Frau prüft Inhaltsstoffe.© gpointstudio / iStock / Getty Images

Endokrine Disruptoren

HORMONSTÖRENDE CHEMIKALIEN

Endokrine Disruptoren haben nicht nur einen gefährlich klingenden Namen, sie greifen in das Hormonsystem der Menschen ein und verursachen eine Reihe von Krankheiten. Die Stoffe befinden sich in verschiedenen Alltagsprodukten.

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Das Hormonsystem ist für die Gesundheit von Mensch und Tier von großer Bedeutung. Es steuert die Produktion und Ausschüttung von Botenstoffen, die wiederum an Prozessen des Wachstums, des Stoffwechsels, des Immunsystems, der Fortpflanzung oder des Verhaltens beteiligt sind. Endokrine Disruptoren werden auch als Umwelthormone bezeichnet und kommen vorwiegend in synthetisch hergestellten Materialien vor.

Es handelt sich hierbei um Chemikalien, die wie Hormone wirken. Sie stören hormonelle Prozesse in menschlichen und tierischen Organismen und fördern daher Erkrankungen der Schilddrüse, Krebs, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Adipositas. Darüber hinaus können sie zu Unfruchtbarkeit oder Schädigungen der Keimbahn führen. Die Aufnahme in den Körper erfolgt über Hautkontakt (etwa durch Kosmetika oder Textilien) sowie durch das Einatmen von schädlichen Substanzen. Auch über Nahrungsmittel und Trinkflüssigkeiten gelangen endokrine Disruptoren in den Organismus.

Lange Liste Sie sind in Pflanzenschutzmitteln, Kunststoffen, Kosmetikprodukten, Fertignahrung und vielem mehr enthalten. Auch in Auskleidungen von Tetrapaks und Dosen sowie in Elektronikartikeln kommen sie vor. Zu den endokrin aktiven Substanzen zählen Dioxine (sie bilden sich bei Verbrennungsvorgängen), Bisphenol A (BPA) und Phtalate (Weichmacher in Plastik), polychlorierte Biphenyle (PCB) (sie wurden früher als Hydraulik- oder Isolieröle verwendet), DDT (es wurde einst zur Insektenbekämpfung genutzt) sowie Parabene (zur Konservierung von Kosmetika). Einige davon, wie DDT, sind bereits seit Jahren verboten, treten jedoch sowohl in der Umwelt als auch in der Nahrungskette noch immer auf.

DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) wurde bereits 1939 entdeckt und weltweit als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Anfang der 1970er Jahre wurde es aufgrund seiner hohen Schädlichkeit wieder verboten. Allerdings wird das Gift sehr schlecht abgebaut, sodass es in nahezu jedem Organismus nachgewiesen werden kann. Die Substanz beeinflusst die Geschlechtshormone und führt durch die Verstärkung des Estrogens zu einer Verweiblichung des Körpers. Bisphenol A ist die bekannteste Substanz unter den Umwelthormonen. Es kann sich beim Kontakt mit Lebensmitteln aus dem Produkt (zum Beispiel Plastikflaschen oder Beschichtung von Konservendosen) lösen und über die Speisen in den menschlichen Organismus gelangen.

Die Substanz greift bereits in den geringsten Mengen in den Hormonhaushalt ein. BPA steht im Verdacht, Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes und Unfruchtbarkeit auszulösen. Seit 2011 darf es in der EU nicht mehr in Babyflaschen vorkommen, seit 2020 ist die Verwendung in Thermopapier (zum Beispiel Kassenbons) verboten. Triclosan findet man in Seifen, Zahnpasta und in einigen Deodorants. Die Substanz soll ähnlich risikobehaftet sein wie Bisphenol A und verursacht vermutlich verschiedene Störungen beim Menschen wie Tumoren, Entzündungen der Leber, eine Abnahme der Fertilität, Asthma und Allergien. Außerdem zeigte sich in Tierversuchen, dass Triclosan den Darm schädigen und Darmkrebs begünstigen kann.

Polychlorierte Biphenyle wurden durch die Stockholmer Konvention im Jahre 2001 weltweit verboten. Zuvor waren sie in Transformatoren, in Hydraulikanlagen als Hydraulikflüssigkeit, in Lacken, in elektrischen Kondensatoren oder in Kunststoffen enthalten. PCB stehen im Verdacht, kanzerogen zu sein, außerdem fördern sie die Unfruchtbarkeit des Mannes, schädigen das Immunsystem oder verzögern die geistige und körperliche Entwicklung. Auch Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber gehören zu den schädlichen Chemikalien. Insgesamt gibt es in der EU etwa 22 000 Chemikalien oder natürlich vorkommende Substanzen, die vermarktet werden – davon werden 1000 als endokrin aktiv eingestuft.

Berührungspunkte meiden! Die endokrinologische Fachgesellschaft Endocrine Society empfiehlt verschiedene Maßnahmen, um den Kontakt mit endokrinen Disruptoren möglichst auszusparen. Sie können diese Ratschläge im Beratungsgespräch an Ihre Kunden weitergeben:

  • auf Tabakrauch verzichten,
  • kein Spielzeug und keine Flaschen und Aufbewahrungsbehälter aus Kunststoffen verwenden,
  • Bio-Lebensmittel bevorzugen, da diese nicht mit Pestiziden behandelt wurden,
  • beim Einkauf auf die Inhaltsstoffe der Produkte achten und solche mit endokrinen Disruptoren nicht kaufen,
  • Kosmetikprodukte ohne synthetische Duftstoffe wählen,
  • beim Einkauf eine App wie „Codecheck“ nutzen, um detaillierte Informationen über die Inhaltsstoffe der Produkte zu erhalten.

Wie greifen endokrine Disruptoren in das Hormonsystem ein? Die „Umwelthormone“ stören die Wirkung der körpereigenen Hormone auf verschiedenen Ebenen. Sind die endokrinen Disruptoren den natürlichen Hormonen chemisch ähnlich, binden sie an die Rezeptoren und schwächen die Wirkung der körpereigenen Hormone ab. Außerdem verändern die Schadstoffe unter Umständen die Stärke der Rezeptoraktivität. Sie sind außerdem in der Lage, den Abbau der natürlichen Botenstoffe durch die Hemmung von Enzymen zu beeinflussen. Zusätzlich können sie die Herstellung der körpereigenen Hormone in den endokrinen Drüsen aus dem Gleichgewicht bringen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2021 ab Seite 116.

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