© Die PTA in der Apotheke
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Galenik

HYGIENE – TEIL 1

Um die Vorgaben an die mikrobiologische Qualität von Arzneimitteln zu erfüllen, sind die kritische Betrachtung möglicher Keimquellen sowie vorbeugende Hygienemaßnahmen unverzichtbar.

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Keime, die in Arzneimitteln enthalten sind, können Erkrankungen verschlimmern, zusätzliche Beschwerden auslösen oder die Wirksamkeit der Zubereitung durch Zersetzung von Wirk- und Hilfsstoffen vermindern. Konkrete Anforderungen an die mikrobiologische Qualität finden sich im Europäischen Arzneibuch. Demnach dürfen in Cremes zur Anwendung auf der Haut maximal 200 aerobe Keime pro Gramm (g) oder Milliliter (ml) Zubereitung enthalten sein.

Die Vorgaben gelten generell auch für in der Apotheke hergestellte Zubereitungen … und über den gesamten Zeitraum der Haltbarkeit. Die kritische Betrachtung möglicher Keimquellen sowie vorbeugende Hygienemaßnahmen sind deshalb das „A und O“ in der Rezeptur!

Typische Keimquellen in der Apothekenrezeptur Sie ist kein keimfreier Ort. Zahlreiche – auch pathogene – Keime tummeln sich hier. Vor allem drei Faktoren begünstigen das Wachstum der Mikroorganismen: Feuchtigkeit, Wärme und das Vorhandensein von Nährstoffen. Typische Keimquellen sind deshalb insbesondere dort, wo Mikroorganismen diese Bedingungen vorfinden.
Zu beachten ist aber, dass Keime auch bei ungünstigen Bedingungen wachsen können. Zum Beispiel Schimmelpilze sind in der Lage, sich bei Kühlschranktemperaturen zu vermehren.

Hygienemaßnahmen bei der Arzneimittelherstellung In der novellierten Apothekenbetriebsordnung wird die betriebsspezifische Festlegung und Dokumentation von Hygienemaßnahmen „mit denen die mikrobiologische Qualität des jeweiligen Arzneimittels sichergestellt wird“ explizit gefordert. Auch wenn die Verantwortung dafür der Apothekenleiter hat, ist dieser – vor allem bei Umsetzung und Dokumentation – auf die Unterstützung der Mitarbeiter angewiesen … denn „Hygiene geht alle an“ – ob sie nun direkt oder indirekt an der Arzneimittelherstellung in der Apotheke beteiligt sind.

Im Folgenden sollen Maßnahmen zur Verminderung des Kontaminationsrisikos bei der Herstellung nichtsteriler Arzneimittel in der Apotheke zusammengestellt werden. Dabei ist zu beachten ist, dass weitergehende Maßnahmen notwendig sind, um die nach Ph. Eur. geforderte Keimfreiheit der Zubereitungen zu garantieren.

Raumhygiene Der Herstellungsbereich sollte sich ständig in einem ordentlichen und sauberen Zustand befinden. Eine regelmäßige Raumdesinfektion ist nicht notwendig. Der Arbeitsplatz wird jedoch mindestens vor jeder Arzneimittelherstellung gereinigt und desinfiziert, geeignet sind alkoholische Desinfektionsmittel wie Isopropanol 70 % (V/V).

Bei der Verwendung von Desinfektionsmitteln ist generell zu beachten, dass je nach Wirkspektrum nicht alle Keime im Wachstum gehemmt oder abgetötet werden. Insbesondere Sporen bildende Keime sind schwieriger zu bekämpfen. Desinfektionsmittel sollten auf sauberen Oberflächen angewendet werden, ausreichende Konzentration und notwendige Einwirkzeit sind zu beachten.

»Gemäß Europäischem Arzneibuch dürfen Ausgangsstoffe maximal 10³ KBE Bakterien sowie 10² KBE Hefen und Schimmelpilze pro Gramm oder Milliliter enthalten.«

Räume/Bereiche, in denen Arzneimittel hergestellt werden, dürfen nicht zur Lagerung und Bearbeitung von Teedrogen und Lebensmitteln sowie für weitere Staub erzeugende Tätigkeiten genutzt werden. Zumindest während der Herstellung sollte der Bereich nur von den beteiligten Mitarbeitern betreten werden, Fenster und Türen sind zu schließen.

Ausgangsstoffe Da die Keimbelastung wesentlich für die mikrobiologische Qualität der fertigen Zubereitung ist, ist auf die Verwendung mikrobiell einwandfreier Ausgangsstoffe zu achten. Wenn notwendig, sind Maßnahmen zur Keimzahlminderung durchzuführen.

Sekundärverpackungen von Ausgangsstoffen werden außerhalb des Herstellungsbereiches entfernt, die Primärverpackungen gereinigt und desinfiziert. Wiederverwendbare Standgefäße werden vor der Befüllung gereinigt sowie sterilisiert oder desinfiziert. Die Entnahme sollte mit sauberen, desinfizierten Geräten erfolgen, nach der Entnahme sind Vorratsgefäße schnell und sorgfältig zu schließen.

Wasser benötigt als ein Ausgangsstoff, der oft in Rezepturen eingesetzt wird und die mikrobiologische Qualität der Zubereitung entscheidend mitbestimmt, gesonderte Betrachtung. Konkrete Empfehlungen zur Festlegung betriebsspezifischer Maßnahmen zur Herstellung, Lagerung und Verwendung bieten zum Beispiel die Leitlinien der Bundesapothekerkammer (www.abda.de) und das Praxishandbuch „Rezeptur – Qualität in 7 Schritten“ (Fischer/Schüler 2012).

Weitere Maßnahmen Im Herstellungsbereich sollten nur die notwendigen Geräte und Materialien aufbewahrt werden. Produktberührende sowie produktnahe Oberflächen werden unmittelbar vor Herstellung beziehungsweise vor Gebrauch desinfiziert, wenn möglich kommen sterilisierte Geräte zum Einsatz. Originalrezepte, die vom Kunden entgegen genommen worden sind, sollten kopiert oder in eine desinfizierbare Hülle eingelegt werden.

In Waschbecken findet sich ein breites Keimspektrum inklusive einer Vielzahl an Fäkalkeimen aus der Kanalisation. Die Desinfektion des Abflusses trägt nur kurzfristig zu einer Reduzierung der Keimbelastung bei. Geschirr oder Utensilien sollten deshalb nicht im Waschbecken gelagert werden. Schläuche, die zum Auffangen von demineralisiertem oder destilliertem Wasser dienen, dürfen bei Nichtgebrauch nicht in das Waschbecken hängen gelassen werden.

Durch die Benutzung des Waschbeckens gelangen Mikrospritzer auf die Kleidung und die unmittelbare Umgebung. Der Herstellungsbereich sollte deshalb so weit wie möglich vom Waschbecken entfernt sein oder durch eine „Trennwand“ geschützt werden.

Rezepturabfälle sind in geeigneten geschlossenen Behältern zu sammeln, möglichst in Einhängebeuteln zur einmaligen Verwendung. Behälter müssen regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Während der Herstellung sollte vermieden werden, den Abfallbehälter zu berühren.
Putzlappen stellen eine nicht zu unterschätzende Keimquelle dar, sie sind deshalb mindestens täglich zu reinigen und zu trocknen beziehungsweise zu ersetzen. Wasserbäder müssen regelmäßig entleert und gereinigt werden. Im Herstellungsbereich sollten Einmalhandtücher aus Papier verwendet werden.

Personalhygiene Auf gesunder Haut finden sich bis zu 106 Keime/cm² – das Personal ist deshalb das größte mikrobiologische Risiko bei der Herstellung von Arzneimitteln. Maßnahmen zur Personalhygiene werden im zweiten Teil detailliert vorgestellt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 72.

Dr. Ulrike Fischer / Dipl.-Med.-Paed. Katrin Schüler

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