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Psychische Störungen

KLEINE BAUSTEINE MIT GROSSER WIRKUNG

Die Informationsverarbeitung im Gehirn erfolgt über neuronale Netzwerke. Botenmoleküle regulieren maßgeblich die Kommunikation der grauen Zellen untereinander.

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Über einige Milliarden Nervenzellen verfügt jeder Mensch. Ihre Aufgabe ist es, Informationen zu empfangen, zu verarbeiten und weiterzugeben. Über die verzweigten, kurzen Dendriten empfangen die Nervenzellen Impulse. Das Axon ist der Fortsatz, von dem die Signale auf das folgende Neuron übertragen werden. Es endet in verdickten Strukturen, den Endknöpfchen. Zwischen Dendriten und Axon liegt der Zellkörper , welcher das Zytoplasma und den Zellkern enthält. Die Kontaktstelle zweier Nervenzellen ist die Synapse. Hier wandern die Botenstoffe (Neurotransmitter) in der Regel von einem Neuron über den so genannten synaptischen Spalt zur nächsten Zelle.

Informationsaustausch Die Funktionsweise der meisten Synapsen basiert auf einer biochemischen Signalübertragung. Im Ruhezustand herrscht im Kern einer Nervenzelle eine negative Ladung. Bei einer Reizung ändern sich die Ladungsverhältnisse kurzfristig und es entsteht ein Aktionspotential. Erreicht es das Ende des Axons, wandern die Vesikel (kleine Bläschen, die Botenstoffe enthalten) zur inneren Membran des Endknöpfchens und docken dort an. Daraufhin öffnen sich die Ionenkanäle und Kalziumkationen strömen ein.

Diese bringen die Vesikel zum Platzen, wodurch die Transmitter in den synaptischen Spalt freigesetzt werden. An der postsynaptischen Membran der nachstehenden Nervenzelle wirken sie dann erregend oder hemmend. Von dort kehren sie zurück und werden entweder von Enzymen abgebaut oder vom Endknöpfchen erneut aufgenommen. Nach der Aktivierung eines Neurons folgt die Refraktärphase, in der eine erneute Stimulation kein weiteres Aktionspotential auslösen kann.

Wichtige Neurotransmittersysteme Nervenzellen sind üblicherweise auf jeweils einen oder auf wenige Botenstoffe spezialisiert, sodass diese sich konkreten neuronalen Netzwerken zuordnen lassen. Cholinerges System Sowohl im peripheren als auch im zentralen Nervensystem spielt Acetylcholin eine entscheidende Rolle. An den Verbindungen zwischen motorischen Nerven und Muskulatur erfüllt es wichtige Aufgaben. Die cholinergen Neuronen sind an vielen Vorgängen im Organismus beteiligt wie der Schlafregulation oder dem Einfluss auf die Stimmung. Darüber hinaus dürfte Acetylcholin für Lernvorgänge bedeutsam sein. Es wird durch das Enzym Cholinesterase im synaptischen Spalt abgebaut.

ÜBERBLICK
In unserer neuen Serie „Psychische Störungen und ihre pharmakologische Behandlung“ stellen wir Ihnen in den kommenden Monaten folgende Themen vor:
+ Gruppen von Psychopharmaka
+ Generalisierte Angststörung
+ Schizophrenie
+ Depression/Hypomanie
+ Zwangsstörung
+ ADHS
+ Bulimie/Magersucht
+ Borderline-Persönlichkeitsstörung
+ Tourette-Syndrom
+ Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut – wer behandelt wen?

Wird das Enzym blockiert, erhöht sich die Konzentration des Botenstoffs. Diesen Mechanismus nutzt man bei der Therapie der Alzheimererkrankung, da die Ursache des Leidens in einem Abbau von Acetylcholin-abgebenden Neuronen vermutet wird.

Serotonerges System Außerhalb des zentralen Nervensystems reguliert Serotonin zum Beispiel den Tonus der Blutgefäße. Im Gehirn beeinflussen entsprechende Nervenzellen den Schlaf-Wach-Rhythmus, das Essverhalten, den Gemütszustand und das Schmerzempfinden. Einige Antidepressiva erhöhen gezielt die Konzentration des Neurotransmitters, indem sie dessen präsynaptische Wiederaufnahme reduzieren. Die Wirkstoffe zählen zur Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI).

Dopaminerges System Der Neurotransmitter hat im Belohnungszentrum eine wesentliche Funktion und nimmt daher Einfluss auf die Motivation. Schizophrenie wird mit einem überaktiven Dopaminsystem in Verbindung gebracht. Beim Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) wird ein Dopaminmangel vermutet. Wird die Menge durch entsprechende Medikamente gesteigert, resultiert ein stimulierender Effekt.

GABA Gamma-Aminobuttersäure ist ein hemmender Transmitter, der die neuronale Aktivität vermindert. Besonders im Thalamus, Hypothalamus und Okzipitallappen des Gehirns befinden sich viele GABA-haltige Nervenzellen. Wird das Angebot des Botenstoffs verringert, kommt es zu einer neuronalen Erregung, die sich in Angst äußern kann. Benzodiazepine gehören zu den Tranquilizern. Sie binden an GABA-Rezeptoren und entfalten dort ihre angstlösend-sedierende Wirkung.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 ab Seite 104.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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