© Epifantsev / iStock / Getty Images
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No-Go’s in der Apotheke

IM TEAM MUSS ES STIMMEN

Gerade erörtert die PTA zusammen mit dem Kunden, wann und wie der Botendienst heute Abend doch noch das benötigte Medikament anliefern könnte, da grätscht die Kollegin von der Seite dazwischen: „Das geht nicht.“

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Wer als Kunde einen Wortwechsel zwischen Apothekenangestellten mitbekommt, bei dem eine gewisse aggressive Grundhaltung vorherrscht, der wird sich unwohl fühlen. Unwirsches Abwinken, der stille Vorwurf der Inkompetenz, ein Apotheker, der einfach so das Beratungsgespräch übernimmt – das kommt nicht gut an. Kunden merken, wenn es zwischen den Teammitgliedern nicht stimmt. Und wenn gar ganz offen Streitereien miteinander ausgetragen werden („Wir haben hinten besprochen, dass heute kein Botendienst mehr fährt, dann kannst du nicht einfach was annehmen“), ist die Gefahr groß, dass er gar nicht mehr wiederkommt.

Viele Charaktere, ein Team Jede Apotheke ist ein kleiner Mikrokosmos für sich. In ihr arbeiten Menschen, zum Großteil Frauen, die ihre eigene Geschichte haben und eigene Bedürfnisse. Es gibt Angestellte, die sind schon sehr lange da und solche, die erst vor kurzem dazugestoßen sind. In einer Ansammlung von Menschen gibt es immer auch Hierarchien, es gibt Machtspiele und das Austarieren der verschiedenen Charaktere: Der eine liebt die Harmonie, der andere bestimmt gern wo’s langgeht und noch ein anderer kann einfach nicht ohne die tägliche kleine Intrige. PTA sind jedoch ein besonderer Menschenschlag: Sie sind die geborenen IdealistInnen und im Idealfall sehr empathisch, können sich gut in andere hineinfühlen.

Und somit sind sie wie geschaffen für TeamplayerInnen – allerdings nur, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Der Kunde merkt, wenn Unfrieden im Team herrscht, allein schon durch die Tatsache, dass er nicht im Mittelpunkt steht. Nein, die Verhältnisse unter den Angestellten sind es, die in diesem Fall wichtig sind. Gerade im Gesundheitssektor ist es jedoch sehr wichtig, dass ein Kunde sich inmitten kompetenter Berater geborgen fühlt.

Wehe, wenn sie losgelassen Die Chefin/der Chef hat hier eine besondere Verantwortung. Falls seine Angestellten nämlich allein das Regiment übernehmen, kann das unangenehme Folgen haben. In einem funktionierenden Team ist es kein Problem, die Zuständigkeiten bei einem krankheitsbedingten Ausfall schnell neu zu verteilen („Dann gehst du ins Labor, ich mache die Bestellungen, einer den Botendienst, die vierte bleibt vorn …“). In einem Team, in dem alle schalten und walten können wie sie wollen, geht das nicht mehr. Die eine findet es unter ihrer Würde, im Labor Cremes anzurühren, die zweite würde im Leben nicht ins Apothekenauto steigen, der dritte macht aus Prinzip keinen Wochenenddienst und dann gibt es eben auch solche, die alles besser wissen und sich schon mal ins Beratungsgespräch einschalten.

Manche streiten sich im Backoffice so laut, dass die Kundschaft jedes Wort mithören kann oder geben wahlweise die Geschichten des Wochenendes von sich. Es gibt (weise) Chefs in größeren Apotheken, die ihren Arbeitsalltag ganz und gar der Mitarbeiterführung verschrieben haben. Große Teams werden in viele kleinere aufgeteilt, regelmäßige Schulungen sind Pflicht, bei Bedarf gern auch einmal zum Thema zwischenmenschliche Kommunikation. Kümmert sich ein Chef nicht darum, zum Beispiel durch turnusmäßige Mitarbeitergespräche, kann ein Apothekenteam leicht aus dem Ruder laufen. Leidtragender ist dann immer der Kunde.

So manche Apotheke wundert sich, dass die Kundschaft nach und nach ausbleibt und merkt gar nicht, dass es am disharmonischen Team liegt. Zumal der Chef, der seine Führungsverantwortung nicht wahrnimmt, auch damit rechnen muss, dass ihm die Angestellten davonlaufen. Denn eine PTA, die damit beschäftigt ist, sich inmitten einer feindseligen Gruppe zu behaupten, kann sich nicht auch noch um den Kunden kümmern und geht zum Arbeiten lieber in eine andere Apotheke, in der der Chef die Richtlinienkompetenz auch wahrnimmt. Um Personal zu halten, muss Weiterbildungswillen belohnt und Wertschätzung gezeigt werden.

Old School Aber da PTA doch sehr häufig ausgesprochen gutherzige Menschen sind, gibt es auch diese anderen, rührenden Beispiele aus dem Mikrokosmos Apotheke: Da es für Apotheker keine Altersbeschränkung gibt, sind da auch die langjährigen Angestellten, die ein wenig auf den weißhaarigen, nicht computeraffinen Chef aufpassen und in Wirklichkeit den ganzen Laden allein schmeißen.

Ihnen ist es zu verdanken, dass die Stimmung im kleinen Team harmonisch, jede alte Ziehschublade geölt ist und sämtliche wichtigen Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung ein- gehalten werden. Es hat schon Pharmazien gegeben, bei denen sich die Angestellten völlig selbstständig Fachkompetenzen aneigneten und diese zum Markenkern der Apotheke ausbauten. In einer solchen Apotheke fühlt sich jeder Kunde wohl. Er wird immer wiederkommen und es bedauern, wenn diese Offizin einmal schließt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 52.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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