© Die PTA in der Apotheke
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Update E-Zigarette

KAMPF UM DEN DAMPF

Seit 20. November 2014 gilt: E-Zigaretten unterliegen weder dem Arzneimittel-, noch dem Medizinproduktegesetz, sie bleiben Genussmittel. Doch nicht jeder akzeptiert diese Regelung.

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Als in Deutschland 2008 das Rauchverbot auch in die Gaststätten einzog, nahm man den Rauchern ihr letztes öffentliches Refugium. Viele Nikotinabhängige wollten das nicht hinnehmen und so kam die Alternative, die E-Zigarette, zu diesem Zeitpunkt gerade recht. Obwohl man die Produkte schon einige Jahre zuvor online bestellen konnte, entstanden erst mit der Markteinführung 2007 die ersten Läden in Deutschland. Dort konnte man ausprobieren, wie das „Dampfen“ funktionierte – und aus dem Nischenprodukt wurde ein Trend.

Rechtliche Einordnung Befürworter der E-Zigarette behaupten, sie sei gesünder als die Tabakzigarette. Das stimmt vielleicht sogar, doch selbst beim Verdampfen nikotinfreier Liquids setzt auch die E-Zigarette Substanzen wie Propandiol oder Linalool frei. Propandiol ist als Zusatzstoff zugelassen, man findet ihn zum Beispiel auch in Kaugummi. Und der Dufststoff Linalool ist ein natürlicher Bestandteil ätherischer Öle. Allerdings gelangen diese Stoffe über das Aerosol direkt in die Lunge und es ist noch nicht klar, ob sie dort Schaden anrichten können.

Dazu kommt, dass die Inhaltsstoffe der Liquids nicht immer der Kennzeichnung entsprechen. So fand man selbst in nikotinfreien Liquids Spuren dieses Nervengifts. Darüber hinaus können Dampfer ihre Liquide selbst zusammenmischen, was die Gefahr unnoch erhöht. Erwachsenen steht es natürlich frei, ihrem Körper potenziell gesundheitsschädliche Substanzen zuzuführen, Gesundheitsminister sehen das Risiko jedoch im freien Verkauf ohne Altersgrenze: Kinder und Jugendliche könnten geschädigt werden, ja, die E-Zigarette könne gar den Einstieg in eine Raucherkarriere bedeuten.

All diese Gründe führen immer wieder dazu, dass Gemeinden oder Länder gegen den Rechtsstatus der E-Zigarette klagen – meist postwendend gefolgt von Gegenklagen einzelner Händler oder Nutzer des Produktes.

Nikotin macht noch kein Arzneiprodukt Der rechtliche Hebel, den Gegner der E-Zigarette dabei haben, ist die Tatsache, dass die Liquids das gesundheitsschädliche Nikotin enthalten können. Um Handel und Vertrieb einzuschränken, wurde daher immer wieder die Einordnung als Arzneimittel oder Medizinprodukt gefordert, denn das bedeutet einen langen Zulassungsweg und den Vertrieb ausschließlich in Apotheken.

Doch die Sache hat einen Haken: Solange das Nikotin in einem Produkt nicht als Arzneimittel oder die E-Zigarette als Medizinprodukt dient, ist eine solche Einordnung rechtlich nicht möglich. Das heißt: Die E-Zigarette müsste ein Produkt zur Rauchentwöhnung sein und auch ausschließlich als solches beworben werden. So wie Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummis unterstünde sie dann dem Arzneimittel-/Medizinproduktegesetz und dürfte nur noch in Apotheken vertrieben werden. Doch dazu braucht es eindeutige Studien, die eine solche Wirkung nachweisen würden – und die liegen nicht vor.

KEINE HERKÖMMLICHE ZIGARETTE
In der E-Zigarette wird kein Tabak verbrannt, sondern ein darin enthaltenes Liquid elektronisch erhitzt und der Dampf inhaliert. Genau dieser Unterschied sollte den Rauchern wieder zu ihrem Genuss verhelfen und das Rauchverbot aushebeln. Rein rechtlich gesehen ist das korrekt. Dampfen ist nicht rauchen, es werden weder Tabak noch die mindestens 60 schädlichen Nebenprodukte einer normalen Zigarette verbrannt. Ein „Passivrauchen“ – damals ausschlaggebend für das Nichtraucherschutzgesetz – gibt es ebenfalls nicht. Ob das „Passivdampfen“ gesundheitsgefährdend ist, ist noch nicht bekannt.

Natürlich haben die Vertreiber daran auch kein Interesse. Sie wollen sich den freien Handel mit der E-Zigarette nicht nehmen lassen. Außerdem fordern sie, dass für die E-Zigarette die Einschränkungen des Nichtraucherschutzgesetzes aufgehoben werden. Und so geht der Kampf weiter. Im November 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht endgültig entschieden, dass E-Zigaretten und Liquids nicht als Arzneimittel oder Medizinprodukt einzustufen sind. Vielmehr sind sie Genussmittel wie Tee oder Kaffee und damit weiterhin deutschlandweit frei verkäuflich. Rechtlich gesehen wäre damit auch das „Dampfen“ überall erlaubt.

Tatsächlich gibt aber bisher nur Nordrhein-Westfalen den Genuss der E-Zigarette in Gaststätten frei. Die Deutsche Bahn erlaubt das „Dampfen“ zwar nicht in Zügen, aber zumindest auf Bahnsteigen. Ob und in welchem Umfang der Genuss der E-Zigarette erlaubt ist, bleibt also nach wie vor häufig eine Sache des Ermessensspielraums und nicht der Rechtslage. In Deutschland „dampfen“ etwa zwei Millionen Menschen. Und Studien haben gezeigt, dass Kinder und Jugendliche die E-Zigarette als Einstieg in das Rauchen unattraktiv finden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/15 ab Seite 120.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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