Eine hochschwangere Frau hat ihr Shirt hochgezogen. Auf ihrem runden Bauch kleben einige bunte Post-Its, die sie mit schwarzem Marker mit Fragezeichen versieht.© Prostock-Studio / iStock / Getty Images Plus
Ein Kind zu bekommen stellt werdende Eltern vor viele Fragen. Die Hebammen Anja Stern und Marie Kuon beantworten viele davon auf ihrem Blog hallohebamme.

Interview

„AN DEN DEHNUNGSSTREIFEN MERKT MAN, DAS KIND WÄCHST HERAN – SO WIE AM STRAMPELN“

Marie Kuon und Anja Stern sind Hebammen. Weil es in Deutschland viel zu wenig Hebammen für all die Fragen von jungen Familien gibt, informieren die beiden auch auf ihrem Blog „hallohebamme“ über Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Wir haben mit ihnen darüber gesprochen, was Eltern wissen wollen.

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In Deutschland herrscht Hebammenmangel. Durchschnittlich zwei Monate dauert die Suche nach einer Hebamme heute, und manchmal bleibt sie sogar erfolglos. Das bedeutet auch, dass Hebammen einen enormen Beratungsbedarf abdecken. Ein Informationsangebot ist der Blog hallohebamme von Marie Kuon und Anja Stern, auf dem die beiden Hebammen leicht verständlich Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett erklären.

Mit DIE PTA IN DER APOTHEKE haben sie darüber gesprochen, welche Fragen (werdenden) Eltern unter den Nägeln brennen, ob es sinnvoll ist, eine Baby-Hausapotheke anzulegen, und über die Hautpflege während der Schwangerschaft und im Wochenbett.

DIE PTA IN DER APOTHEKE: Welche Aufgaben hat eine Hebamme eigentlich?

Marie Kuon: Als Hebammen arbeiten wir in einer Klinik auf der Entbindungsstation. Außerdem kümmern wir uns bei Schwangeren um die vorgeburtliche Vorsorge, die Wochenbettbetreuung und wir geben Kurse. Mit den Kursen müssen wir leider wegen der aktuellen Coronabedingungen pausieren, daher widmen wir uns gerade nur der Vorsorge und der Betreuung während der Schwangerschaft und unseren Familien im Wochenbett.

Anja Stern: Online gibt es natürlich Kurse, aber das ist ja doch etwas anderes. Da kommt hallohebamme natürlich sehr gelegen.

Wie ist hallohebamme entstanden?

Anja Stern: Im Januar 2019 waren wir auf einer Fortbildung und da kamen unheimlich viele Nachfragen zur Wochenbettbetreuung: „Könnt ihr vielleicht das noch, und könnt ihr nicht hier…?“ Allen Hebammen ringsum ging es so. Und da haben wir gesagt: Der Hebammenmangel scheint auf einem Höhepunkt zu sein, da muss man doch etwas tun! Auf dem Hotelzimmer abends ist die Idee von hallohebamme geboren: kurze, knappe, prägnante Informationen vermitteln. Über einen Blog, der war damals das erste.

Und dann?

Anja Stern: Schnell haben wir gemerkt, das reicht alleine nicht. Dann kam Instagram dazu, dann YouTube, dann der Podcast, so ist das gewachsen und gewachsen. Gerade in der aktuellen Zeit, in der der Hebammenmangel immer größer wird, und in der die Familien auch wenig Möglichkeit haben, sich in Kursen, Elterntreffs oder Stilltreffs untereinander auszutauschen, ist das ein tolles Angebot. Auch, um sich Informationen zu holen: richtige, wichtige.

"Wir haben uns zum Glück ein tolles Netzwerk schaffen können. Das ist in unseren Berufsfeldern manchmal gar nicht so einfach, denn Ärzte und Hebammen geraten immer mal in Konflikt."

Wie viel Zeit steckt ihr in hallohebamme?

Anja Stern: Nur so viel Zeit, wie wir investieren können, denn wir sind und bleiben Hebammen. Dieses Projekt kriegt nur so viel Zeit eingeräumt, dass wir nicht unsere Berufe aufgeben müssen - dann wären es nämlich noch zwei Hebammen weniger. Das Gute ist, wir können das auf vier Schultern verteilen. Und seit einiger Zeit haben wir Gastautoren mit an Bord, die auch Artikel schreiben und dort ihre Informationen zur Verfügung stellen. So wird das Informationspaket immer größer, wertvoller, gehaltvoller, und es nimmt uns Arbeit ab.

Marie Kuon: Es gibt, wie Anja gerade schon sagte, Themen, die über unsere Grenzen hinausgehen, deshalb arbeiten wir interdisziplinär mit zum Beispiel Gynäkologen und Gynäkologinnen oder Kinderärzten zusammen. Wir haben viele Schnittpunkte, und wir haben uns zum Glück ein tolles Netzwerk schaffen können. Das ist in unseren Berufsfeldern manchmal gar nicht so einfach, denn Ärzte und Hebammen geraten immer mal in Konflikt. Wir konnten da aber gute Erfahrungen machen und haben einen echt tollen Austausch mit vielen Berufsgruppen und tollen Menschen.

"Unser Telefon steht nie still."

Welche Fragen haben Schwangere und werdende Mütter an euch?

Marie Kuon: Ganz viele. Es fängt an, wenn das Thema Kinderwunsch aufkommt. Wie man den unterstützen kann, dazu werden wir ganz viel gefragt, auch wenn wir da keine beratende Tätigkeit übernehmen dürfen, das müssen wir ganz klar sagen. Und dann, mit dem positiven Schwangerschaftstest, gehen die Fragen erst richtig los. Was kann ich gegen Übelkeit am Anfang der Schwangerschaft tun? Gegen die Müdigkeit? Dann ist es vielleicht schon das zweite oder dritte Kind, manche stillen auch noch, muss ich da etwas beachten? Das zieht sich über die ganze Schwangerschaft.
Dann gibt es viele Fragen, wenn die Geburt ansteht – wie läuft die ab? Vor allem beim ersten Kind, wenn man so gar nicht weiß, was einen da vielleicht erwartet, oder man keine Kurse besuchen konnte. Im Wochenbett geht’s gleich weiter: wenn die kleinen Erdenbürger geboren sind, dann erst recht.
Da ist immer viel Bedarf, und das macht unsere Arbeit aus, in den Austausch mit den Familien zu kommen. Es ist uns ganz wichtig, dass sie ihre Fragen immer loswerden können. Sie können uns auch immer erreichen, unser Telefon steht nie still.

Anja Stern: Das ist bestimmt in der Apotheke ganz genauso, Schwangere und Familien mit kleinen Kindern, die brauchen ganz viele Tipps, Tricks und auch Mittelchen. Da sind ganz viele Unsicherheiten und Fragen, bei denen wir dann auch an die Apotheke weiterverweisen: „Da ist viel Luft im Bauch, lass dich mal in der Apotheke beraten, was es da so gibt.“ Da sind also einige Überschneidungen.

Stimmt, man verweist aufeinander. Habt ihr eine Idee, wie Apotheken und Hebammen gut zusammenarbeiten können?

Anja Stern: Das haben wir uns auch schon gefragt. Wir arbeiten zwar zusammen, indem wir immer mal auf einander verweisen, aber es gibt kein richtiges Netzwerk, damit man mal in den Austausch kommt. Gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln und Produkten zur Hautpflege finden wir das schade, man könnte viel mehr interdisziplinär zusammenarbeiten.

Marie Kuon: Wir haben alle so viel Wissen, wenn man das mal bündeln würde, würde etwas ganz Tolles daraus entstehen! Ich glaube, indirekt arbeiten Apotheken und Hebammen schon immer zusammen, aber vielleicht müsste man da mal ein Netzwerk oder Event ins Leben rufen.

"Gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln und Produkten zur Hautpflege könnten Apotheken und Hebammen viel mehr zusammenarbeiten."

Gibt es solche Netzwerke denn mit anderen Berufsgruppen?

Marie Kuon: Schon eher, da gibt es Kongresse, die für Kinderärzte, Gynäkologen und Hebammen sind, auf denen man sich trifft und in Austausch kommt.

Anja Stern: Und Runde Tische gibt es auch immer mehr, zur Geburtshilfe zum Beispiel, da sind auch Gynäkologinnen, Kinderärzte und Hebammen vertreten.

Marie Kuon: Hebammen arbeiten jetzt auch immer häufiger in Kinderarztpraxen und gynäkologischen Praxen. Das ist toll.

Findet ihr es sinnvoll, sich für das Neugeborene eine kleine Hausapotheke anzulegen, sollte man schon ein paar Sachen zu Hause haben?

Anja Stern: Das ist ganz, ganz schwierig. Da arbeiten wir Hebammen auch nicht einheitlich. Es gibt Kolleginnen, die geben die Standards immer schon mit an die Hand. Andere sagen „Nee, jetzt wartet erstmal ab, bis euer Kind da ist. Dann ist immer noch alle Zeit der Welt.“

Marie Kuon: Ein Fieberthermometer zu Hause parat liegen zu haben ist natürlich immer gut. Aber sonst weiß man ja nicht, was das Kind braucht. Hat es Bauchweh, kauft man Mittel, die dagegen helfen. Hat das Kind aber gar keine Bauchschmerzen, dann hat man alles daliegen und braucht es überhaupt nicht. Deshalb raten wir zu schauen, wenn das Kind da ist: Was benötigt es, was braucht es überhaupt? Wie ist die Hautbeschaffenheit? Oft sind in den ersten zwei, drei Wochen ja auch die Väter mit zu Hause – was wir total schön finden, dass sie jetzt mehr Teil des Wochenbettes sind. Dann ist auch jemand da, der ein paar Sachen besorgen kann, sodass die Mama nicht losmuss. Oder man hat ein anderes Netzwerk, Freunde, Familie.

Anja Stern: Und ich sehe es noch aus einem anderen Gesichtspunkt: Wenn du sagst, du kaufst etwas erst, wenn es akut benötigt wird, dann holen die Familien es eher vor Ort. Das finde ich total wichtig, gerade in der aktuellen Zeit, wo alles digital läuft – zack, online bestellt. Aber wenn man sagt: Jetzt geht das Bauchweh los, wir brauchen heute etwas, dann ziehen sie mit dem Kinderwagen los zur nächsten Apotheke. Deshalb bin ich dazu übergegangen, zu sagen, außer dem Thermometer und vielleicht noch einer Kochsalzlösung wird der Rest wirklich erst besorgt, wenn es soweit ist. Denn dann machen sie erstens den Spaziergang und es wird zweitens vor Ort geholt. Das finde ich einen wichtigen Punkt.

"Wenn du sagst, du kaufst etwas erst, wenn es akut benötigt wird, dann holen die Familien es eher vor Ort."

Außer Bauchschmerzen, für welche Beschwerden suchen Eltern euren Rat noch?

Anja Stern: Was wirklich häufig vorkommt, ist, dass die Nasenschleimhäute austrocknen und die Kinder Popel kriegen. Und die sind ja Nasenatmer, die schniefen und schnaufen dann und brauchen etwas, womit sich alles gut lösen kann, da ist Kochsalzlösung etwas ganz Sinnvolles. Dann kommt es darauf an, ob man Homöopathie gegenüber offen ist, dann kann man dahingehend beraten.

Marie Kuon: Was fast jedes Kind in den ersten Monaten mal erlebt, ist ein wunder Babypopo.

Anja Stern: Oder trockene Haut.

Marie Kuon: Genau! Je nachdem, in welcher Schwangerschaftswoche das Kind geboren ist, schält es sich noch einmal ganzkörperlich. Was auch oft vorkommt, wogegen man aber nur wenig tun kann, ist der Reflux, also, dass die Babys viel Milch spucken. Und dann natürlich die Nabelpflege; da haben wir ein Auge drauf, dass alles gut verheilt. Oder Milchschorf, oder Kopfgneis.

Was empfehlt ihr bei Milchschorf, Kopfgneis oder zur Nabelpflege?

Anja Stern: Die Nabelpflege übernehmen wir. Wer eine Hebamme hat, muss sich darüber keinen Kopf machen, die kümmert sich darum. Leider gibt es das hierbei nicht, dass du das Lehrbuch unter Nabelpflege aufschlägst, „Aaaha, das ist der Standard“ und so machst du es. Sondern bei der Nabelpflege gibt es 10 000 verschiedene Varianten: von ganz in Ruhe lassen über Muttermilchpflege oder Kochsalz bis zu Heilwolle, Nabelpuder oder alkoholfreiem Desinfektionsmittel. Da gibt es wirklich alle Möglichkeiten, da kommt es auf die Kollegin an.
Wenn man keine Hebamme gefunden hat, kann man bei uns auf dem Blog nachschauen, da gibt es Tipps, Tricks und auch Bilder. Meistens ist aber gar nicht viel nötig. Und ist man sich unsicher, weil der Nabel ein bisschen gerötet ist oder nässt, schmiert, stinkt: immer einen Experten mit ins Boot holen, über eine Ambulanz oder man geht zum Kinderarzt.

Marie Kuon: Bei Kopfgneis und Milchschorf gibt es auch viele Varianten. Das gängigste „Allheilmittel“ ist Muttermilch. Dann gibt es verschiedene Öle, die man verwenden kann, die man einfach großflächig auf den Kopf aufträgt und gut einweichen lässt. Vielleicht nochmal ein Mützchen drüberziehen, dass die Kopfhaut das Öl gut aufnimmt, danach kann es runtergewaschen und ausgekämmt werden, und beim Auskämmen lösen sich die kleinen Schüppchen von der Kopfhaut. Hier muss man aber wirklich gut aufpassen, dass die Kopfhaut nicht einreißt. Und dann gibt es bestimmte Pflegeprodukte, die man verwenden kann, Waschlotionen aus der Apotheke zum Beispiel. Hier kommt es dann wirklich drauf an: Ist es jetzt ein Milchschorf oder ein Kopfgneis? Das macht einen Unterschied.

"Es gibt ganz tolle Rituale, damit man den Körper wahrnehmen kann, mit denen man sich für den Körper Zeit nimmt, sich auch geistig Zeit nimmt."

Wenn wir bei der Pflege sind: Der Körper der werdenden Mutter verändert sich ja in der Schwangerschaft. Was sind die schönen Aspekte daran, was ist eher unangenehm, und was kann die Schwangere da tun?

Marie Kuon: In der Schwangerschaft verändert sich ganz viel. Sowohl äußerlich, der Bauch fängt an zu wachsen, die Brust verändert sich, als auch innerlich, der Hormonhaushalt, das Blutvolumen. Das ist auch immer ganz spannend. Denn wenn wir Veränderungen an unserem Körper wahrnehmen, dann eigentlich über einen langen Zeitraum: Wir werden groß, wir wachsen, wir werden älter. Aber jetzt haben wir eine unglaublich schnelle Veränderung. Innerhalb von neun Monaten passiert so viel, ein Kind wächst heran, ein neuer Mensch wird geboren. Das ist ein Zustand, der ganz unterschiedlich aufgenommen wird.
Viele Frauen, die vielleicht auch nicht viele Beschwerden haben, nehmen das positiv an. Sie fühlen sich vor allem im zweiten Trimenon, wenn der Bauch, die Kugel, sichtbar wird, und die Rundungen kommen, die Brust größer wird, ganz weiblich. Das empfinden sie als sehr natürlich und schön.
Und andere nehmen es nicht so gelassen auf. Vor allem, wenn es um Dehnungsstreifen geht. Dann gibt es ganz tolle Rituale, damit man den Körper wahrnehmen kann, mit denen man sich für den Körper Zeit nimmt, sich auch geistig Zeit nimmt.

Anja Stern: Ich finde es ganz spannend, was Marie da zu den Ritualen erzählt. Denn gerade durch Corona ist ja alles einmal durchgeschüttelt, verquer und auf den Kopf gestellt. Und dadurch geht auch den Partnerinnen und Partnern ganz viel verloren. Die können nicht mehr mit zu den Vorsorgeterminen in der Schwangerschaft, sie sind bei den Ultraschalluntersuchungen nicht dabei. Klar sehen sie, dass der Körper der Frau sich verändert, aber sie stehen irgendwie nebendran.
Und wenn man sich dann solche Rituale schafft  – wie einmal täglich gemeinsam den Bauch einzuölen, sich die Zeit dafür zu nehmen, sich Ruhe zu gönnen, Kontakt zum Kind aufzunehmen – dann ist das etwas ganz Schönes, mit dem man den Partner oder die Partnerin aktiv einbinden und an der Schwangerschaft teilhaben lassen kann. Und wenn man dann noch ein gutes Öl hat, tut man gleichzeitig der Haut etwas Gutes.

Marie Kuon: Und man kann die Veränderungen des Körpers als Frau noch einmal anders wahrnehmen und vielleicht auch annehmen. Vor allem, wenn man das zu zweit macht. Oder, wenn schon kleine Kinder da sind, dass man die einbezieht. Oder man behält das Ritual für sich allein, genießt einfach alleine kurz seinen Bauch, atmet kurz durch, trinkt vielleicht noch eine Tasse Tee dazu.

"Durch Corona ist alles einmal durchgeschüttelt, verquer und auf den Kopf gestellt. Dadurch geht auch den Partnerinnen und Partnern ganz viel verloren. Die können nicht mehr mit zu den Vorsorgeterminen in der Schwangerschaft, sie sind bei den Ultraschalluntersuchungen nicht dabei."

Was kann man sich in der Schwangerschaft noch Gutes tun?

Anja Stern: Da gibt es noch vieles! Eine gute Sache sind zum Beispiel Öle mit speziellen Inhaltsstoffen, um die Geburtswege und den Damm vorzubereiten. Oder Raumdüfte gegen Schwangerschaftsübelkeit oder für den Schlaf. Oder solche, die man sich mit an den Geburtsort nehmen kann, um eine wohlige Atmosphäre zu schaffen. Oder eine spezielle Tee-Mixtur für Auszeiten, die Milchbildung oder zum Wehen-Anregen.

Marie Kuon: Sitzbäder sind auch ein Thema, geburtsvorbereitend oder auch danach, wenn Geburtsverletzungen aufgetreten sind.

Und was sollte ein gutes Öl können?

Anja Stern: Die Öle sollten keine Farbstoffe, synthetischen Duftstoffe, Silikone oder Konservierungsmittel enthalten. Wenn du dann noch eine Rezeptur gefunden hast, die wunderbar riecht, sich gut auftragen lässt und ein tolles Hautgefühl hinterlässt, hast du ein tolles Produkt. Das hat nicht nur in der Schwangerschaft einen pflegenden Effekt, sondern holt die Frauen auch nach der Geburt super ab, weil sich die Dehnungsstreifen und die Narben von den geburtlichen Verletzungen nachweislich verbessern, wenn man das Öl regelmäßig anwendet.

Pflegeöle für die Schwangerschaft sollten ausschließlich unbedenkliche Inhaltsstoffe enthalten, da die Mutter die Substanzen über die Haut aufnehmen und an ihr Kind weitergeben kann. Anja Stern sagt: „Das ist wie bei der Nahrungsaufnahme. Und was dort gilt, gilt auch für die Hautpflege: Ein vitaminreicher, ausgewogener Mix ist das Beste!“ Anja Stern und Marie Kuon empfehlen deshalb Öle aus Superfoods: zum Beispiel aus Chia-Samen mit vielen Omega-3-Fettsäuren, die Feuchtigkeit spenden, aus Granatapfel-Kernen, die gegen Dehnungsstreifen unterstützen, Inka-Nuss-Öl, das die Elastizität der Haut verbessert oder auch Weizenkeim-Öl mit Vitamin E. Auch bekannte pflanzliche Öle wie Jojoba-Öl, die Öle der Römischen Kamille, Lavendel und Rosmarin eignen sich in der Schwangerschaft gut.

Warum ein Öl und keine Emulsion, die auch Wasser enthält?

Anja Stern: Es ist natürlich Typsache, welche Haptik man bevorzugt. Aber Öl zieht einfach viel besser ein. Man ist ruckzuck gepflegt, die Haut wird genährt und nichts klebt. Das ist einfach schön.

"Mein Kind hat mir das erste Bild gemalt und ich werde es ewig auf meinem Bauch tragen."

Ist der Leidensdruck bei Frauen mit Dehnungsstreifen denn hoch?

Marie Kuon: Ich glaube, viele, die schwanger werden, machen sich Gedanken darum. Je größer der Bauch wird, merken wir, dass das Thema die Frauen beschäftigt. Wenn Dehnungsstreifen entstehen, kommt es darauf an, wie man damit umgeht und den Körper annimmt. Ich habe mal eine Frau im Wochenbett betreut, die viele Dehnungsstreifen bekommen hatte, und sie sagte zu mir: „Weißt du, Marie, ich finde das eigentlich gar nicht schlimm. Ich nehme das so auf, dass mein Kind mir das erste Bild gemalt hat und ich es für ewig auf meinem Bauch tragen werde.“ Das fand ich so eine schöne Assoziation! Das erzähle ich jetzt immer den Frauen, die ein bisschen traurig darüber sind.
Wir müssen die Frauen darin bestärken und ihnen aufzeigen, was sie eigentlich Tolles geschaffen haben. Was der Körper auch im Stande war zu leisten, das ist eine wahnsinnige Aufgabe. Das ist großartig. Ob da jetzt ein kleiner Streifen ist, darauf kommt es nicht an. Trotzdem muss man sagen, der Leidensdruck ist da, das beschäftigt viele Frauen.

Anja Stern: Man merkt aber: eher vorab. Vor der Schwangerschaft ist das ein großes Thema. Während der Schwangerschaft sind die Streifen dann da, und man lernt, damit umzugehen. Vielleicht, weil man daran auch nochmal merkt, das Kind wächst heran. So, wie man es am Strampeln merkt.

Marie Kuon: Und dann ist es da, und man sieht, was man geschaffen hat. Das ist viel mehr wert als ein Streifchen.

Pflegt man sich nachgeburtlich anders als in der Schwangerschaft?

Marie Kuon: Das Gute an Pflegeölen ist, dass man sie auch im Wochenbett anwenden kann, das empfehlen wir auch. Der Bauch geht ja recht schnell wieder zurück, aber die Haut braucht Zeit dafür. Und auch, wenn wir wissen, dass es Wichtigeres gibt – oder viele Frauen das so empfinden –, vergessen die Frauen sich dabei selbst manchmal ein bisschen. Weil man möchte, dass mit dem Kind alles gut läuft und es gut versorgt ist, stellt man sich zurück. Aber da kann man sich auch wieder kleine Rituale schaffen, wie, dass man sich nach einer Dusche nochmal ganz schnell den Bauch einölt.
Es gibt auch eine Wochenbettmassage, das sind bestimmte Massagetechniken und Griffe, die man zusammen mit Partner und Partnerin machen kann oder die wir im Rahmen unserer Wochenbettbesuche mit den Frauen durchführen. Manchmal bereiten wir so die Geburtserlebnisse nochmal auf. Wir sprechen viel darüber und es geht auch viel über Berührung.
Anja hat gerade schon gesagt, dass eine Massage mit Öl auch bei der Narbenbildung helfen kann. Da muss man nur aufpassen, dass die Narbe dann schon gut verschlossen ist.

"Es gibt keinen klaren Punkt X, ab dem man das macht, und wenn nicht, ist man eine schlechte Mutter."

Und wie pflegt man die Babyhaut?

Anja Stern: Gute Frage!

Marie Kuon: Auch hier sagen wir Hebammen immer, so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Eher weniger als mehr, und tatsächlich nur, wenn Bedarf da ist. Denn nach der Geburt haben die Babys ja erstmal die Käseschmiere auf der Haut, die pflegend wirkt, und die Haut der Neugeborenen ist viel durchlässiger als bei Erwachsenen. Deshalb sollte man aufpassen, dass man die Kinder nicht zu viel, prophylaktisch von oben bis unten, eincremt. Und beim Baden, dass man die riesen Schaumwanne mit Schaumkrone hintenanstellt, erstmal nur in klarem Wasser mit vielleicht etwas Muttermilch badet. Und dass man mit der Pflege nur da ansetzt, wo Bedarf ist, am wunden Babypopo zum Beispiel.

Anja Stern: Typisch ist auch, dass die Haut an den Handgelenken oder an den Fußfesseln trocken und rissig wird. Da kann man mit einem neutralen Öl oder einer Pflegecreme behandeln, damit es nicht blutig wird. Wir werden auch ganz oft gefragt, ab wann man Pflegeprodukte – das Schaumbad, die Pflegelotion – denn jetzt verwenden soll. Da gibt es keinen klaren Punkt X, ab dem man das macht, und wenn nicht, ist man eine schlechte Mutter. Wenn dein Kind anfängt, aktiver zu werden, es sich interessiert, mehr Dinge in die Hand nimmt, herumkriecht und langsam speckig wird, dann kann man zu so einem Produkt greifen. Aber das muss jede Familie für sich selbst entscheiden.

Das Interview führte Gesa Van Hecke.

Quellen:
Interview mit Marie Kuon und Anja Stern
www.hallohebamme.de 
https://www.kartenmacherei.de/studie-hebammen/pdf/Whitepaper-Mangel-an-Hebammen-in-Deutschland.pdf 

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