© Die PTA in der Apotheke
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Galenik

HYGIENE – TEIL 2

Der Mensch ist das größte mikrobiologische Risiko bei der Arzneimittelherstellung – Maßnahmen zur Personalhygiene sowie die Einhaltung grundlegender Verhaltensregeln sind deshalb wesentliche Bestandteile des Hygienekonzeptes.

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Wir tragen eine Vielzahl an Mikroorganismen auf unserer Haut und den Haaren und sind deshalb das größte mikrobiologische Risiko bei der Herstellung von Arzneimitteln. Auf gesunder Haut finden sich bis zu 106 Keime/cm². Erkrankte, geschädigte Haut enthält mehr Keime – insbesondere auch pathogene Mikroorganismen.

Da in der öffentlichen Apotheke vor allem nichtsterile Arzneimittel hergestellt werden, soll im folgenden Artikel ein Überblick über entsprechende Maßnahmen zur Personalhygiene gegeben werden. Bei der aseptischen Herstellung von sterilen Arzneimitteln sind weitergehende Maßnahmen notwendig um die nach Ph. Eur. geforderte Keimfreiheit der Zubereitungen zu garantieren.

Hygienekleidung Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass bei der Arzneimittelherstellung Hygienekleidung (Foto siehe online) getragen wird, damit die Hautkeime des Herstellenden wenig Möglichkeit haben, in die Zubereitung zu gelangen. Geeignet sind insbesondere „Rezepturkittel“ aus Baumwolle mit langen Ärmeln, sodass die Arme des Mitarbeiters vollständig bedeckt sind. Der Kittel wird so hoch als möglich geschlossen, nachdem Schmuck und Halstücher abgelegt worden sind.

Jeder Rezepturmitarbeiter trägt persönliche (!) Hygienekleidung, die nur bei der Arzneimittelherstellung – und nicht im Handverkauf oder anderen Bereichen der Apotheke – genutzt wird. Bei regelmäßiger Nutzung sollte sie mindestens zwei Mal wöchentlich gereinigt werden. Dazu sind in der Regel mindestens 60 °C mit Waschmittel ausreichend. Anschließendes Bügeln der Baumwollkittel trägt zusätzlich zur Keimreduktion bei.

Haarhaube, Bartschutz sowie Mund- und Nasenschutz Auch Haare sind mit einer Vielzahl von Keimen behaftet. Durch Hineinfallen in eine Zubereitung oder durch Berühren der Haare mit den Händen und anschließendes Berühren von Arbeitsmaterialien oder Produkt werden sie zum Kontaminationsrisiko. Zur Verminderung dieses Risikos sollten bei der Arzneimittelherstellung Kopf- und Barthaare möglichst vollständig bedeckt sein.

Das Anlegen von Haarhaube und Bartschutz sollte vor der Desinfektion der Hände erfolgen, gegebenenfalls muss diese wiederholt werden. Bei Arbeiten am offenen Produkt ist des Weiteren das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes anzuraten. Entsprechende Produkte sind als Einmalartikel erhältlich.

Händereinigung und -desinfektion Vor Beginn der Arzneimittelherstellung ist die Reinigung der Hände mit Detergenzien sinnvoll. Die Haut soll zügig gewaschen und abgetrocknet werden, um das Aufquellen und damit eine verstärkte Keimabgabe zu verhindern. Schmuckstücke können zusätzliche Keimquellen darstellen und sind vorher abzulegen.

Händedesinfektions- und -reinigungsmittel werden üblicherweise aus Spendern dosiert, welche mit Gebinden bestückt werden. Erstere müssen mindestens beim Wechsel des Gebindes gereinigt werden. Nach Anbruch des Produktes ist auf die meist verkürzte Verwendbarkeitsfrist zu achten. Die Bedienung des Spenders erfolgt mit dem Unterarm und nicht mit der Hand oder Handschuhen!

Handschuhe
Bei der Arzneimittelherstellung – insbesondere bei der Bearbeitung von offenem Produkt – sollten Handschuhe getragen werden. Bei sonstigen Tätigkeiten, wie zum Beispiel der Vorbereitung der Rezepturherstellung, ist es in der Regel ausreichend, die Hände zu reinigen und zu desinfizieren. Künstliche Fingernägel sowie kleinste Risse im Nagellack behindern die optimale Händereinigung und -desinfektion und stellen zusätzliche Keimquellen dar. Mitarbeiter, die an der Arzneimittelherstellung beteiligt sind, sollten deshalb darauf verzichten beziehungsweise generell Handschuhe tragen. Das gilt auch für Mitarbeiter mit gereizter oder geschädigter Haut. Wenn ein Einsatz in der Rezeptur unumgänglich ist, müssen Handschuhe getragen werden.

Das Desinfektionsmittel wird direkt in die trockene Haut eingerieben. Nasse Hände führen zur Verdünnung der Wirkstoffe beziehungsweise zur Notwendigkeit des Nachtrocknens, was die Wirksamkeit verringert und die Hautverträglichkeit der Produkte reduziert. Zu beachten ist, dass alle Hautflächen sorgfältig benetzt werden.

Stellen, die häufig vergessen und damit nicht ausreichend desinfiziert werden, sind Fingerspitzen, Daumen, Fingerzwischenräume und die Querfalten der Handflächen. In der Regel sind für beide Hände drei Milliliter Desinfektionsmittel ausreichend.

Danach hält der keimarme Zustand der Hände jedoch nicht an. Mikroorganismen gelangen aus tieferen Hautschichten an die Oberfläche. Die Handhabung von Geräten und Materialien führt des Weiteren zur (Re-)Kontamination von Haut beziehungsweise Handschuhen. Deshalb sollte die Desinfektion der Hände mindestens vor Beginn der Arzneimittelherstellung erfolgen und etwa alle 30 Minuten oder nach Berühren (potenziell) kontaminierter Gegenstände, zum Beispiel Haare, Abfalleimer etc., sowie nach Unterbrechungen der Herstellung wiederholt werden.

Zur ergänzenden Pflege nach Beendigung der Arbeiten in der Rezeptur bieten die Hersteller von Händedesinfektionsmitteln häufig auch geeignete Pflegeprodukte an. Keinesfalls dürfen die Hände direkt vor der Anwendung des Desinfektionsmittels eingecremt werden, da dann die Wirksamkeit verringert werden kann.

Allgemeine Verhaltensregeln bei der Rezepturherstellung Die Herstellung sollte möglichst zügig und ohne Unterbrechungen erfolgen. Sind Pausen unbedingt notwendig, zum Beispiel zum Abkühlen der Grundlage, Auflösen von Feststoffen etc. sind die (Zwischen-) Produkte abzudecken. Zur Minimierung des Kontaminationsrisikos ist des Weiteren die Arzneimittelherstellung in geschlossenen Systemen (z. B. Unguator®, Topitec®) empfehlenswert.

Beim Husten und Niesen werden bis zu eine Million Keime verschleudert. Darunter finden sich häufig auch fakultativ pathogene Keime, die zu Erkrankungen bei geschwächten Patienten führen können und deren Abwesenheit in Arzneimitteln deshalb vom Arzneibuch explizit gefordert ist (z. B. Staphylococcus aureus). Während der Arzneimittelherstellung in der Rezeptur müssen deshalb Niesen und Husten unbedingt unterbleiben. Personen mit ansteckenden Erkrankungen sollen dem Rezepturbereich generell fernbleiben.

Auch beim Sprechen entstehen kleine Partikel oder Tröpfchen, die zur Kontamination der Zubereitung bei der Herstellung beitragen können. Dies sollte deshalb während der Arbeiten am offenen Produkt weitestgehend vermieden werden.

Um die Einhaltung des Hygienekonzeptes zu gewährleisten, ist die regelmäßige Schulung der Mitarbeiter notwendig. Weitere Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind die Erarbeitung von Standardarbeitsanweisungen, die Dokumentation von Hygienemaßnahmen und ein regelmäßig durchgeführtes -monitoring.

Den ersten Teil der Hygiene-Reihe finden Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 ab Seite 72.

Dr. Ulrike Fischer / Dipl.-Med.-Paed. Katrin Schüler

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