Schnecke © Alice Fox / iStock / Getty Images Plus
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Husten

„ICH BIN SO VERSCHLEIMT …“

Alle Jahre wieder sorgt die Erkältungszeit für den steilen Anstieg jener Apothekenkunden, die nach einem Präparat gegen Husten verlangen. Verschleimte Bronchien und lästiger Hustenreiz gehören jetzt zu den häufigsten Gründen für den Gang in die Apotheke.

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Der Erkältungshusten, die am meisten verbreitete Variante des Symptoms Husten, wird überwiegend durch über Tröpfcheninfektion übertragene Viren hervorgerufen. Sie wandern in die Bronchien, besiedeln die Schleimhäute der oberen Luftwege und zwingen die Schleimhautzellen neue Viren zu bilden. Es kommt zu Entzündungen und vermehrter Schleimbildung. Beides löst den Hustenreflex aus, der sich dann als Hustenreiz bemerkbar macht.

Mit trockenem Reizhusten geht es losIn den ersten Tagen einer Erkältung führt die Reizung von Chemorezeptoren zur Freisetzung von Entzündungssubstanzen in den Atemwegen. Dadurch wird ein unproduktiver, trockener Husten ausgelöst. Dieser sogenannte Reizhusten ist oftmals schmerzhaft, da sich in diesem Stadium noch kein Schleim gebildet hat. Da stresst jeder Hustenstoß die entzündete Schleimhaut noch mehr. Es entsteht ein Teufelskreis aus Entzündung und erhöhter Empfindlichkeit, der durch die Einnahme eines Hustenstillers unterbrochen werden sollte.

Dann wird es feucht Im weiteren Verlauf reagieren die Schleimhäute auf die entzündungsbedingte Reizung mit einer vermehrten Bildung von dickflüssigem Bronchialsekret: Aus dem anfänglichen Reizhusten wird nun ein sogenannter produktiver Husten. Um die Atemwege von dem zähen Bronchialschleim zu befreien, stoßen die betroffenen Patienten bei einem Hustenanfall mitunter Luft mit einer Geschwindigkeit von sage und schreibe bis zu 480 Stundenkilometern aus. Das Abhusten des Schleims sollte mit einem Hustenlöser gezielt unterstützt werden.

Die große Dusche

Husten ist eine weitreichende Angelegenheit. Die nassen Tropfen, die dabei freigesetzt werden, fliegen bis zu acht Meter weit. Zudem schweben sie bis zu zehn Minuten in der Luft herum, bevor sie auf Oberflächen niedergehen. Bei diesem Niederschlag handelt es sich um eine Art flüssige Folie. Die hält sich länger, als einem lieb sein kann. Nicht umsonst gilt Husten in unseren Corona-Zeiten auch als großes Risiko.

Noch keine Entwarnung Nach sieben bis zehn Tagen lässt die übermäßige Schleimproduktion langsam nach und der Betroffene fühlt sich besser. Durch die überstandene Infektion sind die Schleimhäute in den Atemwegen jedoch noch immer gereizt und entsprechend empfindlich. Während sie abheilen, kommt es deshalb oftmals erneut zu einem trockenen und teils schmerzhaften Husten, auch bekannt als postinfektiöser Husten. Bereits unterschwellige Reize wie etwa kalte Luft oder körperliche Anstrengung können jetzt eine Hustenattacke auslösen. In dieser Phase ist wieder ein Hustenstiller angezeigt, mit dessen Hilfe sich die angegriffenen Schleimhäute in Ruhe regenerieren können.

Was meistens dahinterstecktDie häufigsten Ursachen von Husten sind mit Abstand grippale Infekte und die Influenza, die echte Virusgrippe. Auch eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Sinusitis, wird in der Regel von einem meist trockenen Husten begleitet, der sich im Liegen oft noch verstärkt. Das Gleiche gilt für eine Bronchitis. Hier tritt zunächst trockener, später produktiver Husten auf. Asthma bronchiale geht ebenfalls mit Husten, vorwiegend trockenem, einher. Die auf dem Vormarsch befindliche chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), bei der die Atemwege in der Lunge chronisch entzündet und verengt sind, ist ein weiterer zunehmender Auslöser. Der chronische Husten tritt dabei mit Auswurf auf. Eine weitere Ursache von Husten kann eine Lungenentzündung sein. Hierbei ist der Husten anfangs meist trocken, später wird Schleim mit abgehustet.

Die Dauer des Hustens ist entscheidend

Führt man sich den hier dargestellten typischen Verlauf von Husten im Rahmen einer Erkältung vor Augen, ist es gut verständlich, dass Experten heute bei der Beratung der Patienten für eine neue Vorgehensweise plädieren. Stand bislang die Frage nach verschleimtem oder trockenem Husten am Beginn, sollte die Einstiegsfrage nun zuerst klären, wie lange der Husten denn bereits andauert.

Seltenere Kandidaten Nun zu den selteneren Ursachen, die zu Husten führen können: So geht eine Rippenfellentzündung (Pleuritis) mit trockenem Reizhusten sowie starken, einseitigen und atemabhängigen Brustschmerzen einher. Bei Lungenkrebs ist hartnäckiger Husten ein relativ frühes Symptom. Allergien stehen ebenso auf der Liste der Kandidaten. Allergisch bedingter Husten kann zum Beispiel bei einer Allergie gegen Pollen, Schimmelpilze, Nahrungsmittel und Hausstaubmilben auftreten.

Bei Keuchhusten (Pertussis), einer hochansteckenden bakteriellen Atemwegsinfektion, leiden die Patienten unter krampfartigen Hustenanfällen mit anschließendem keuchendem Luftholen. Daher kommt auch der Name dieser schweren Erkrankung. Auch Diphtherie, ebenfalls eine schwere bakterielle Atemwegsinfektion, wird vielfach von bellendem Husten begleitet. Typisch für Pseudo-Krupp, eine viral bedingte Entzündung der oberen Atemwege ist ein trockener, bellender Husten. Weitere Symptome sind Heiserkeit sowie pfeifende oder quietschende Atemgeräusche beim Einatmen.

Leitlinie erkennt Bedeutung der Apotheke

Die aktuelle wissenschaftliche Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) betont ausdrücklich die Bedeutung der Selbstmedikation beim akuten Erkältungshusten. Entsprechend kommt Apothekern und PTA eine zentral wichtige Rolle bei der Beratung zu. Gerade deshalb, weil im Laufe einer Erkältung üblicherweise verschiedene Hustenarten auftreten und zur symptomatischen Therapie andere Wirkstoffe erforderlich machen.

Daran kann es auch liegen Husten kann auch ein Anzeichen für eine Lungenembolie sein, einer Verstopfung eines Blutgefäßes in der Lunge durch ein Blutgerinnsel. Kleinere Lungenembolien verursachen meist nur kurzzeitigen Husten. Bei größeren Blutgerinnseln kann der Husten dagegen lange anhalten und zudem von blutigem Auswurf begleitet sein. Bei der angeborenen Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose ist die Absonderung von verschiedenen Körpersekreten wie Schleim und Schweiß gestört.

Aus diesem Grund wird unter anderem in den Atemwegen vermehrt zäher Schleim gebildet, was zunehmend Atemnot und chronischen Husten, oft mit Blut vermischt, bewirkt. Sowohl bei linksseitiger als auch beidseitiger (globaler) Herzschwäche kann chronischer trockener Husten auftreten. Dieser verstärkt sich typischerweise im Liegen. Der Rückfluss von Magensäure beziehungsweise saurem Mageninhalt in die Speiseröhre bei der Refluxkrankheit führt bei den Betroffenen zu chronischem trockenem Husten, der beim Hinlegen oft zunimmt.

Hustenstiller bei ReizhustenBeim unproduktiven Reizhusten, der zu Beginn oder im Nachgang eines grippalen Infekts auftreten kann, sind Antitussiva, also Hustenstiller angezeigt. Sie greifen entweder zentral im Hustenzentrum an oder lindern die Beschwerden durch Beeinflussung der Reizschwelle an den Hustenrezeptoren. In der Selbstmedikation werden Antitussiva in der Regel für drei bis fünf Tage eingesetzt. Um die Nachtruhe zu gewährleisten, können sie Ihren Kunden in der Übergangsphase vom trockenen zum produktiven Husten zudem die Einnahme eines Expektorans vor dem Zubettgehen empfehlen.

Hustenlöser bei produktivem Husten Expektorantien setzen mit verschiedenen Wirkmechanismen gegen produktiven Husten an. Man unterscheidet entsprechend Sekretolytika, welche die Bildung von dünnflüssigem Bronchialschleim fördern und Sekretomotorika, die den Abtransport der Bronchialfüssigkeit anregen. Die sogenannten Mukolytika reduzieren die Zähigkeit von verfestigtem Bronchialschleim. Chemische Hustenlöser Neben Acetylcystein, das den zähen Schleim chemisch zerkleinert, besitzt vor allem Ambroxol eine Bedeutung als Hustenlöser. Es hat seine evidenzbasierte Wirksamkeit in randomisierten klinischen Studien nachgewiesen. Unabhängig von der Art der Krankheitserreger, befreit Ambroxol die Bronchien vom Hustenschleim. Zudem schützt er vor der Bildung von neuem Hustenschleim und fördert die mukoziliäre Clearance, durch die Schleim und Partikel aus den Atemwegen herausbefördert werden.

Ist es COVID-19?

Ein durchwegs trockener Reizhusten ohne Schleimbildung könnte für eine COVID-19-Infektion sprechen. Das trifft besonders dann zu, wenn der Patient zusätzlich unter einer neu aufgetretenen Kurzatmigkeit leidet.

Die Zeichen stehen auf grün Eine Domäne der Phytotherapie ist Husten. Pflanzliche Präparate haben inzwischen den größten Stellenwert in der Selbstmedikation – die Nachfrage steigt kontinuierlich. Nur logisch, schließlich stehen sie in ihrer therapeutischen Wirksamkeit den synthetischen Präparaten in nichts nach. Zudem lässt sich auch mit den pflanzlichen Hustenmitteln den individuellen Vorlieben und Bedürfnissen von Kunden aller Altersklassen nachkommen. So gibt es zum Beispiel Präparate ohne Alkohol, ohne Zucker, ohne Konservierungsmittel und ohne Farbstoffe.

Chemische Antitussiva Die Wirkstoffe Dextromethorphan (DMP) und Pentoxyverin (POV) wirken als zentrale Antitussiva. Sie erhöhen die Reizschwelle im Hustenzentrum des Gehirns, wobei der physiologische Hustenreflex erhalten bleibt. Auf diese Weise wird die Intensität und Häufigkeit der so belastenden Hustenattacken deutlich herabgesetzt. Ein positiver Effekt ist der schnelle Eintritt der Wirkung. Schleimlöser und Hustenstiller sollen nicht zeitgleich eingesetzt werden. Die zeitversetzte Gabe, also den Schleimlöser am Tag und den Hustenstiller zur Nacht, ist aber durchaus sinnvoll.

Husten auf Rezept

Eine Reihe von Medikamenten kann als Nebenwirkung einen chronischen trockenen Husten hervorrufen, der oft in Attacken auftritt. Zu diesen Arzneimitteln gehören zum Beispiel ACE-Hemmer und Betablocker. Daneben kann auch eine Einnahme des Entzündungshemmers Cortison (in Sprayform) Husten verursachen.

Pflanzliche Antitussiva Sie kommen bei trockenem, unproduktivem Husten in Form von Schleimstoffdrogen zur Reiz- und Schmerzlinderung zum Einsatz. Ihre Wirkstoffe, die Polysaccharide, überziehen in Verbindung mit Wasser die gereizten entzündeten Schleimhäute mit einer schützenden Schicht. Diese deckt die hustenauslösenden Rezeptoren in den oberen Atemwegen ab und führt so zur Beruhigung: Der Hustenreiz lässt nach und die Schleimhäute werden besser befeuchtet. Zubereitungen mit Schleimstoffdrogen sollten über den Tag verteilt mehrmals eingenommen werden, um die reizlindernde Wirkung auf der Schleimhaut kontinuierlich zu erneuern. Hier die wichtigsten Vertreter der „grünen“ Hustenstiller: Für die antitussive Wirkung der Eibischwurzel ist vor allem ihr Inhaltsstoff Allantoin verantwortlich.

Der hohe Gehalt an Polysacchariden, die als Schleimstoffe vorliegen, unterstützt den hustenstillenden Effekt der Pflanze. Die weiterhin enthaltenen Glykopeptide und Rosmarinsäuren wirken zudem entzündungshemmend und schmerzstillend. Im Flechtenkörper von Isländisch Moos stecken neben reichlich Vitamin A, B1 und B12 eine Menge Schleimstoffe in Form der Polysaccharide Isolichenin und Lichenin. Auch bekannt als Flechten- oder Moosstärke sorgen sie für die antitussive Wirkung von Isländisch Moos. Seine Bitterstoffe und Flechtensäuren entfalten zusätzlich antimikrobielle Effekte. Isländisch Moos wird meist in Form von Lutschpastillen eingesetzt.

Der speziell bei Kindern bewährte Spitzwegerich rückt mit mehreren Wirkmechanismen gegen den Hustenreiz vor. Die Iridoidglykoside entfalten antitussive sowie entzündungshemmende und antibakterielle Effekte. Die zahlreich enthaltenen Gerbstoffe wirken mit ihren adstringierenden Eigenschaften stabilisierend auf die Schleimhäute. Abgerundet wird das Portfolio des Spitzwegerichs durch seine spasmolytischen Eigenschaften. Sie entkrampfen die Atemwege und lindern auch auf diese Weise den Husten.

Hervorragende Datenlage

Zahlreiche Heilpflanzen mit spasmolytischen, antitussiven und antientzündlichen Effekten – wie unter anderem Efeu, Primel und Thymian – haben ihre gute Wirksamkeit bei akutem Erkältungshusten in randomisierten und placebokontrollierten Studien unter Beweis gestellt. Wie die Leitlinie der DPG explizit erwähnt, ist „die Datenlage für Phytotherapeutika bei der Indikation akute Bronchitis häufig besser als für synthetische Expektorantien“.

Pflanzliche ExpektoranzienSchleimauswurffördernd und hustenlösend wirken die sogenannten Ätherisch-Öl- und Saponin-Drogen. Sie verflüssigen den Schleim, steigern die Sekretion in den Atemwegen und beschleunigen den Schleimtransport. Unter den Ätherisch-Öl-Drogen haben sich Eukalyptus und Thymian besonders bewährt. Der wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoff des aus frischen Blättern und Zweigspitzen verschiedener Arten des Eukalyptus gewonnenen Öls ist das Cineol. Es löst Schleim aus den Bronchien sowie Nebenhöhlen und hat eine stark entzündungshemmende sowie keimtötende Wirkung. Zudem hemmt es Botenstoffe im Körper, die eine Verengung der Bronchien begünstigen.

Damit können sich die Bronchien erweitern und die Lungenfunktionen infolge verbessert werden. Nicht zuletzt stimuliert Eukalyptusöl die Kälterezeptoren an der Nasenschleimhaut, was subjektiv das Gefühl einer verbesserten Nasenatmung vermittelt. Thymianöl verflüssigt den Bronchialschleim, sodass dieser leichter abgehustet werden kann. Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe sind Thymol und Carvacrol. Thymol wirkt stark desinfizierend sowie bakterizid und fungizid, Carvacrol stark entzündungshemmend. Zur Entspannung der Bronchialmuskulatur tragen Flavonoide bei. Saponin-Drogen haben zwei verschiedene Wirkmechanismen. Zum einen reizen sie mit ihren oberflächenaktiven Eigenschaften die Schleimhäute in den Atemwegen.

Dadurch wird festsitzender Bronchialschleim verflüssigt und seine Sekretion gefördert. Zum anderen erregen Saponine sensible Nerven in der Magenschleimhaut. Dieser Reiz führt dazu, dass die Bronchialschleimhaut vermehrt Sekret produziert. Es wird dünnflüssiger und kann leichter abgehustet werden. Efeublätter haben unter den Saponin-Drogen zur Therapie von Husten die weitaus größte Bedeutung. Verantwortlich für die gute Wirksamkeit sind verschiedene Hedera-Saponine. Sie lösen den in den Bronchien sitzenden Schleim, sodass dieser leichter abgehustet werden kann. Außer auswurffördernd wirken die Hedera-Saponine auch entzündungshemmend und entkrampfend.

Mit diesem bronchodilatatorischen Effekt sorgen sie dafür, dass verengte Atemwege erweitert werden. Auch die Primel bewährt sich als Hustenlöser. Das geht auf ihre Triterpensaponine Primulasaponin und Primacrosaponin zurück, die sowohl in den Blüten als auch in den Wurzeln der Primel enthalten sind. Zubereitungen aus dem Wurzelstock von Pelargonium sidoides wirken ebenfalls expektorierend und fördern den Abtransport des Schleims aus den Bronchien. Zum Wirkspektrum gehören zudem antivirale, antibakterielle und zellschützende Effekte.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/2021 ab Seite 58.

Birgit Frohn, Diplom-Biologin und Medizinjournalistin

Die DGP rät zu Efeu

Die gerade aktualisierte „Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten“ der DGP empfiehlt „Medikamente mit nachgewiesener Wirksamkeit auf die Verkürzung der Dauer und Linderung der Intensität des akuten Hustens wie den Efeu-Spezial-Extrakt EA 575®“.

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