Nacktkatze © furtseff - Fotolia.com
© furtseff - Fotolia.com

Tierallergien

HUND, KATZE, PFERD?

Ein vierbeiniger Freund trotz Beschwerden? Medienberichte weckten in den letzten Jahren vielfach Hoffnung auf eine Lösung des Dilemmas: das allergenarme Tier. Selbst der US-Präsident besitzt zwei davon.

Seite 1/1 6 Minuten

Seite 1/1 6 Minuten

Seit diesem Sommer ist nun noch ein zweiter „First Dog“ ins Weiße Haus einzogen und damit ins Rampenlicht gerückt. Hunderassen wie die Portugiesischen Wasserhunde der Obamas oder die Labradoodle-Mischung seien weniger bedenklich, da sie weniger Haare und Schuppen verlieren, hieß es.

Doch vor zwei Jahren hat die Hoffnung vieler Allergiker einen Dämpfer bekommen: US-Forscher untersuchten Staubproben in 173 Haushalten, in denen Hunde 60 verschiedener Rassen lebten. Dabei fanden sie, dass die Konzentrationen an dem Major -Allergen des Hundes, Can f 1, sich alle auf dem gleichen Niveau bewegten und auch in Haushalten mit als hypoallergen geltenden Hunden nicht geringer waren.

Der Mythos vom allergenarmen Hund Internationale Allergologen bekräftigen seit längerem, dass die Bezeichnung „hypoallergener Hund“ irreführend ist. Bestenfalls könne man in Einzelfällen feststellen, dass manche Allergiker einen ganz bestimmten Hund tolerieren können; dies sei aber unabhängig von der Rasse. Die relevanten Allergene werden nämlich nicht von allen Tieren im gleichen Mengenverhältnis synthetisiert. Es gibt individuell unterschiedliche Allergenmuster, die sich auch innerhalb einer Rasse deutlich von Hund zu Hund unterscheiden, das zeigten schon vor Jahren Untersuchungen einer Allergologin der Universität Göttingen.

Verschiedene Hunderassen, aber auch einzelne Individuen geben diesen Studien zufolge auch sehr unterschiedliche Mengen des Proteins Can f 1 an die Umgebung ab. Bei Pudeln zum Beispiel fand man eher größere Konzentrationen davon im Fell als beispielsweise bei Schäferhunden.

Die tatsächliche Vielfalt in Art und Quantität an Allergenen, die Hunde produzieren können, ist größer als das Spektrum, das in den gängigen Extrakten enthalten ist, die für diagnostische Hauttests verwendet werden. Daher fällt so ein Test gelegentlich negativ aus, obwohl eine einschlägige Allergie vorliegt. Bei entsprechendem Verdacht empfehlen Experten, mit Haaren des eigenen Hundes zu testen.

Auch wenn eine Allergie auf Hunde meist nicht so heftig verläuft wie beispielsweise die Katzenallergie: Prinzipiell reichen bei manifesten Allergien schon geringste Mengen des Antigens aus, um die allergische Reaktion auszulösen. Wer gegen Hunde allergisch ist, müsse sie auch in Zukunft meiden, heißt es daher seitens der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie.

Potent und ubiquitär Katzenallergene gelten als die stärksten Allergene tierischen Ursprungs. Allgemein sind es nicht die Tierhaare als solche, gegen die man allergisch wird, vielmehr kommen die Allergene, also Allergie-auslösenden Moleküle (in der Regel Proteine) bei den meisten Tieren in Hautschuppen, Speichel und/oder Urin und deswegen auch im Fell vor.

Das Majorallergen der Katze Fel d1 zum Beispiel ist in Speichel, Urin und Talg enthalten. Wenn nach der Fellpflege der Speichel trocknet, wird das Protein über feinste Schwebeteilchen im Raum verteilt. Wegen ihres niedrigen Gewichts setzen sich die Partikel nicht am Boden ab und bleiben lange in der Luft, sondern werden leicht aufgewirbelt und können eingeatmet werden. Das ist auch der Grund, weshalb Betroffene auch dann Symptome haben können, wenn es in der Wohnung schon seit Wochen keine Katze mehr gibt. Wo ein Tier einmal lebte, sind die Allergie-auslösende Moleküle auch nach Jahren noch nachweisbar, wenn auch in geringerer Menge.

Was, wenn eine familiäre Veranlagung besteht?
Es gibt Hinweise aus Beobachtungsstudien, wonach eine Exposition gegenüber Katze oder Hund im ersten Lebensjahr die Wahrscheinlichkeit einer spezifischen Sensibilisierung in späteren Jahren verringert. Daraus darf man Experten zufolge jedoch nicht die Empfehlung ableiten, dass die Tierhaltung eine Präventionsmaßnahme für Risikokinder, also solche, bei denen ein Elternteil oder sogar beide an Allergien leiden (atopische Veranlagung), sein könnte. Im Gegenteil: Katzenhaltung gilt bei erhöhtem Allergierisiko nach der aktuellen Studienlage weiterhin als ein Risikofaktor. Gegen die Anschaffung eines Hundes dagegen spricht auch bei erblich erhöhter Allergiebereitschaft offenbar nichts.

Auch an der Kleidung von Menschen, die mit Katzen leben, werden sie überall hin verschleppt – in genügender Menge, um bei Allergikern Reaktionen auszulösen. Deshalb empfehlen Experten, im Fall ungeklärter allergischer Beschwerden wie etwa eines juckenden Hautausschlags, eines Schnupfens, der nicht durch eine Infektion verursacht wurde, oder von Augenbrennen auch bei Nicht-Katzenbesitzern auf eine Katzenallergie zu testen.

Hypo(allergen) oder Hype? Immer wieder werden auf dem Markt teure Züchtungen von so genannten „hypoallergenen“ Katzen angeboten. Eine kalifornische Firma machte vor einigen Jahren Schlagzeilen, als es hieß, sie habe Katzen gezüchtet, die geringere Mengen Fel-d1 produzieren. Schon früh warnten internationale Wissenschaftler jedoch vor zu großen Erwartungen. Es wird bezweifelt, dass die Abwesenheit eines einzigen der diversen Katzenallergene dafür ausreicht, dass bei allergischen Personen wirklich keine Symptome ausgelöst werden.

Ähnlich wie bei Hunden auch bedeutet das nicht, dass nicht im Einzelfall ein bestimmter Mensch trotz seiner Katzenallergie die „Spuren“ einer ganz bestimmten Katze tolerieren kann. Zwar scheinen Kater mehr Allergen zu produzieren als weibliche Tiere, kastrierte Kater weniger als nicht kastrierte, aber berechenbar ist bei Allergien nichts, auch nicht durch Kauf des Tiers einer bestimmten Züchtung.

Die Beschwerden ernst nehmen! Wegen möglicher schwerer Konsequenzen sollte man es lieber nicht zulassen, dass sich Betroffene in Sicherheit wiegen. Machen Sie Ihren Kunden klar, dass es oft nicht beim Niesen und Nasenlaufen bleibt: Wenn keine geeigneten Maßnahmen unternommen werden, können – wie beim Heuschnupfen – langsam und anfangs unbemerkt, auf Dauer auch die tieferen Atemwege in Mitleidenschaft gezogen werden (Etagenwechsel).

Nach einer Studie entwickelt sich bei jedem fünften Kind mit Katzenallergie im Laufe von neun Jahren ein Asthma bronchiale. Außerdem hat, wer bereits an einer Tierhaarallergie leidet, ein höheres Risiko als Nicht-Allergiker, eine weitere Allergie zu bekommen. Auch sind Kreuzreaktionen, beispielsweise zwischen Hunde- und Katzenallergenen möglich.

Und was ist mit Pferden? Auch die Werbung für „allergenarme“ Pferde (Bashkir Curly oder Curly Horses) stützt sich auf Aussagen von Züchtern und Einzelberichte, die nicht überprüfbar sind. Schon vor Jahren haben schwedische Forscher Extrakte der Epithelien verschiedener Rassen untersucht, mit dem Ergebnis, dass sich Allergenmuster wie -gehalt der als allergenarm beschriebenen Züchtung nicht von denen anderer Pferde unterscheiden.

Möglicherweise, so wird spekuliert, verlieren jedoch die Curly-Pferde zu bestimmten Zeiten weniger Haare und Hautschuppen. Das heißt, es kann unter Umständen unterschiedlich starke Reaktionen gegen verschiedene Pferde geben - grundsätzlich jedoch ist immer ein Risiko, auch einer heftigen Reaktion gegeben.

»Pferdeallergene gehören zu den aggressivsten inhalativen Allergenen, da sie lebensbedrohliche Asthmaanfälle auslösen können.«

Da Pferdeallergene zu den aggressivsten inhalativen Allergenen gehören und im schwersten Fall auch lebensbedrohliche Asthmaanfälle auslösen können, wird nachdrücklich vor Kontakt zu Pferden gewarnt, wenn eine entsprechende Allergie diagnostiziert wurde – zumindest sollten Betroffene Orte und Situationen meiden, bei denen man mit höheren Allergenmengen rechnen muss (Reithallen; Striegeln).

Wenn die Tierliebe zu groß ist Eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) ist bei Allergien im Prinzip sinnvoll, da sie kausal ansetzt. Bei Tierallergien gibt es allerdings bisher keine so guten Erfolgsquoten wie beispielsweise im Fall von Pollen- oder Hausstaubmilbenallergie, auch ist vermehrt mit Nebenwirkungen zu rechnen.

Wenn Betroffene es einfach nicht übers Herz bringen, sich von ihrem Liebling zu trennen, sollten sie zumindest die Allergenbelastung in der Wohnung so niedrig wie möglich halten:

  • Schlaf- und Kinderzimmer sollten tierfreie Zone sein; Bettzeug immer bei mindestens 60 °C waschen.
  • Die Wohnung häufig intensiv reinigen und gut lüften.
  • Katze oder Hund zwei Mal pro Woche waschen.
  • Polstermöbel mit Handtüchern/Laken abdecken und diese regelmäßig waschen.
  • Kleidung, ein wesentlicher Transportvektor von Allergenen, sollte ebenfalls häufig gewaschen werden.
  • Luftreiniger mit Filtern, die feinste Stäube und Schwebstoffe abfangen können, werden von US-Experten empfohlen. Sie können langfristig bei konsequentem Gebrauch die Allergenkonzentration in der Raumluft reduzieren. Dass allein damit Symptome tatsächlich gelindert werden, darf aber nicht erwartet werden.

Grundsätzlich ist die primäre Maßnahme bei jeder Allergie, die Exposition mit dem auslösenden Antigen zu vermeiden oder verringern (Allergenkarenz), sprich: Allergiker sollten keine Fell tragenden Haustiere halten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 ab Seite 96.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

×