Menschen laufen vor Zigarettenkugel weg
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Raucherentwöhnung

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Die schädlichen Wirkungen des Rauchens sind allgemein bekannt. Wer einmal abhängig war und den Rauchstopp auf Dauer geschafft hat, weiß, wie schwierig das ist. Unterstützung gibt die richtige Beratung in der Apotheke.

Komplettansicht 18 Minuten

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Zum Jahresbeginn nehmen sich viele Menschen vor, mehr Wert auf ihre Gesundheit zu legen und zum Beispiel mit dem Rauchen aufzuhören. Dieser Vorsatz sollte unbedingt unterstützt werden, schließlich ist das Zigarettenrauchen mit zahlreichen Folgeerkrankungen und gesundheitlichen Konsequenzen für den Einzelnen, aber auch mit massiven Kosten für das Gesundheitssystem verbunden. Laut Mikrozensus 2013 des statistischen Bundesamtes rauchen 24,5 Prozent der deutschen Bevölkerung, der höchste Anteil betrifft die jüngeren Menschen. Unter den Frauen ist der Prozentsatz etwas geringer, allerdings mit steigender Tendenz. Die Hälfte der rauchenden Männer und etwa ein Drittel der rauchenden Frauen sind starke Raucher und rauchen mehr als 20 Zigaretten pro Tag. Das Durchschnittsalter, in dem das erste Mal geraucht wird, beträgt 13 bis 14 Jahre. Raucher haben eine um etwa elf Jahre

Wirkung des NikotinsDie große Mehrheit der Raucher (80-90 Prozent) will mit dem Rauchen aufhören – aber lediglich 30 Prozent unternehmen innerhalb eines Jahres mindestens einen ernsthaften Versuch. Warum ist es trotz des festen Entschlusses zum Rauchstopp für die meisten Raucher so schwierig, langfristig mit ihrem Laster aufzuhören? Das liegt an der psychischen und physischen Abhängigkeit, die sich oft über Jahre entwickelt haben. Etwa jeder zweite regelmäßige Raucher erfüllt die Diagnosekriterien für eine Abhängigkeitsstörung, er ist also süchtig. Um diese Mechanismen zu verstehen, sollten die pharmakologischen Effekte des Nikotins, des Hauptinhaltsstoffes der Zigaretten betrachtet werden: Sowohl im vegetativen Nervensystem als auch im ZNS findet man Nikotinrezeptoren.

Man nennt die des vegetativen Nervensystems zur Unterscheidung der muskarinischen auch nikotinische Acetylcholinrezeptoren. Sie befinden sich an den postganglionären Fasern des Sympathikus und des Parasympathikus sowie an der motorischen Endplatte der quergestreiften Muskulatur. Normalerweise bindet Acetylcholin an diese Rezeptoren, aber auch Nikotin und andere nikotinerge Substanzen haben eine Affinität zu ihnen – und zwar eine hohe. Sowohl Acetylcholin als auch Nikotin haben eine aktivierende Wirkung auf die Rezeptoren, die einen Ionenkanal darstellen und sich öffnen. Das Besondere an dem aus der Tabakpflanze gewonnenen Alkaloid ist die chemische Struktur, die das rasche Anfluten des Stoffes im Gehirn ermöglicht.

Innerhalb weniger Sekunden nach der Inhalation erreicht das Nikotin die Acetylcholinrezeptoren. Die Prozesse des Sympathikus und Parasympathikus werden nun in Gang gesetzt. Die Aktivierung des Sympathikus führt zur Freisetzung von Adrenalin und damit zur Erhöhung der Herzfrequenz und dem gesteigerten Abbau von Fetten und Glykogen. Der Blutzucker sinkt. Der beschleunigte Stoffwechsel hat einen erhöhten Energieumsatz zur Folge. Nikotin bewirkt über den Sympathikus auch eine Erhöhung der Atemfrequenz. Außerdem wirkt Nikotin auf das Brechzentrum, hier vermindert es den Appetit und ruft dosisabhängig Übelkeit hervor.

Über die Stimulation des Parasympathikus kommt es zu einer Steigerung der Magensaftproduktion sowie einer verstärkten Darmtätigkeit und damit zur Anregung der Verdauung. Auf die Blutgefäße hat Nikotin eine über Vasopressin vermittelte gefäßverengende Wirkung, die eine Blutdrucksteigerung als Folge mit sich bringt. Die Blutgerinnungsneigung wird verstärkt und damit auch das Risiko für thromboembolische Ereignisse. Für die Entwicklung der Abhängigkeit ist die stimulierende Wirkung auf das Belohnungssystem des Körpers entscheidend. Über die Steigerung der Dopamin- Produktion und -Ausschüttung wird ein Wohlgefühl erreicht. Normalerweise reagiert das Belohnungszentrum positiv auf Vorgänge, die für das Überleben des Menschen wichtig sind. Nikotin imitiert dieses so, als wäre das Rauchen ebenfalls so ein bedeutsamer Prozess.

Nach einer Zeit der Gewöhnung benötigt der Körper das Nikotin, um sich genauso wie ein Nichtraucher zu konzentrieren und zu entspannen. Der Raucher ist körperlich abhängig. Nikotin wird über die Zwischenstufe des Metaboliten Cotinin in der Leber metabolisiert. Die Ausscheidung geschieht renal. Aufgrund der relativ kurzen Halbwertzeit von zwei Stunden, verspürt der Raucher sehr schnell das Absinken der Nikotinspiegel. Es entwickelt sich ein erneutes Rauchverlangen, um die Rezeptoren im Gehirn mit Nachschub zu versorgen und in der Folge das gewünschte Wohlgefühl wieder zu erreichen. Bleibt das Nikotin aus, merkt der Raucher die unangenehmen Entzugssymptome wie Schlafstörungen, Unruhe, Konzentrationsstörungen, Appetitsteigerung und Nervosität. Diese Symptome machen das Aufhören so schwer. Positiv ist aber, dass diese Entzugserscheinungen meist nur relativ kurze Zeit, wenige Wochen, anhalten und häufig schon nach einigen Tagen spürbar nachlassen.

NIKOTIN, DAS TÖDLICHE GIFT
Nikotin ist in etwa gleichen Dosen ähnlich toxisch wie Blausäure. Für den nicht an Nikotin gewöhnten Menschen soll die einmalige orale Gabe von 60 mg tödlich wirken. Höhere Dosen Nikotin lösen Krämpfe aus, in toxischen Dosen eingenommen ruft der Stoff zentrale Erregung, Atemlähmung sowie Kreislaufzusammenbrüche hervor. Er verursacht auch einen Depolarisationsblock mit Hemmung der neuromuskulären Übertragung, sodass bei ausreichend hohen Dosen der Tod innerhalb von wenigen Minuten durch Atemlähmung eintreten kann. Bei einem Konsum von 20 Zigaretten pro Tag werden zwischen 20 und 40 mg Nikotin über den Tag verteilt aufgenommen.

 

Gesundheitliche Folgen Durch das Rauchen wird nicht nur Nikotin aufgenommen, sondern auch zahlreiche Schadstoffe. In einer Zigarette sind mehr als 3800 chemische Substanzen. Die Mehrzahl sind lungengängige Feinstaubteilchen. Mindestens 40 Substanzen sind krebserregend, weitere giftig. Zu den krebserregenden Stoffen zählen zum Beispiel Teer, Schwermetalle und Nitrosamine. Da das Flimmerepithel, das für die Bronchialreinigung notwendig ist, bei Rauchern stark geschädigt wird, dringen die giftigen Stoffe bis in die tiefen Bronchien ein und verbleiben zum großen Teil dort. So ist die Lunge eines starken Rauchers leicht an der grauen Färbung von einer Lunge eines Nichtrauchers zu unterscheiden.

Insbesondere der Lungenkrebs ist in den meisten Fällen auf das Rauchen zurückzuführen. Die Raucherkrankheit schlechthin ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD, Chronic Obstructive Pulmonary Disease). Rauchen ist außerdem ein erheblicher Risikofaktor für akute Infektionen der Atemwege wie Grippe und Erkältungen. Doch nicht nur die Lunge leidet, das Rauchen schädigt nahezu jedes Organ des Körpers und ist der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für chronische Leiden, wie Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Krebs. Im Vergleich zu Nichtrauchern haben Raucher ein mehr als doppelt so hohes Risiko für eine Herz-Kreislauf- Erkrankung und ein doppelt so hohes Risiko für Schlaganfälle.

Zudem schädigt das Rauchen viele andere Organe, begünstigt Osteoporose und führt wegen der verminderten Durchblutung zu Erektionsstörungen. In der Schwangerschaft ist Rauchen zum Schutze des Embryos verboten, denn es führt zu Geburtskomplikationen und beeinträchtigt die Entwicklung des Kindes noch bis ins Erwachsenenalter.

GRAD DER ABHÄNGIGKEIT
Damit die PTA und Apotheker das richtige Präparat auswählen können, sollten zunächst Informationen über die Rauchhistorie und das aktuelle Rauchverhalten ermittelt werden. Um die Intensität der Abhängigkeit abzuschätzen, hat sich der Fagerström-Test bewährt.

Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?
nach 5 Minuten (3 Punkte)
nach 6 – 30 Minuten (2 Punkte)
nach 31 – 60 Minuten (1 Punkt)
nach mehr als 60 Minuten (0 Punkte)

Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten ist, das Rauchen zu unterlassen?
ja (1 Punkt)
nein (0 Punkte)

Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen?
die erste am Morgen (1 Punkt)
andere (0 Punkte)

Wie viele Zigaretten rauchen Sie pro Tag?
31 und mehr (3 Punkte)
21 – 30 (2 Punkte)
11 – 20 (1 Punkt)
bis 10 (0 Punkte)

Rauchen Sie am Morgen mehr als am Rest des Tages?
ja (1 Punkt)
nein (0 Punkte)

Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett bleiben müssen?
ja (1 Punkt)
nein (0 Punkte)

Auswertung des Fagerström-Tests:
Eine Gesamtpunktzahl aus Fragen 1-6 wird ermittelt.
0 – 3 bedeutet eine geringe,
4 – 7 eine mittlere,
8 – 10 eine sehr starke Abhängigkeit.

 

Rauchertypen Da das Rauchen auch mit einer psychischen Abhängigkeit verbunden ist, sollte eine Therapie nicht nur die Folgen des Entzugs in den Fokus nehmen, sondern auch Verhaltensmuster des Rauchers ändern. Dazu ist es wichtig, die verschiedenen Rauchertypen zu kennen, um den Patienten gezielt Unterstützung anbieten zu können. Unter den Rauchern werden verschiedene Typen unterschieden: der Gelegenheitsraucher, der Genussraucher, der Stressraucher und der Gewohnheitsraucher. Gelegenheitsraucher rauchen in Gesellschaft auf einer Feier oder aus Langeweile. Sie unterliegen einem geringen Abhängigkeitsdruck.

Der Genussraucher braucht seine Zigarette nach dem Essen, zu einem Glas Wein oder Bier. Hier ist das Belohnungssystem im Gehirn besonders aktiviert. Stressraucher benötigen die Zigarette in schwierigen Situationen zum Spannungs- und Stressabbau. Für sie ist es oft schwierig, aus dem normalen Alltag heraus den Rauchstopp zu bewältigen. Beim Gewohnheitsraucher haben sich bereits feste Verhaltensstrukturen im Zusammenhang mit dem Rauchen eingestellt. Bei diesen Rauchern ist eine begleitende Verhaltenstherapie sehr wichtig, um nicht langfristig wieder in die alten Muster des Rauchens zurückzufallen.

Aufhören oder Reduzieren Um es wirklich zu schaffen, muss der feste Wille bestehen, auf die Zigarette zu verzichten. Viele Experten schwören auf die Schlusspunktmethode. Dabei setzt der Raucher einen letzten Tag fest und hört dann komplett auf zu rauchen. Dagegen geht die Reduktionsmethode davon aus, dass es schon ein Erfolg ist, die Zahl der täglich gerauchten Zigaretten deutlich zu senken. Dies könnte dann der weiche Übergang zum kompletten Rauchstopp sein. Eine ganz aktuelle Studie bei behandlungssuchenden Rauchern in Frankreich zeigte, dass von über 28 000 erfassten Rauchern lediglich 4,4 Prozent mit der Reduktionsmethode aufhören konnten, während jeder zweite durch das abrupte Absetzen Erfolg hatte.

Beide Methoden waren bei der Ein- Monats-Katamnese etwa gleichermaßen erfolgreich. Eine Reduktion wurde von älteren Rauchern mit höherem Konsum, ohne vorherige Ausstiegsversuche, geringerer Selbstwirksamkeit und stärkerer depressiver Symptomatik präferiert. Die Erfolgsaussichten waren dabei größer, wenn orale Nikotinersatzpräparate verwendet und intensive Nachbetreuung in Anspruch genommen wurde.

BZGA: WER HILFT BEIM RAUCHSTOPP?
Diese qualitätsgesicherten Angebote der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützen beim Rauchstopp:
Gruppenkurs „Rauchfrei Programm

“. Informationen zum Kursangebot, zu Anbietern vor Ort und den Möglichkeiten der Kostenerstattung gibt es unter: www.rauchfrei-programm.de


Online-Ausstiegsprogramm mit bewährten Informationen, Tipps und täglicher E-Mail (http://www.rauchfrei-info.de) mit Online-Rauchfrei-Lotsen. Erfolgreiche Ex-Rauchende begleiten bei der Tabakentwöhnung.
START-Paket zum Nichtrauchen mit Broschüre „Ja, ich werde rauchfrei“, einem „Kalender für die ersten 100 Tage“, einem Stressball und anderen hilfreichen Materialien. Kostenlose Bestellung über: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 51101 Köln, Fax: 0221/8992257, E-Mail: order@bzga.de
Telefonische Beratung zur Rauchentwöhnung unter der Rufnummer 0800/ 831 31 31 kostenfreie Servicenummer.

 

Therapie Mit dem Rauchen aufzuhören, gelingt beim ersten Versuch nur wenigen Rauchern. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) empfiehlt in ihrer Leitlinie, Methoden zur psychologischen und physischen Entwöhnung zu kombinieren. Andere Konzepte wie Hypnose, Akupunktur, Akkupressur oder autogenes Training werden ebenfalls im Kontext der Raucherentwöhnung beworben. Zu diesen Maßnahmen existieren jedoch keine evidenzbasierten Studien. Dennoch werden sie häufig von Rauchern ausprobiert oder zusammen mit der Nikotinersatztherapie als Ergänzung kombiniert.

Verglichen mit Placebo bringt die medikamentöse Therapie etwa doppelt so viele Raucher langfristig von der Zigarette ab. Erfolgreiche psychologische Angebote basieren auf den Grundsätzen der kognitiven Verhaltenstherapie. Gute Chancen für einen langfristigen Erfolg haben Entwöhnungsprogramme, die eine Nikotinersatztherapie und verhaltenstherapeutische Strategien beinhalten. Unter Vareniclin schafften bis zu 30 Prozent der Raucher den Rauchstopp.

Medikamentöse Unterstützung Nikotinhaltige Pflaster, Kaugummis oder Lutschtabletten sind ein Weg, den Entzug zu erleichtern. Sie mildern die Entzugssymptome, indem sie den Körper weiterhin mit Nikotin versorgen, allerdings ohne die weiteren giftigen Stoffe aus der Zigarette zuzuführen. Somit ist die zeitlich begrenzte Nikotinersatztherapie gesundheitlich eine deutliche Verbesserung zum Rauchen. Die Anwendung von Nikotinersatzmitteln verschafft dem Ex-Raucher den Vorteil, sich zunächst auf die Bewältigung der psychischen Abhängigkeit zu konzentrieren und dabei kontinuierlich die Nikotindosis zu reduzieren. Dieser Prozess bis hin zum völligen Nikotinverzicht verläuft je nach dem Grad der Abhängigkeit über mehrere Wochen, manchmal sogar Monate.

Während der Anwendung von Nikotinersatzprodukten sollte generell auf jegliches Rauchen verzichtet werden, da es das Ziel ist, die Verhaltensmuster des Rauchens wieder abzulegen. Bei gleichzeitigem Rauchen besteht außerdem das Risiko von Überdosierungen des Nikotins. In der Apotheke gibt es verschiedene Darreichungsformen zur Nikotinersatztherapie. Welches Präparat für welchen Patienten richtig ist, sollte die PTA anhand des bisherigen Rauchverhaltens ermitteln. Wichtig ist, die Stärke der Nikotinersatzpräparate auf den bisherigen Zigarettenkonsum abzustimmen.

Kontinuierliche Zufuhr Raucher, die bisher kontinuierlich über den ganzen Tag geraucht haben und stark abhängig sind, profitieren von Produkten, die über den Tag konstant wirken, zum Beispiel von Pflastern. Es gibt Pflaster, die 16 oder 24 Stunden lang das Nikotin abgeben. Starke Raucher, die bisher sofort nach dem Aufstehen die erste Zigarette geraucht haben, sollten eher die 24-Stunden-Variante wählen, um den morgendlichen „Lungenschmacht“, also das Verlangen nach einer Zigarette, zu vermeiden. Nach Aufkleben eines Pflasters auf eine unbehaarte Körperstelle, wird das Nikotin langsam über die Haut in den Blutkreislauf abgegeben.

Im Gegensatz zum sekundenschnellen Anfluten im Gehirn nach dem Zug an einer Zigarette, fehlt hier der suchtfördernde Kick, und die Wirkung setzt erst nach etwa 30 Minuten ein. Für die Beratung des Rauchers sollte die PTA die Zahl der bisher gerauchten Zigaretten pro Tag kennen. Raucher, die mehr als zehn Zigaretten pro Tag geraucht haben, sollten mit einer höheren Dosis beginnen – 21 Milligramm – und nach sechs und weiteren zwei Wochen jeweils um die Hälfte reduzieren, um dann vollständig aufzuhören. Der Patient ist darauf hinzuweisen, dass man die Pflaster zur Dosisreduktion nicht einfach durchschneiden kann, denn so wird das transdermale therapeutische System zerstört und die kontrollierte Freisetzung beeinträchtigt.

Überdosierungen bemerkt der Patient an Symptomen wie Herzrasen, Kopfschmerz oder Übelkeit – Unterdosierungen äußern sich in einem deutlichen körperlichen Verlangen nach einer Zigarette. Pflaster eignen sich besonders für Raucher, die in regelmäßigen Zeitabständen zur Zigarette gegriffen haben. Benutzer von Nikotinpflastern sollten in der Apotheke auf die ordnungsgemäße kindersichere Entsorgung hingewiesen werden.

NACH DER LETZTEN ZIGARETTE ...
+ Nach 20 Minuten: Blutdruck und Puls fallen auf Nichtraucherniveau, die Durchblutung
    von Händen und Füßen verbessert sich.
+ Nach 8 bis 24 Stunden: Der Sauerstofftransport verbessert sich. Das Herzinfarktrisiko
    sinkt.
+ Nach 48 Stunden: Verbesserung von Geschmacks- und Geruchssinn
+ Nach 2 Wochen bis 3 Monaten: Die Durchblutung verbessert sich; die Lungenkapazität
    erhöht sich um bis zu 30 Prozent.
+ Nach 1 bis 9 Monaten: Husten, Müdigkeit und Kurzatmigkeit verringern sich. Die   
    Infektionsgefahr verringert sich.
+ Nach einem Jahr: Das Risiko von Erkrankungen der Herzkranzgefäße ist nur noch
    halb so groß wie bei Rauchern.
+ Nach 5 Jahren: Das Schlaganfallrisiko sinkt nach 5 bis 15 Jahren auf das Niveau eines 
    Nichtrauchers. Es halbiert sich das Risiko, an Lungen-, Mund- und Speiseröhrenkrebs
    zu sterben.
+ Nach 15 Jahren: Das Risiko von Erkrankungen der Herzkranzgefäße entspricht dem
   eines Nichtrauchers.

(Quelle: modifiziert nach American Cancer Society)

 

Bedarfsmäßig kauen, lutschen, sprühen Viele Raucher praktizieren über den Tag ein unregelmäßiges Rauchverhalten. Das liegt oft daran, dass am Arbeitsplatz nicht geraucht wird, sodass über den Tag seltener, dafür am Abend häufiger zur Zigarette gegriffen wird. Kaugummis und Lutschtabletten eignen sich gut gegen den bedarfsmäßigen Wunsch nach einer Zigarette eines Rauchers, der gerne etwas im Mund hat – analog der Zigarette. Sie können auch später in kritischen Situationen, zum Beispiel im Rahmen einer Feier oder unter Stress über die Gefahr des Rückfalls hinweghelfen. Wer Kaugummis ablehnt, kann auf Lutsch- oder Sublingualtabletten zurückgreifen.

Die oralen Ersatzpräparate entfalten ihre Wirkung sehr rasch, weil Nikotin über die Mundschleimhaut resorbiert wird. Zwei verschiedene Stärken (zwei und vier Milligramm) werden in verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten. Für eine optimale Anwendung von Kaugummis ist es wichtig, die richtige Kautechnik anzuwenden. Nach mehrmaligem Kauen entsteht ein scharfer Geschmack. Das freigesetzte Nikotin wird im Mund aufgenommen und gelangt so in den Blutkreislauf. Nun sollte der Kaugummi zwischen dem Zahnfleisch und der Wange „geparkt“ werden, bis der pfeffrige Geschmack nachlässt. Dann wird wieder gekaut und weiteres Nikotin freigesetzt.

Bei diesen oralen Varianten gilt generell, keine sauren Säfte kurz vorher oder dabei zu trinken, da diese die Resorption beeinträchtigen. Nikotinkaugummis eignen sich vor allem bei geringer bis mittelstarker Abhängigkeit, also bei einem Konsum von bis zu 15 Zigaretten am Tag. Das Nikotin Spray ist eher eine „Notfall-Hilfe“, wenn der Ex- Raucher wieder zur Zigarette greifen möchte. Auch hier erfolgt die Aufnahme des Nikotins über die Mundschleimhaut, aber noch schneller als bei den beschriebenen Kaugummis und Lutschtabletten. Die Nikotinlösung befindet sich in einem Druckgasbehälter und wird in den Mund gesprüht. Pro Sprühstoß wird eine Menge von einem Milligramm Nikotin abgegeben – also entsprechend einer gerauchten Zigarette.

Der feine Sprühnebel sollte die Mundschleimhaut erreichen, nicht der ganze Strahl. Vor dem ersten Gebrauch des Sprays wird ein Sprühstoß abgesetzt und verworfen. Das gilt auch, wenn das Spray länger als zwei Tage nicht mehr benutzt wurde. Das Spray sollte, anders als vielleicht von Dosieraerosolen bekannt, nicht inhaliert werden. Um nicht überzudosieren, sollte die Maximaldosis von zwei Stößen hintereinander, vier pro Stunde und 64 pro Tag nicht überschritten werden. Wie bei anderen Methoden zur Nikotinersatztherapie wird eine Zwölf-Wochen-Therapie empfohlen, in deren Verlauf die Dosis kontinuierlich reduziert wird. Kritiker bemängeln, dass das rasche Anfluten das Rückfallrisiko erhöht.

Eine ähnliche Situation besteht bei der Verwendung eines Nikotininhalers. Das durch Paffen oder Ziehen aufgenommene Nikotin reduziert das Verlangen und die Entzugssymptome sehr rasch. Der Inhaler ist geeignet für Raucher, die an die Zigarette in der Hand gewöhnt sind und meinen „etwas in der Hand haben zu müssen“. Hier wird das Verhaltensmuster beibehalten, allerdings führt der Ex-Raucher nur noch Nikotin ohne die giftigen oder krebserregenden Begleitstoffe der Zigarette zu sich. Der Inhaler kann aufgrund der Ähnlichkeit zur Zigarette den Einstieg zu einer Nikotinentwöhnung erleichtern. Dennoch sollte das Ziel, den absoluten Rauchstopp zu erreichen, nicht aus den Augen verloren werden.

Bupropion und Vareniclin Ganz anders als die Ersatztherapeutika wirken die rezeptpflichtigen Wirkstoffe Bupropion und Vareniclin. Die Therapie beginnt, während der Raucher noch raucht. Vareniclin reduziert das Rauchverlangen, indem es an die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren im zentralen und peripheren Nervensystem bindet. Es hat eine starke Affinität zum Nikotinrezeptor Subtyp α4β2, der im Gehirn in großer Zahl vorkommt. Vareniclin hat einen dualen Wirkmechanismus: es ist einerseits ein partieller Agonist am α4β2-Nikotinrezeptor, wo die Bindung einen ausreichenden Effekt hat, um die Symptome des Rauchverlangens und des Entzugs zu lindern (agonistische Wirkung). Außerdem vermindert es den Belohnungs- und Verstärkungseffekt durch das Nikotin, wenn parallel geraucht wird, durch eine Blockade der Bindung von Nikotin an α4β2- Rezeptoren (antagonistische Wirkung).

So führt das Rauchen unter Vareniclin zu weniger verstärkenden Effekten aus dem Belohnungssystem. Mögliche unerwünschte Effekte sind Übelkeit, Schlafstörungen, Albträume, Depressionen und kardiovaskuläre Ereignisse. Bupropion wurde ursprünglich als Antidepressivum entwickelt und hemmt die Wiederaufnahme und den Rücktransport von Noradrenalin und Dopamin aus dem synaptischen Spalt. Bupropion reduziert ebenfalls zentral im Gehirn das Verlangen nach der nächsten Zigarette. Es ist bei schwerer Leberzirrhose, bipolaren Erkrankungen, Bulimie oder Anorexie, Tumoren des ZNS und Krampfleiden kontraindiziert. Aufgrund ihrer Nebenwirkungen und Gegenanzeigen sind beide Wirkstoffe hinter der Nikotinersatztherapie nur die zweite Wahl.

E-Zigarette eine Alternative? Mehr und mehr Raucher stellen ihr Rauchverhalten auf den Konsum von „Dampfern“ um. Die E-Zigaretten bestehen aus dem Mundstück, einem Akku, einem elektrischen Vernebler und einer Wechsel-Kartusche, in der sich eine Flüssigkeit („Liquid“) befindet. Das Liquid wird beim Ziehen am Mundstück vernebelt und inhaliert. Die Hauptinhaltstoffe der Liquids sind Wasser, Glyzerin, Propylenglykol, Ethanol, Nikotin und Aromastoffe. Es gibt auch Liquids ohne Nikotin, die zum Teil bereits von Jugendlichen konsumiert werden. Wie die Langzeitfolgen auf die Gesundheit zu beurteilen sind, ist heute noch nicht klar. Kurzfristige schädliche Effekte auf die Atmungsorgane wurden bereits nach wenigen Zügen an der E-Zigarette nachgewiesen. Seit 2016 unterliegen E-Zigaretten und Liquids in Deutschland einer einheitlichen EU-Richtlinie. So darf die Konzentration an Nikotin 20 Milligramm pro Milliliter Liquid nicht überschreiten. Außerdem besteht die Pflicht zur genauen Deklaration der Inhaltstoffe und Abgabe eines Beipackzettels. Eine gute Alternative zu Nikotinersatzpräparaten sind E-Zigaretten sicher nicht, zumal sie meistens eben nicht mit dem Ziel der Nikotinentwöhnung verwendet werden.

FAKTOREN, DIE EINE ERFOLGREICHE ENTWÖHNUNG BEGÜNSTIGEN:
+ Geringe Abhängigkeit
+ Kurze Suchtkarriere
+ Unterstützung im familiären und beruflichen Umfeld
+ Vorliegen tabakassoziierter Erkrankungen
+ Bereitschaft zum Aufhören
+ Patient hat bereits längere Abstinenzphasen hinter sich
+ Alter >45 Jahre, männlich, hoher Bildungsstand
+ Keine psychischen Belastungen

Motivieren In der Apotheke ergeben sich viele Gelegenheiten, um einen Raucher auf das Thema Rauchstopp anzusprechen. Dabei ist es wichtig, dass sich der Raucher nicht bedrängt oder gar kontrolliert fühlt, sondern die PTA mit ihrer Frage einen erfolgreichen Impuls gibt. Die Fragen:„ Haben Sie schon einmal daran gedacht, mit dem Rauchen aufzuhören? Warum wollen Sie aufhören? Wann wollen Sie aufhören?“, regen den Raucher zum Nachdenken an und holen ihn aus der Passivität. Befragungen von Rauchern haben nämlich ergeben, dass etwa die Hälfte bereits daran gedacht hat aufzuhören. Oftmals fehlt nur eine kleine Motivation von außen, um den Entschluss umzusetzen.

Die Raucherentwöhnung ist umso erfolgreicher, je fester der Wille zur Entwöhnung ist. Keine Methode funktioniert gegen den Willen des Rauchers. Es ist sinnvoll, im Rahmen des Gespräches die Vorteile des Nichtrauchens anzusprechen: bessere körperliche Kondition, Geldersparnis, Senkung der Risiken für Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall oder ein Vorbild für die eigenen Kinder zu sein. Für jeden Raucher sind andere Aspekte individuell besonders motivierend. Diese zu kennen, hilft demjenigen, der einen Raucher unterstützt. Fasst der Raucher den Entschluss, mit dem Rauchen aufzuhören, sollte die PTA zusammen mit ihm ermitteln, ob und wenn ja, welche Nikotinersatztherapie für ihn geeignet ist. So können PTA und Apotheker nach dem Rauchverhalten fragen, zum Beispiel: „Wie viele Zigaretten rauchen Sie im Durchschnitt pro Tag – eine halbe, ganze oder anderthalb Packungen?“, um die richtige Dosis des jeweiligen Präparates zu ermitteln.

Eine gute Strategie ist es, vor dem endgültigen Zigarettenverzicht eine Woche lang ein Rauchertagebuch zu führen. Dabei notiert der Raucher jede gerauchte Zigarette mit Zeitpunkt und der Beschreibung der Situation. Diese Methode hat zwei Vorteile: erstens visualisiert der Raucher seine bewusst und unbewusst gerauchten Zigaretten, zweitens ist es nun leicht möglich, die wichtigsten Situationen zu identifizieren, in denen er eine Zigarette benötigt. Oftmals reduzieren die Raucher in dieser Zeit bereits deutlich die Zahl der gerauchten Zigaretten. Im nächsten Schritt bestimmt der Raucher den Tag der letzten Zigarette. Diesen sollte er auch in seinem Umfeld offensiv ankündigen und um Unterstützung bitten. Um nun die Entwöhnung dauerhaft zu schaffen, sollte der Raucher sich im Vorfeld eine Belohnung definieren, zum Beispiel ein Kinobesuch nach einer Woche rauchfrei.

Einige Raucher sparen auch das Geld, um sich nach einigen Monaten einen großen Wunsch zu erfüllen. Jeder Ex- Raucher wird in kritische Situationen kommen, in denen er wieder zur Zigarette greifen möchte. Dafür ist es hilfreich, eine Person des Vertrauens zu bestimmen, mit der er vereinbart, diese zu kontaktieren, bevor wieder eine Zigarette geraucht wird. Sehr häufig verschwindet das Verlangen nach einigen Minuten, wenn derjenige unterstützt oder abgelenkt wird. Möglich sind auch alternative Handlungen: ein Bonbon zu lutschen, etwas zu trinken oder ein Kaugummi zu kauen

Problem Gewichtszunahme Besonders für Frauen ist die Zunahme des Körpergewichts nach dem Rauchstopp – oftmals um durchschnittlich vier bis sieben Kilogramm – ein Problem. Etwa jede zweite Frau, die aufhören möchte, hat Angst um ihr Gewicht. Für viele Rückfällige war das ein Grund, wieder zur Zigarette zu greifen. Wenn das Nikotin abgesetzt wird, steigt der Appetit, der Grundumsatz sinkt und das Körperfett nimmt zu. Außerdem ist ein Ex-Raucher leicht unterzuckert, was gerade zu Beginn der Entwöhnung zu Heißhungerattacken und zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme führen kann. Viele ehemalige Raucher essen außerdem mehr Süßigkeiten als Ersatzbefriedigung und nehmen auch deshalb zu. Als Zwischenmahlzeiten eignen sich besser Rohkost und Obst. Über die Nikotinersatztherapie kann die Gewichtszunahme während der Entwöhnung kontrolliert werden. Die PTA sollte mehr körperliche Bewegung und eine gesunde Vollkost empfehlen.

Auswirkungen auf andere Medikamente Tabakrauch, aber nicht Nikotin, bewirkt eine Induktion von CYP 1A2. Raucher haben deshalb mehr Isoenzyme dieses Typs und verstoffwechseln Arzneistoffe, die über CYP 1A2 metabolisiert werden, schneller. Viele Neuroleptika, zum Beispiel Clozapin und Olanzapin, aber auch Amitryptilin, Warfarin, Zolpidem oder Theophyllin können bei Rauchern einen deutlichen Abfall der Plasmaspiegel erfahren. Zur Einstellung der Therapie müssen eventuell höhere Dosen eingesetzt werden. Hört ein Raucher mit dem Rauchen auf, reduziert sich mit einer Latenzzeit von ein bis zwei Wochen die Enzymdichte und die Plasmaspiegel der jeweiligen Arzneistoffe steigen an. Theophyllin – ein Stoff mit geringer therapeutischer Breite – wurde lange Jahre häufig bei COPD-Patienten eingesetzt. Noch immer sind einige Patienten darauf eingestellt. Hier ist bei der Beratung zum Rauchstopp darauf hinzuweisen, den Arzt zu informieren, um bei erfolgreichem Tabakverzicht die therapeutische Dosis des Theophyllins anzupassen

RAUCHERKRANKHEIT
Die COPD wird laut Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf der Liste der häufigsten Todesursachen weltweit auf Platz drei steigen – mit weiter steigender Tendenz! Die Erkrankung ist nicht heilbar, verläuft progredient und die Schäden in der Lunge sind irreversibel. Typisch sind die Symptome Atemnot, Husten und Auswurf. Problematisch ist, dass weltweit immer mehr Menschen immer früher mit dem Rauchen beginnen. Damit erhöht sich ihr Risiko, eine COPD zu entwickeln. In den westlichen Industriestaaten sind 80-90 Prozent der COPD-Patienten aufgrund des Rauchens erkrankt. Tabakrauchen erhöht das Risiko für eine COPD um das 13-fache und ist der wesentliche Risikofaktor für die Entstehung der „Raucherlunge“. Fast jeder zweite ältere Raucher hat eine COPD und ist damit in seiner Lebensqualität stark eingeschränkt. Dabei wird das Risiko diese Lungenerkrankung zu entwickeln, durch die Gesamtzahl der lebenslang gerauchten Zigaretten – Packungsjahre bzw. pack-years – bestimmt. Ein Packungsjahr bedeutet, dass ein Raucher über den Zeitraum von einem Jahr durchschnittlich täglich eine Packung Zigaretten geraucht hat.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/17 ab Seite 34.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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