Tiergesundheit

KATZE, HUND UND MAUS

In etwa 12 Millionen deutschen Haushalten leben Tiere. Die Gesundheit ihrer Mitbewohner liegt den meisten Tierbesitzern sehr am Herzen. Lesen Sie, wie Sie Tierhalter in der Apotheke optimal beraten können.

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Der Industrieverband Heimtiere zählt mehr als 23 Millionen Haustiere in Deutschland. Dabei stehen Katzen an Nummer eins, gefolgt von Hunden und Nagetieren. Anders als Ärzte besitzen Tierärzte das Dispensierrecht für Tierarzneimittel. So erhalten Tierbesitzer ihre Medikamente in der Regel direkt durch den behandelnden Veterinärmediziner. Rezeptfreie Tierarzneimittel zur Parasitenprophylaxe werden immer wieder in Apotheken nachgefragt und können dort mit der entsprechenden Beratung abgegeben werden. Viele Apotheken halten sich beim Thema Tiergesundheit zurück, obwohl auch hier Selbstmedikation möglich ist. Vorraussetzung ist das nötige Fachwissen, um bei unklaren gesundheitlichen Beschwerden, die eine genaue Diagnose erfordern, den notwendigen Besuch des Tierarztes anzuraten.

Endoparasiten Wurminfektionen zählen zu den häufigsten parasitären Infektionen bei Haustieren. In Deutschland sind Rundwürmer – Nematoden – und Bandwürmer – Zestoden – die zahlenmäßig häufigsten Vertreter. Sie stellen nicht nur ein Gesundheitsrisiko für das Haustier, sondern auch für die im Haushalt lebenden Menschen dar. Gerade Kinder mit sehr engem Kontakt zu ihren tierischen Lieblingen sind gefährdet. Im Gegensatz zu blutsaugenden Parasiten ist gegen Endoparasiten keine Langzeitwirkung möglich. Eine regelmäßige Entwurmung der Haustiere ist der beste Schutz gegen Wurminfektionen beim Menschen.

Tiere infizieren sich auf unterschiedlichen Wegen. Beim Schnüffeln im Freien und Kontakt mit anderen, eventuell befallenen Tieren werden Wurmeier leicht peroral aufgenommen. Das Muttertier überträgt Spulwürmer über die Plazenta oder die Muttermilch auf das Jungtier, so dass ein überwiegender Teil der Welpen bereits nach der Geburt infiziert ist. Deshalb gilt die Maxime, auch Welpen direkt zu entwurmen.

Nematoden Rundwürmer sind fadenförmige Würmer, die zwischen einem Millimeter und einem Meter lang werden können. Zu den Rundwürmern zählen die bei Hunden und Katzen besonders häufig auf - tretenden Spul- und Hakenwürmer. Je nach Wurmart ernähren sie sich vom Blut oder Darminhalt des Wirts. Ein Weibchen kann bis zu 200 000 Eier legen, die der Wirt mit dem Kot ausscheidet. Die Larvenentwicklung unterscheidet sich je nach Spezies. In der Regel durchwandern die Larvenstadien mehrere Organe bis sie das adulte Stadium im Darm erreichen. Spul- und Hakenwürmer sind auch auf den Menschen übertragbar. Aus den oral aufgenommen Eiern von Spülwürmern schlüpfen die Larven im Dünndarm des Menschen und wandern dann in die Leber, von wo aus sie andere Organe erreichen. Sie können die Augen, die Nervenbahnen, das Gehirn und weitere Organe nachhaltig schädigen.

Zestoden Bandwürmer ähneln einer perlenartig geschnürten Kette und leben im Dünndarm ihrer Wirte. Sie werden je nach Art zwischen einigen Millimetern oder mehreren Metern lang. Die einzelnen Glieder sehen aus wie kleine Reiskörner und werden mit dem Kot des Wirtes ausgeschieden. In einer Proglottide können mehrere tausend Wurmeier enthalten sein. Für unsere Haustiere sind besonders der Rinderbandwurm und der Fuchsbandwurm von Bedeutung. Zwischenwirte für den Fuchsbandwurm sind überwiegend Kleinnager. Die Finnen des Fuchsbandwurms verbleiben im Muskelgewebe. Jagdtiere, die rohes Fleisch von infizierten Wildtieren fressen, sind deshalb besonders gefährdet. Im Endwirt entwickeln sich aus den Finnenstadien wieder die aktiven Formen im Darm.

Bandwurmeier sind widerstandsfähig. Sie können in der Umwelt bis zu 190 Tage ohne Wirt über leben. Menschen stecken sich überwiegend über die Ausscheidungen der Tiere an. Die Infektion mit Wurmeiern erfolgt durch mangelnde Hygiene nach Arbeiten im Freien, Streicheln von Tieren, in deren Fell Wurmeier kleben oder beim Spielen in kontaminierten Sandkästen. Fuchsbandwurmbefall kann bei Menschen zu lebensbedrohlichen Organschädigungen führen.

Entwurmungsempfehlungen Die verfügbaren Entwurmungsmittel im Welpenalter wirken nur gegen adulte Würmer. Da die Entwicklungszyklen vom Wurmei bis zum adulten Stadium etwa 14 Tage dauern, sollten Hundewelpen im Alter von zwei Wochen und Katzenwelpen im Alter von drei Wochen das erste Mal gegen Spulwürmer therapiert werden. Diese Wurmkur wird idealerweise im Zwei-Wochenabstand bis zwei Wochen nach Beendigung der Laktation fortgeführt. Parallel sollte ebenfalls das Muttertier behandelt werden. Tiere in der Trächtigkeit sollten nicht entwurmt werden, um eine potentielle Schädigung der ungeborenen Welpen zu vermeiden.

Erwachsene Tiere, die regelmäßig unbeaufsichtigt Auslauf haben und einer stärkeren Parasitenbelastung ausgesetzt sind (Jagdtiere, Bauernhoftiere und Tiere, die rohes Fleisch verzehren), profitieren von einer monatlichen Entwurmung. Dies ist besonders sinnvoll, wenn kleine Kinder im engen Kontakt mit dem Tier leben. Bei reinen Hauskatzen oder Hunden, die keinen freien Auslauf haben, genügt auch eine vierteljährliche Behandlung.

Antihelminthika Das Standard-Entwurmungsmittel gegen Bandwürmer ist das verschreibungsfreie Praziquantel. Dieses ist jedoch nicht gegen Rundwürmer wirksam. Mit Kombinationspräparaten lassen sich möglichst viele Wurmarten durch die Anwendung eines Mittels behandeln. Diese Medikamente sind jedoch verschreibungspflichtig und werden über den Tierarzt abgegeben. Sie unterscheiden sich in ihren Wirkstoffkombinationen und in den Darreichungsformen. Da Katzen das bitter schmeckende Praziquantel häufig ablehnen, sind Spot-on-Präparate oder Pasten zu bevorzugen. Spulwürmer werden zum Beispiel mit Flubendazol, Fenbendazol, Febantel oder Pyrantel behandelt. Flubendazol und Fenbendazol sind zusätzlich gegen einige Bandwurmarten wirksam.

Ektoparasiten Da blutsaugende Parasiten Krankheiten übertragen, sind prophylaktische Maßnahmen regelmäßig zu empfehlen. Flöhe sind zum Beispiel Überträger des Gurkenkernbandwurms und des Erregers der Katzen-Kratz-Krankheit. Zecken führen zu Infektionen wie Borreliose oder Babesiose auch als Hundemalaria bekannt. Gegen Flöhe, Zecken und Haarlinge werden Kontaktantiparasitika oder Repellentien eingesetzt.

Zecken Im Frühling beginnt die Zeckenzeit. Die Blutsauger lieben warme feuchte Ecken in der Natur und nutzen vorbeistreunende Tiere als Nahrungsquelle. Zecken lassen sich auf Menschen und Tieren nieder und haken sich mit ihrem Stechap parat fest. Sie nehmen beim Saugvorgang eine Menge an Blut auf, die ein Vielfaches ihres ursprünglichen Körpergewichtes beträgt. Prophylaktischer Zeckenschutz wird mit Repellentien erreicht. Repellentien wehren Parasiten ab, bevor sie die Tiere befallen und zustechen können, indem sie das Geruchssystem verwirren oder sie in ihrer Beweglichkeit lähmen.

Bei Hunden kommt häufig Permethrin zum Einsatz, das für Katzen jedoch giftig ist und unter Umständen sogar zum Tod führen kann. Kontaktantiparasitika töten die vorhandenen Zecken ab. Außerdem gilt der wichtige Tipp: Ein Tierbesitzer sollte sein Tier nach einem Spaziergang nach Zecken absuchen und diese manuell mit einer Zeckenzange entfernen. Eine schnelle Entfernung der Zecken ist auch deshalb sinnvoll, weil sich eine Reihe von Erregern erst im Verdauungsapparat der Zecke über 24 bis 48 Stunden weiterentwickeln müssen, bevor sie für das Tier infektiös werden.

ACHTUNG BERATUNG
Vor der Auswahl eines Tierarzneimittels sollten folgende Informationen abgefragt werden:
♦ Liegt ein parasitärer Befall tatsächlich vor oder sollen Medikamente zur Prophylaxe gegeben
   werden?
♦ Um welche Tierart (Hund, Katze, Heimtiere etc.) handelt es sich?
♦ Wie alt ist das Tier?
♦ Wie schwer ist das Tier?
♦ In welchem Umfeld lebt das Tier?
♦ Bestehen anschließend noch Unsicherheiten, die eine klare Empfehlung behindern, ist der Tierarzt
   aufzusuchen.

Flöhe Mit ihrem Stech- und Saugrüssel saugen Flöhe mehrmals pro Tag Blut aus ihrem Wirtstier. Dabei gelangt Flohspeichel in den Wirt und kann dort eine allergische Reaktion verbunden mit Juckreiz auslösen. Auf Menschen gehen Flöhe nur selten und für kurze Dauer über. Mit bloßem Auge ist es gar nicht so einfach, Flöhe festzustellen. Ein typisches Zeichen ist ein starker Juckreiz des Tieres. Kämmt man das Fell des Tieres sorgfältig mit einem speziellen Flohkamm aus, findet man bei einem positiven Befund Flohkot – kleine schwarze Körnchen, die beim Zerreiben mit einem Taschentuch eine braun-rote Färbung ergeben.

Flohweibchen legen Eier in Verbänden zu etwa zehn Stück ab. Diese fallen von Hund oder Katze ab und bleiben in der Umgebung des Wirtes liegen, zum Beispiel in Textilien oder dem Schlafplatz der Tiere. Über 90 Prozent der Flöhe und ihre Entwicklungsstadien halten sich außerhalb des Saugaktes nicht am Tier, sondern in der Umgebung auf, sodass die Anwendung eines Umgebungssprays sinnvoll ist.

Therapie Bei der Bekämpfung von Ektoparasiten kommen beispielsweise pflanzliche Insektizide aus Pyrethrum oder synthetische Pyrethroide, Fibronil, Imidacloprid, Propoxur oder Lufenuron zum Einsatz. Die Wirkung beruht in der Regel auf neurotoxischen Effekten nach Kontakt, sodass je nach Substanz adulte und/oder Larvenstadien erfasst werden. Ovizide Effekte (entwicklungshemmende Wirkung auf die Eistadien) haben nur einige wenige verschreibungspflichtige Substanzen, die zur Gruppe der Wachstumsregulatoren zählen.

Vorsicht Humanarzneimittel Laut Arzneimittelgesetz (§ 56a Absatz 2 AMG) muss der Tierarzt in erster Wahl Medikamente verordnen, die für die jeweilige Tierart zugelassen sind. Nur im äußersten Notfall (sog. Therapienotstand) darf der Tierarzt (und nicht der Apotheker!) eine Umwidmung eines Humanpräparates vornehmen. Der Griff in die menschliche Hausapotheke zur Behandlung tierischer Probleme kann zu lebensbedrohlichen Situationen führen. Acetylsalicylsäure kann bei Katzen und Hunden schwere Organschäden auslösen. Katzen reagieren aufgrund eines Glucoronidierungsdefizits sehr empfindlich auf die Gabe von ASS. Bereits höhere Dosen als 25 mg/ kg Körpergewicht wirken nicht nur magenschädigend, sondern gelten als toxisch.

INFORMATIONEN AUS DEM INTERNET:
www.dvg.net
Deutsche Veterinärmedizische Gesellschaft e.V.
www.esccap.de
Unabhängige, europäische, veterinärparasitologische Organisation

Auch das magenfreundlichere Paracetamol birgt Intoxikationsrisiken für Hund und Katze. Laut einer amerikanischen Studie ist Paracetamol die 4. häufigste Ursache für Vergiftungen bei Katzen. Grundsätzlich sollte man also ohne tierärztliche Empfehlung auf die Gabe von ASS und Paracetamol bei seinen Haustieren verzichten. Im Zweifelsfall sollte der Kunde auf jeden Fall an den jeweiligen Tierarzt verwiesen werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/11 ab Seite 65.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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