Geschwollene Lymphknoten, Halsschmerzen und Fieber – die ersten Anzeichen lassen nicht unbedingt sofort auf das Pfeiffersche Drüsenfieber schließen. © Stockbyte / Getty Images Plus

Viruserkrankungen

INFEKTIÖSE MONONUKLEOSE: DAS ELEND TRÄGT VIELE NAMEN

Studentenkrankheit, Kusskrankheit oder Pfeiffersches Drüsenfieber – der Volksmund kennt viele Namen für die durch das Eppstein-Barr-Virus übertragene Infektionskrankheit. Nicht immer schließt man aus den auftretenden Symptomen direkt auf die Virusinfektion.

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Die Namen kommen nicht von Ungefähr: Kissing Fever oder Kissing desease weisen auf den Ansteckungsweg hin. Mit dem Virus infiziert man sich über eine Tröpfcheninfektion, vornehmlich mit Speichel und dadurch eben auch durchs Küssen. Die Erkrankung betrifft vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene; über 90 Prozent aller Menschen tragen das Virus in sich. So gesehen keine seltene Krankheit - warum das Virus bei manchen nur schlummert oder gar eine lebenslange Symbiose eingeht und bei anderen zu einer mittleren bis schweren Erkrankung führt, ist noch unklar. Ein Faktor scheint jedoch das Lebensalter zu sein: Wer sich früh ansteckt, hat ein geringeres Risiko schwer zu erkranken. So verläuft eine Infektion mit EBV bei kleinen Kindern oft komplett symptomlos.

Das Virus
Das Eppstein-Barr-Virus (EBV) gehört zu der Familie der Herpesviren und ist somit ein behülltes Virus mit einer doppelsträngigen DNA als Genom. Seiner Familienzugehörigkeit verdankt es die Bezeichnung HHV 4, Humanes Herpesvirus 4. Es wurde in den 1960er Jahren von Tony Epstein und Yvonne Barr in einem B-Lymphozyt eines Lymphom-Patienten entdeckt. Damit ist es das erstentdeckte krebsauslösende Virus, ein sogenanntes Onkovirus. Weltweit infizieren sich Menschen mit EBV, der Mensch ist das alleinige Erregerreservoir. Normalerweise kann ein intaktes Immunsystem das Virus kontrollieren und es kommt nicht zum Ausbruch einer Erkrankung. Das Virus ist aber geschickt: Es nistet sich in B-Lymphozyten ein und entgeht so der körpereigenen Abwehr. Im Gegensatz zu anderen Viren, wie beispielsweise HIV, setzt es allerdings in den B-Lymphozyten keine Virusproduktion in Gang. Es wartet einfach ab. Kommt es zu einer ausgeprägten Immunschwäche (z.B. AIDS, nach Organtransplantation oder Chemotherapie) wird es reaktiviert, nicht durch das geschwächte Immunsystem gebremst und kann sich so unkontrolliert vermehren. Dadurch kann es zur Entstehung schwerwiegender Erkrankungen wie zum Beispiel dem Burkitt-Lymphom oder Morbus Hodgkin kommen.

 

Akute EBV-Infektion oder Mandelentzündung? Der Ausbruch des Pfeifferschen Drüsenfiebers, das seinen Namen übrigens von dem Kinderarzt und Entdecker Emil Pfeiffer (1846-1921) trägt, kennzeichnet klassischerweise eine akute Infektion mit EBV. Bis die ersten Symptome auftreten, können 8 bis 21 Tage vergehen, in einigen Fällen sogar bis zu 50 Tage. Der genaue Zeitpunkt der Ansteckung ist daher in den meisten Fällen schwer nachzuvollziehen. Meist treten zuerst unspezifische, grippeähnliche Symptome wie Fieber, eine ausgeprägte Müdigkeit (Fatigue), Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten auf. Nicht selten wird eine Infektion zu Beginn daher mit einem grippalen Infekt verwechselt. Ein Blick in den Hals zeigt häufig einen weißlich-grauen Belag auf den Rachenmandeln, weshalb zunächst mittels Rachenabstrich eine bakterielle Infektion ausgeschlossen werden sollte. Gelegentlich tritt Hautauschlag unterschiedlicher Schwere auf. Wird Amoxicillin gegen eine vermeintliche Mandelentzündung verschrieben, kann dies den Ausschlag, der von kleinen Rötungen bis hin zu Schwellungen mit starkem Juckreiz reichen kann, verstärken.

Daher ist es sinnvoll, bei Verdacht auf eine EBV-Infektion zusätzliche Untersuchungen einzusetzen. Häufige Symptome, die im weiteren Verlauf der Infektion auftreten, sind eine tastbar vergrößerte Leber, erhöhte Leberwerte und eine veränderte Leukozytenzahl im Blut (Leukozytose mononukleärer Zellen, daher Name Mononukleose). Ein differenzialdiagnostisches Blutbild und der Nachweis von EBV-Antikörpern im Blut tragen daher ausschlaggebend zur Diagnostik bei. Der Arzt hat die Wahl zwischen verschiedenen Testverfahren, unter anderem ist auch ein Schnelltest auf EBV möglich, der vom Aufbau her einem Schwangerschaftstest gleicht. Durch die verschiedenen Testverfahren ist es dem Arzt auch möglich, zwischen einer frischen Infektion und einer bereits länger schwelenden Infektion zu unterscheiden. Dies gelingt dadurch, dass zu Beginn der Infektion vor allem IgM-Antikörper auftreten, im späteren Verlauf Immunglobuline vom Typ IgG. IgG-Antikörper richten sich dabei speziell gegen Epstein-Barr Nuclear Antigene und werden erst im späteren Infektionsverlauf gebildet.

Weitere Symptome sind des Weiteren eine häufig vergrößerte Milz, seltener treten auch Appetitlosigkeit, Schwindel und Nachtschweiß auf. In der Regel klingt die Infektion nach einigen Wochen ab und ist nach zwei Monaten komplett ausgeheilt. Sehr selten treten Komplikationen auf. Dazu gehören unter anderem Atemnot durch eine Verengung der Atemwege sowie der lebensbedrohliche Notfall einer gerissenen Milz. Etwa zehn Prozent der Infizierten leiden allerdings noch nach einem halben Jahr unter Erschöpfung und Müdigkeit. Trotzdem spricht man in diesem Fall nicht von einer chronischen Infektion, die Abheilungsdauer ist lediglich verlängert. Fast alle Fälle der akuten Mononukleose heilen folgenlos aus. Und auch wenn das Virus nun ein Leben lang im Körper verbleibt, kleinere Reaktivierungen bei einer akuten Immunschwäche führen nicht noch einmal zu Mandelentzündung, Fieber und Co.

Wie behandeln?
Da es sich um eine Viruserkrankung handelt, können Antibiotika in diesem Fall nichts bewirken. Es wird lediglich symptomatisch mit schmerzstillenden und fiebersenkenden Arzneistoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol behandelt. Die gesteigerte Einnahme von Paracetamol sollte allerdings mit dem Arzt besprochen werden, um eine unnötige Belastung der Leber zu vermeiden. Sowieso steht neben der Schonung des ganzen Körpers vor allem die Behandlung von Leber und Milz mit Samthandschuhen im Vordergrund, um Komplikationen zu vermeiden. Das bedeutet vor allem: Ruhe, viel Schlaf, kein Sport, kein Alkohol und keine großen und schweren Mahlzeiten. Und ebenfalls sehr wichtig: Geduld. Das Schonprogramm sollte mindestens vier Wochen durchgehalten werden, auch wenn man sich schon besser fühlt. Sollten schwere Verlaufsformen auftreten, kann die Einnahme von antiviralen Wirkstoffen wie Ganciclovir oder Aciclovir erwogen werden. Bei zusätzlich starker Schwellung im Rachen- oder Lymphbereich kann Cortison eingesetzt werden.

Und wie lange ist man ansteckend?
Eine Ansteckung per Tröpfcheninfektion ist vor allem in der Inkubationszeit möglich. Das bedeutet, man kann sich mit dem Virus anstecken, wenn der Träger mit dem Virus infiziert ist, es aber noch nicht ausgebrochen ist. Aber auch nach dem Ausheilen der Erkrankung finden sich noch höhere Konzentrationen im Speichel. Dazu kommt, dass der Erreger lebenslang im Körper verbleibt und, wenn auch in niedrigen Konzentrationen, immer mal wieder mit dem Speichel ausgeschieden werden kann. Somit kann es im Grunde durchgehend sehr effektiv auf andere Menschen übertragen werden. Häufig passiert dies schon im Kindesalter: Kleine Küsse von Mama oder Papa können das Virus auf das (Klein-)Kind übertragen. Und das fast immer ohne Symptome auszulösen. Es ist unauffällig, effektiv und schnell – kein Wunder also, dass über 90 Prozent der Weltbevölkerung mit ihm infiziert sind. Ein paar gute Nachrichten noch zum Schluss: Wer einmal Pfeiffersches Drüsenfieber hatte, bekommt es nicht mehr. Und auch wenn es bislang keine Impfung gibt, verlaufen die meisten Infektionen symptomlos und heilen folgenlos aus, zumindest, wenn das Immunsystem intakt ist. Es scheint also daher keinen Anlass zu geben, aus Angst vor einer Ansteckung auf das Küssen generell zu verzichten.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: 
www.apotheken-umschau.de/Pfeiffersches-Druesenfieber

https://krankenhaushygiene.med.uni-rostock.de/fileadmin/Institute/hygiene/Dokumente/Routine/Einsenderhinweise/D_Virologie/EBV.pdf

https://www.uniklinik-freiburg.de/fileadmin/mediapool/08_institute/virologie/pdf/Diagnostik/EBV_Abbott2012_neu.pdf

https://heimtest-schnelltests.de/pfeiffersches-druesenfieber/

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/pfeiffersches-druesenfieber-erfordert-geduld/

http://flexikon.doccheck.com/de/Pfeiffersches_Dr%C3%BCsenfieber

http://flexikon.doccheck.com/de/Epstein-Barr-Virus

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