© Beat Ernst, Basel

Heilpflanzen

INDISCHER FLOHSAMEN – EIN WAHRES QUELLWUNDER

Die Samen und Schalen zählen zu den physiologischen Regulantien, die eine gestörte Darmfunktion normalisieren. Auch wirken sie sich positiv bei erhöhten Cholesterinwerten aus.

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Die indische Flohsamen bestehen aus den reifen Samen von Plantago ovata FORSSK. , einer in Indien und Iran heimischen Pflanze aus der Gattung Plantago (Wegerich). Sowohl der Gattungsname Plantago (von lat. planta = Fußsohle) als auch die deutsche Bezeichnung Wegerich beziehen sich auf das reichliche Vorkommen des niedrig wachsenden Krautes auf Wegen, wo es mit den Füßen platt getreten wird.

Die einjährige Pflanze aus der Familie der Plantaginaceae (Wegerichgewächse) besitzt grundständige, lange, lineale, weiß-flaumig behaarte Blätter, die in eiförmigen Rosetten flach am Boden wachsen. Die kleinen Blüten stehen in kurzen, dichten Ähren, die kaum über die Blätter hinausragen. Die Kapselfrucht enthält 1,5 bis 3,5 Millimeter lange kahnförmige Samen, die in ihrer Farbe von rötlich-gelb bis bräunlichgrau- rosa variieren und an Flöhe erinnern, was der Droge den deutschen Namen Flohsamen eingebracht hat.

Schleimstoffe Arzneilich werden die ganzen Samen (Plantaginis ovatae semen) sowie deren Schalen (Plantaginis ovatae seminis tegumentum) aufgrund des hohen Gehaltes an Schleimstoffen (20 bis 30 Prozent) verwendet. Diese befinden sich in der äußeren Schicht der Samenschale und bestehen aus verschiedenen, verzweigten Polysacchariden, die in Wasser stark aufquellen und eine gelartige Masse bilden. Der Gehalt an Quellstoffen wird als Quellungszahl angegeben und ist bei der Samenschale wesentlich höher (mindestens 40) als beim ganzen Samen (mindestens 9). Daneben enthalten die Samen Proteine und fettes Öl.

Füll- und Quellstoffdroge Das wesentliche Wirkprinzip der Droge beruht auf ihrem starken Quellungsvermögen im Verdauungstrakt. Die Schleimstoffe binden Wasser und vergrößern das Stuhlvolumen bis auf das 10- bis 15-fache. Damit wird ein Dehnungsreiz auf die Darmwand ausgelöst, wodurch die Peristaltik angeregt und die Transitzeit des Darminhaltes verkürzt wird.

Neben dem laxierenden Effekt kommt es auch zu einer antidiarrhoischen Wirkung, indem die Schleimpolysaccharide überschüssige Flüssigkeit im Darm aufnehmen und so den Darminhalt eindicken. Darüber hinaus binden sie bei entzündlichen Darmerkrankungen Bakterientoxine, wirken damit mucoprotektiv und können zur Verlangsamung der Darmpassage und zum Rückgang der Stuhlfrequenz beitragen.

Außerdem wirken Flohsamen und ihre Schalen cholesterinsenkend, da Gallensäuren und Cholesterin an den Schleim gebunden und damit nicht mehr rückresorbiert und folglich mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Auch kann aufgrund einer Hemmung der intestinalen Glukoseabsorption eine blutzuckersenkende Wirkung beobachtet werden.

VERSCHIEDENE FLOHSAMEN Im Europäischen Arzneibuch sind der indische Flohsamen (Plantaginis ovatae semen) sowie seine Samenschalen (Plantaginis ovatae seminis tegumentum) monografiert. Eine weitere, sehr ähnliche Arzneibuchdroge aus der Familie der Wegerichgewächse ist der Flohsamen (Psylli semen), der aus dem Mittelmeerraum stammt. Die meisten deutschen Flohsamenpräparate enthalten die indische Variante, und zwar vor allem die Samenschalen, da ihre Quellwirkung etwa dreifach höher ist als die des ganzen Samens. Sie sind dementsprechend niedriger zu dosieren. Die Tagesdosis der Schalen liegt laut Monografie der Kommission E bei 4 bis 20, die des Samens bei 12 bis 40 Gramm.

Bei Verstopfung und Durchfall Indische Flohsamen und ihre Schalen haben sich bei den Indikationen habituelle Obstipation und Erkrankungen, bei denen eine erleichterte Darmentleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist (z. B. Analfissuren, Hämorrhoiden, nach rektal-analen operativen Eingriffen), bewährt. Sie können auch in der Schwangerschaft als mildes Abführmittel eingesetzt werden.

Außerdem kommen sie zur unterstützenden Therapie bei Durchfällen unterschiedlicher Genese sowie beim Reizdarm zur Anwendung. Die Monografie der ESCOP berücksichtigt darüber hinaus die cholesterinsenkende Wirkung und erkennt die indischen Flohsamenschalen zur unterstützenden Behandlung der leichten Hypercholesterinämie an.

Nie ohne Wasser Die Droge kann ihre Wirkung nur bei ausreichender Flüssigkeitsaufnahme entfalten. Deshalb sollte eine Einzeldosis zunächst mit circa 200 Milliliter Wasser vorquellen und ein bis zwei Gläser Wasser nachgetrunken werden. Milch eignet sich nicht, da sie nicht in die Schleimstoffe eingelagert wird und somit zu keiner Quellung führt.

Achtung Wechselwirkungen! Da die Schleimstoffe eine Resorption verhindern können, sollten andere Medikamente erst 30 bis 60 Minuten nach der Anwendung eingenommen werden. Bei insulinpflichtigen Diabetikern kann eine Dosisreduktion erforderlich sein.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/12 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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