Eine Frau mit Babybauch sitzt auf dem Sofa und hustet.© Prostock-Studio / iStock / Getty Images Plus
Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung gegen Influenza allen werdenden Müttern ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel.

Influenza

GRIPPE IN DER SCHWANGERSCHAFT - INFEKTANFÄLLIGES BABY

Erkrankt eine werdende Mutter an Influenza, hat ihr Kind in den ersten Monaten ein erhöhtes Infektionsrisiko. Bislang war dies reine Statistik. Forscher konnten nun im Tierversuch kausale Zusammenhänge entschlüsseln. Die entscheidenden Mechanismen spielen auch bei COVID-19 eine Rolle.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Die echte Grippe fordert schon Gesunde heraus, oft sind sie noch Wochen nach der Infektion geschwächt. Bei Risikogruppen kommt es immer wieder zu schweren, manchmal tödlichen Verläufen – zu diesen Risikogruppen zählen auch Schwangere. Doch nicht nur die werdende Mutter ist während der Infektion in Gefahr. Professorin Gülsah Gabriel von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) leitet die Abteilung „Virale Zoonosen – One Health“ am Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI) in Hamburg. Sie erklärt:

„Es gibt bereits mehrere unabhängige Hinweise aus humanen Studien, dass Kinder, deren Mütter eine Influenza in der Schwangerschaft hatten, in den ersten Lebensmonaten ein erhöhtes Infektionsrisiko besitzen. Bislang waren dies Assoziationsstudien. Die Befunde in dem neuen Tiermodell zeigen nun zum ersten Mal, dass es hier eine klare Kausalität zwischen der Virusinfektion in der Schwangerschaft und der erhöhten Vulnerabilität der Nachkommen gegenüber Infektionen gibt.“

An der HPI/TiHo-geleiteten Studie waren auch das Imperial College London, das Helmholtz Zentrum München und weitere Forschungsinstitutionen beteiligt. Die Ergebnisse erschienen nun im wissenschaftlichen Journal „Nature Communications“: Eine Grippeinfektion während der Schwangerschaft erhöht die Infektanfälligkeit des Kindes, auch gegenüber Bakterien und anderen Viren, vor allem in den ersten Lebensmonaten.

Dafür sind mehrere Mechanismen verantwortlich. Die drei wichtigsten:

  • Das Influenzavirus aktiviert das Immunsystem in der Lunge.
  • Die Infektion führt zu einem niedrigen Geburtsgewicht.
  • Die alveolaren Makrophagen, also die Fresszellen auf der Oberfläche der Lungenbläschen, können Erreger nicht richtig erkennen.

Das liegt unter anderem an den inflammatorischen Zytokinen in der Lunge der Mutter, insbesondere von Interleukin-6, dem Tumornekrosefaktor, dem Monocyte Chemoattractant Protein-1 und Interleukin-1ß. Nicht nur Influenzaviren, sondern auch andere respiratorische Erreger wie SARS-CoV-2 induzieren diese Botenstoffe. Gabriel betont:

„Diese Studien zeigen wiederholt, dass schwangere Frauen einen besonderen Schutz in Epidemien und Pandemien brauchen, um sich selbst, aber auch die nächste Generation zu schützen.“

Aktuell empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung gegen Influenza allen werdenden Müttern ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel. Da die zugelassenen Vakzinen Totimpfstoffe sind, ist eine Impfung auch schon im ersten Drittel möglich. Auf den Seiten des Robert Koch-Instituts heißt es dazu: „Die Sicherheit der Impfstoffe wurde sowohl für Schwangere als auch für Ungeborene bestätigt.“

Auch die Abstandsregeln, wie sie während der Corona-Pandemie empfohlen werden, helfen werdenden Müttern, sich vor der Grippe zu schützen. Das zeigt sich auch darin, dass die Grippesaison 2020/21 ausblieb.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news774321
Henning Jacobsen, Kerstin Walendy-Gnirß, Gülsah Gabriel et al.: „Offspring born to influenza A virus infected pregnant mice have increased susceptibility to viral and bacterial infections in early life“, Nature Communications, 16. August 2021.
https://www.nature.com/articles/s41467-021-25220-3
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ11.html
https://www.scientificamerican.com/article/flu-has-disappeared-worldwide-during-the-covid-pandemic1/

×