu drei Wünsche frei: Was würden Sie ändern?

Nicole Falk: Darüber müsste ich länger nachdenken. Auf jeden Fall aber, dass man auf den Bon verzichten kann. Viele Kunden wollen ihn gar nicht mehr. Und sie haben ja auch Kundenkarten. Und ich würde mir von den Herstellern wünschen, dass sie vieles sparsamer verpacken.

„Ich würde mir von den Herstellern wünschen, dass sie vieles sparsamer verpacken.“

Zur Person
Nicole Falk (39) arbeitet seit 2008 als PTA in der Stern-Apotheke im bayerischen Schebheim. Sie ist auch Hautanalytikerin und Venenfachberaterin. Fremden würde Nicole Falk ihren Arbeitsplatz so beschreiben: „Eine Landapotheke mit Schwerpunkt auf ganzheitlicher Beratung, vor allem zu Ernährung und Darmgesundheit.“ Das zehnköpfige Team hat für eine bessere CO2-Bilanz der Stern-Apotheke Prozesse und Produkte unter die Lupe genommen. Nicole Falk war dabei für den Bereich Warenwirtschaft zuständig.

Das Interview führte Sabine Rieser.

Quellen:
https://www.noventi.de/initiativen/klimaneutrale-apotheken/ 
https://stern-apotheke-schwebheim.de/ 
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/stern-apotheke-erhaelt-als-erste-in-bayern-klimaschutz-emblem-art-10408686 

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