Abbildung eines Kürbisses© Arnav Ray / iStock / Getty Images

Botanicals

KLEINE KERNE AUS GROSSER BEERE

Kürbisse zählen zu den ältesten Kulturpflanzen. Zudem werden Kürbissamen schon seit langem arzneilich genutzt und bei der Reizblase sowie Miktionsbeschwerden bei gutartiger Prostatavergrößerung eingesetzt.

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Der Gartenkürbis (Syn. Öl- oder Arzneikürbis) ist eine ursprünglich aus Mittel- und Südamerika stammende einjährige Pflanze aus der großen artenreichen Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae), die rund 100 Gattungen und mehr als 800 Arten umfasst. Unter ihnen ist der Gartenkürbis die formenreichste Kürbisart.

Wuchsfreudige Kletterpflanze Als Pflanze mit subtropischer Herkunft ist der Gartenkürbis wärmeliebend und frostempfindlich. Zum Gedeihen benötigt er hohe Temperaturen und viel Sonne. Da er ein kräftiges Wurzelwerk ausbildet, kann er auf humusreichen, gut wasserspeichernden Böden auch mit wenig Niederschlag zurechtkommen. Der Kürbis bildet bis zu zehn Meter lange Sprosse aus, die am Boden kriechen oder sich als Blattranken festklammern und in die Höhe klettern. Mit einem Auswuchs von bis zu 14 Zentimetern täglich wächst der Gartenkürbis extrem schnell.

Seine Stängel sind rau behaart und mit borstig behaarten, großen herzförmigen Blättern versehen, die wechselständig an langen Blattstielen stehen. Aus den Blattachseln entspringen von Juni bis September auf derselben Pflanze männliche und weibliche leuchtend gelbe, trichterförmige Blüten, aus denen sich die Früchte mit den begehrten Samen entwickeln.

Reife GurkeHarte Beere Aus botanischer Sicht handelt es sich bei den Früchten um Beeren, die wegen ihrer harten Schale auch als Panzerbeeren bezeichnet werden. Im Gegensatz zu den kleinen süßen Früchten des Beerenobstes schmecken die Panzerbeeren des Gartenkürbises eher herzhaft-pikant. Daher werden die Kürbisfrüchte auch nicht als Obst, sondern vielmehr als Gemüse verzehrt. Neue Züchtungen haben auch süßlich schmeckende Sorten hervorgebracht. Vorsicht ist immer geboten bei Früchten, die bitter schmecken.

Diese sind nicht für den Verzehr geeignet, da der bittere Geschmack auf einen hohen Gehalt an giftigen Bitterstoffen (Cucurbitacine) zurückgeht. Je nach Sorte und Umweltbedingen sehen die Panzerbeeren sehr verschieden aus. Ihre Form kann von kugelig bis länglich, die Farbe von gelb bis orange und die Größe von 15 bis 40 Zentimetern Durchmesser variieren. Sie werden über 30 Kilogramm schwer und zählen damit zu den größten Früchten. Im gelblichen faserigen Fruchtfleisch liegen zahlreiche bis zu zwei Zentimeter lange abgeflachte eiförmige Samen, die unter dem Begriff Kürbiskerne bekannt sind. Sie sind stumpf weiß bis bräunlich und haben eine glatte Oberfläche mit einem deutlichen, glatten Rand.

Alte Kultur- und Arzneipflanze Schon die Ureinwohner Amerikas kultivierten Cucubita pepo L.. Allerdings wurde weniger die gesamte Frucht verzehrt, vielmehr lag ihr Augenmerk auf den nährstoffreichen Samen. Das zum Brei zerstampfte Fruchtfleisch diente hingegen der äußerlichen Behandlung von Verletzungen und Brandwunden. Auch in Europa schätzte man den Gartenkürbis bald als Arzneipflanze. Bereits im 16. Jahrhundert fand er Einzug in die Kräuterbücher. Hieronymus Bock erwähnte ihn beispielsweise gegen Nieren- und Blasenleiden, schmerzhaftes Wasserlassen und Harntröpfeln.

Noch heute werden Kürbissamen (Cucubitae semen) als traditionelles pflanzliches Arzneimittel bei Harnwegsproblemen verwendet. Die Monographien der ESCOP und der Kommission E nennen als Anwendungsgebiete Miktionsbeschwerden im Zusammenhang mit einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie) in den Stadien I und II sowie die Behandlung einer Reizblase. Damit sind Kürbissamen bei verzögertem, häufigem, abgeschwächtem oder schmerzhaftem Wasserlassen aufgrund einer vergrößerten Prostata, bei verlangsamter Blasenentleerung, bei Nachträufeln oder unvollständiger Entleerung der Blase eine gute Wahl.

Wirkstoffreiche Samen Arzneilich kommen die ganzen, getrockneten reifen Samen von Cucubita pepo L. und/oder verschiedene Kulturvarietäten zum Einsatz (Cucubitae semen). Ihre Qualität ist im Deutschen Arzneibuch festgelegt. Vor allem haben sich aufgrund hoher Wirkstoffkonzentrationen die Samen des Weichschaligen Steirischen Ölkürbis (Cucubita pepo L. convar. citrullinina var. styriaca) bewährt. Dieser wird vorwiegend in Österreich, Ungarn und Slowenien angebaut. Es handelt sich dabei um eine wirkstoffreiche Mutationsform, die sich durch oliv- bis dunkelgrüne Samen auszeichnet, deren äußeren Zellschichten der Samenschale nicht verholzt und verdickt sind. Sie werden daher auch als samenschalenlos bezeichnet.

Die Kürbissamen enthalten Phytosterole, darunter delta-7-Sterole, Tocopherole wie Vitamin E, seltene Aminosäuren wie das wurmwirksame Cucurbitin, Spurenelemente wie Selen, Mangan, Kupfer, Zink und fettes Öl. Als Wirkmechanismus nimmt man an, dass die Sterole die Konzentration von Dihydrotestosteron erniedrigen, welches für das Wachstum der Prostata verantwortlich gemacht wird. Auch Tocopherole und Selen mit entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften werden als weitere Wirkstoffe diskutiert. Werden Cucurbitae semen lose eingenommen, gelten laut Monographie der Kommission E zehn Gramm Samen als mittlere Tagesdosis. Die Monographie der ESCOP empfiehlt zweimal täglich 2,5 bis 7,5 Gramm Samen.

Achtung Auch wenn Kürbiskerne die Beschwerden einer vergrößerten Prostata bessern können, sind sie aber nicht in der Lage, die Vergrößerung rückgängig zu machen oder vollständig aufzuhalten. Daher ist es in der Beratung wichtig, den Kunden auf einen notwendigen Arztbesuch hinzuweisen, auch wenn Kürbissamen-Präparate typischerweise in der Selbstmedikation zur Anwendung kommen. Eine regelmäßige Vorstellung bei einem Facharzt ist wichtig, damit ein Fortschreiten der Prostatahyperplasie rechtzeitig erkannt und erforderlichenfalls adäquat behandelt werden kann.

Auf Qualität achten Die Leitlinie der Deutschen Urologen verweist zur Therapie der benignen Prostatahyperplasie auf den Einsatz verschiedener Phytotherapeutika, gibt aber keine abschließende Empfehlung. Es werden zwar auch Kürbissamen genannt, gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass die Hersteller unterschiedliche Extraktionsverfahren anwenden und die verschiedenen Produkte nur teilweise chemisch definiert und standardisiert sind.

Daher ist es in der Praxis nicht nur schwer, pflanzliche Kürbispräparate miteinander zu vergleichen. Zudem ist die Dosisfindung schwierig. Vor allem bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) finden sich nicht immer alle notwendigen Angaben, die eine qualitative Beurteilung des Präparates möglich machen. Zugelassene Arzneimittel deklarieren hingegen die Kürbissorte sowie deren Herkunft und geben Dosierungsempfehlungen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2021 ab Seite 82.

Gode Chlond, Apothekerin

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