© Die PTA in der Apotheke
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Alles muss raus!

HUSTEN

Husten hat eine Schutzfunktion – Fremdkörper oder Krankheitserreger werden so aus den unteren Atemwegen mit dem Luftstrom hinauskatapultiert.

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Es klingt paradox, aber wir brauchen den Husten, um gesund zu bleiben. Er hilft uns, wenn wir einen Fremdkörper verschluckt haben, und reinigt die unteren Atemwege, wenn uns eine Infektion kalt erwischt hat.

Husten ist lebenswichtig Er dient dazu, die Funktionsfähigkeit der unteren Atemwege zu erhalten. Verschlucken wir uns, wird die Luftröhre verengt oder im schlimmsten Fall gänzlich verlegt. Unser Körper reagiert sofort mit heftigem Husten, um den Fremdkörper loszuwerden. Bei Erkrankungen der unteren Atemwege hilft der Husten, den Schleim und damit Erreger abzutransportieren.

Was passiert im Körper, wenn wir husten? Dies ist ist ein Schutzreflex, den wir kaum beeinflussen können. Dabei erkennen Rezeptoren in den Schleimhäuten unseres Atemtrakts Fremdkörper, wie ein Staubkorn oder einen Krümel, und senden einen Nervenimpuls an den Vagusnerv, der ihn in den Hirnstamm weiterleitet. Von dort wird dann ein Impuls an das Zwerchfell, die Kehlkopfmuskeln und die Stimmritzen gegeben.

Hierdurch atmen wir tief ein, verschließen dabei aber die Stimmritze, sodass die aufgestaute Luft aus den unteren Atemwegen inklusive Fremdkörpern, überflüssigem Schleim oder Krankheitserregern durch plötzliches Öffnen der Stimmritze explosionsartig entweichen kann. Da Infektionen durch Tröpfcheninfektion übertragen werden, ist es wichtig, sich beim Husten etwas vor den Mund zu halten. Die Hand sollte man dazu nicht nehmen, lieber einen Ärmel oder ein Taschentuch, denn sonst übertragen wir die Erreger auf das nächste, was unsere Hand berührt.

Bronchitis, Grippe und Co. Unsere Atemwege werden von einer Schleimhaut ausgekleidet, die sie feucht hält, Sekrete transportiert und als Barriere gegen Eindringlinge dient. Neben der schützenden Schleimschicht finden sich in der Schleimhaut noch feinste bewegliche Flimmerhärchen, die Fremdkörper zum Rachen transportieren, wo sie verschluckt werden. Ein viraler Infekt stört diesen Ablauf, denn die Viren nisten sich in der Schleimhaut ein und provozieren dort eine Entzündungsreaktion.

Um sich zu schützen, produziert der Körper vermehrt Schleim, der jedoch die Flimmerhärchen verklebt. Da sie so ihrer Transportfunktion nicht mehr nachkommen können, übernimmt an dieser Stelle der Husten die Reinigung der Bronchien. Diesen von Auswurf begleiteten Husten, der dem Schleimabtransport aus den unteren Atemwegen dient, nennt man produktiven Husten.

Als erstes Symptom einer Erkältung tritt jedoch meist ein quälender, trockener Reizhusten auf, der nach einigen Tagen in einen immer noch unproduktiven, festsitzenden Husten übergeht. Denn mittlerweile wird zwar vermehrt Schleim gebildet, dieser ist jedoch so zäh, dass er durch Husten nicht beseitigt werden kann. Hält diese Phase länger als ein paar Tage an, kann sich auf die virale eine bakterielle Infektion setzen, die den Gang zum Arzt unerlässlich macht.

Im Normalfall wird allerdings aus dem unproduktiven, festsitzenden Husten nach einigen Tagen der produktive Husten mit Auswurf. Husten und damit den Schleimabtransport zu unterdrücken, ist also in der Regel kontraproduktiv. Allerdings muss man dies beim anfänglichen trockenen Reizhusten einer Atemwegsinfektion genau abwägen. Der trockene Husten, der noch keinen Schleim abtransportieren kann, reizt die Schleimhaut zusätzlich und damit auch die Hustenrezeptoren, die wiederum den Hustenreiz auslösen.

Ein Teufelskreis, den man mit Hustenstillern in den Griff bekommen kann. Sie blockieren den Hustenreflex, indem sie entweder auf den Hirnstamm direkt wirken oder die Hustenfühler in den Bronchien lahm legen. Nimmt man sie jedoch zu lange, das heißt, wenn die Bronchien bereits flüssigeren Schleim bilden, kann dieser nicht mehr abgehustet werden. Werden Hustenstiller somit bei starker Schleimbildung oder gar zusammen mit schleimlösenden Arzneimitteln genommen, droht Erstickungsgefahr, da der Schleim zwar gelöst, aber durch den blockierten Hustenreiz nicht abtransportiert wird.

WANN ZUM ARZT?
Medizinischer Rat ist notwendig, wenn

+ der trockene Reizhusten länger als eine Woche anhält
+ der Husten generell länger als zwei Wochen anhält
+ der Husten sehr stark oder schmerzhaft ist
+ der Auswurf blutig ist
+ der Husten „bellend“ klingt (das könnte ein Anzeichen für Keuchhusten oder Diphterie sein)

Trockener Reizhusten muss nicht immer ein Anfangssymptom einer Bronchitis oder Erkältung sein. Er kann auch durch eine Reizung der Atemwege, zum Beispiel durch Zigarettenrauch oder Chemikalien, ausgelöst werden. Asthma, Allergien oder Tumoren kommen ebenfalls als Ursache in Betracht. Bei trockenem, quälendem Reizhusten sind Hustenstiller oder Hustenblocker mit Wirkstoffen wie Codein, Dextromethorphan oder Clobutinol meist Mittel der Wahl. Sie dürfen nur so lange eingenommen werden, bis die Bronchien wieder Schleim produzieren, längstens jedoch eine Woche, denn Opiate wie Codein, die in vielen Hustenstillern enthalten sind, können abhängig machen.

Asthmatiker dürfen überhaupt keine Hustenstiller nehmen. Alternativ kann man bei trockenem Reizhusten auch pflanzliche Wirkstoffe einsetzen. Bewährt haben sich Präparate mit Thymian, Efeu, Eibisch, Spitzwegerich, Malve oder Myrtol. Bei Kindern ist jedoch Vorsicht geboten: Sind sie jünger als zwei Jahre, kommen chemische Wirkstoffe nicht in Frage, aber auch bei den pflanzlichen Wirkstoffen gibt es Risiken. Da ätherische Öle zum Atemstillstand führen können, sind Efeu-, Thymian- und Myrtolpräparate für sie nicht indiziert. Spitzwegerichsaft hingegen kann unbedenklich gegeben werden, wobei einfaches Zuckerwasser zur Hustenreizstillung genauso gut wirkt. Bei trockenem Reizhusten sollte man die Grunderkrankung immer therapieren lassen bzw. sich auslösenden Allergenen oder Chemikalien nicht mehr aussetzen und das Rauchen aufgeben.

Wenn der Husten chronisch wird Wird die dem Husten zugrundeliegende Krankheit nicht behandelt, kann sie chronisch werden, was dann auch für den Husten gilt. Bereits vier Wochen nach Beginn gilt ein Husten als chronisch, der beispielsweise Asthma bronchiale, chronische Bronchitis, Lungenempyhsem oder Krebserkrankungen begleiten kann. Aber auch bestimmte Medikamente wie ACE-Hemmer, die trockenen Husten als Nebenwirkung haben, können zu chronischem Husten führen. Werden sie länger eingenommen, kann durch den Teufelskreis von Hustenreiz – Husten – Schleimhautschädigung – Hustenreiz ein chronischer Husten entstehen.

Eine Sonderform des chronischen Hustens ist der Pseudo-Krupp, der nur bei Kindern zwischen drei Monaten und sechs Jahren auftritt. Er ist Folge einer viralen Infektion, bei der die Atemwege durch eine Entzündung des Kehlkopfes stark verengt sind, was Atemnot und pfeifenden Husten auslöst. Ungünstige Umweltbedingungen wie Rauch, Wärme und Luftverschmutzung können die Symptome verstärken.

Bei manchen Kindern hilft kühle und feuchte Kühlschrankluft als Erste-Hilfe-Maßnahme, was möglicherweise daran liegt, dass ihnen die kühle Luft wieder das Gefühl vermittelt, atmen zu können. Aufregung bei einem Anfall wirkt kontraproduktiv, denn dadurch werden die Bronchien noch enger gestellt, was das Atmen weiter erschwert. Ursächlich therapiert wird Pseudo-Krupp mit Glukokortikoiden.

Erste Hilfe? Husten kann sehr quälend sein. Vor allen Dingen nachts raubt er den Schlaf, stresst uns dadurch und schwächt so unser Immunsystem noch mehr. Um den Husten zu lindern, sollten die Zimmer des Kranken eine höhere Luftfeuchtigkeit haben, denn trockene Heizungsluft ist Gift für die bereits gereizten Bronchien. Zum Befeuchten der Bronchien kann man aber auch inhalieren. Generell ist eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr von mindestens drei Litern pro Tag wichtig, denn meist verliert der Patient durch das Schwitzen viel Feuchtigkeit.

Gegen den quälenden Hustenreiz haben sich Hausmittel wie warme Milch mit Honig bewährt. Diese Kombination legt einen Schutzfilm über die Schleimhaut, sodass die Hustenrezeptoren nicht so stark gereizt werden. Das gleiche Wirkprinzip greift auch bei Salbeibonbons. Tees mit pflanzlichen Extrakten, die schleimlösend und entzündungshemmend wirken (z. B. Thymian), helfen ebenfalls. Da die Hustenrezeptoren im Liegen noch mehr gereizt werden, sollte der Oberkörper in einer leicht erhöhten Schlafposition gelagert werden. Sanftes Abklopfen auf dem Rücken bei vornüber gebeugtem Oberkörper kann ebenfalls dazu beitragen, dass sich der Schleim besser löst. Ansonsten gilt tatsächlich: Abwarten und Tee trinken.

Keuchhusten auf dem Vormarsch Experten warnen seit ein paar Jahren vor einem erneuten Aufflackern des Keuchhustens (Pertussis), vor allem bei jungen Erwachsenen. Kinder werden meist gegen Keuchhusten geimpft, jedoch hält die Immunität nur etwa 15 bis 20 Jahre an. Viele Erwachsene bedenken dies nicht und lassen sich daher nicht erneut impfen.

Keuchhusten wird durch ein Bakterium ausgelöst, wobei infizierte Menschen über viele Wochen hoch ansteckend sind. Die Krankheit verläuft bei manchen stumm, bei anderen wie eine Bronchitis und bei weiteren mit den typischen Keuchhustensymptomen. In der ersten Phase (Stadium catarrhale) kommt es zu grippeähnlichen Symptomen. Nur in dieser bis zu zwei Wochen langen Phase kann man den Keuchhusten mit Antibiotika wirksam therapieren.

Die bis zu sechs Wochen dauernde zweite Phase (Stadium convulsivum) zeigt die typischen stakkatoartigen Hustenanfälle. Bei Säuglingen kann diese Phase lebensgefährlich sein, denn die Anfälle äußern sich nicht in Husten, sondern in Atemstillstand. Darauf folgt die dritte Phase (Stadium decrementi), in der der Husten über bis zu zehn Wochen langsam abnimmt. Da ein unproduktiver Husten, der mehr als drei Wochen anhält, typisch für eine Keuchhusteninfektion sein kann, sollte man bei einer solchen Symptomatik auch immer an eine Pertussis denken.

Ähnliche Symptome (bellender Husten, Pfeifgeräusche, Abgeschlagenheit) weist auch die Diphterie auf, eine Infektionskrankheit, die zu Komplikationen wie Nervenlähmungen, Herzmuskelentzündungen, Lungenentzündungen und Nierenversagen führen kann. Gegen Diphterie gibt es ebenfalls einen Impfstoff.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/11 ab Seite 14.

Dr. Holger Stumpf, Medizinpurnalist

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