Ein junger Mann trägt eine gelbe Armbinde mit drei schwarzen Punkten und eine dunkle Sonnenbrille. Mit Hilfe eines Blindenstocks und am Arm einer jungen Frau überquert er eine Straße.© AndreyPopov / iStock / Getty Images Plus
Ohne den Sehsinn ist es schwieriger sich in der Umgebung zu orientieren. Ein Hirnimplantat könnte Blinden künftig dabei helfen.

Hirnimplantat

BLINDE FRAU SIEHT DANK CHIP UND BRILLE

Spanische Forscher ermöglichten es einer vollständig erblindeten Frau durch ein Mikroimplantat Formen zu erkennen. Sogar ein einfaches Videospiel war nach ein wenig Übung möglich.

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16 Jahre ist es her, dass Bernadeta Gómez erblindete. Toxische Substanzen hatten damals die Sehnerven der heute 57-Jährigen zerstört. Und obwohl keine Signale mehr von ihren Augen ihr Gehirn erreichten, nahm sie ab und zu so genannte Phosphene wahr: Das sind Lichterscheinungen, die auf eine besondere Stimulation zurückgehen. Einen ähnlichen Effekt erreichen wir, wenn wir die Augen schließen und vorsichtig auf die Augäpfel drücken.

Professor Eduardo Fernandéz von der Universität Miguel Hernández in Spanien nutzte dieses Phänomen aus. Seine Idee dazu: eine Sehprothese. Die basierte auf der Tatsache, dass Augen und Gehirn stets zusammenarbeiten. Die Rezeptoren in unseren Augen nehmen Lichtreize wahr, wandeln sie in elektronische Nervensignale um und senden diese über den Sehnerv an die Neuronen im visuellen Cortex unseres Gehirns. Dort werden die Signale zu einem Bild zusammengesetzt. Sind entweder die Augen, der visuelle Cortex oder die Nervenverbindung geschädigt, funktioniert allerdings nichts mehr davon – wir sind blind.

Sehen mit Chip und Brille

Fernandéz und seine Forscherkollegen entwickelten ein winziges Implantat, das in der Lage ist, die Neuronen im visuellen Kortex zu stimulieren. Die Signale stammen jedoch nicht von den Augen – die sind ja geschädigt -, sondern von einer kleinen Kamera, die an einer Spezialbrille befestigt ist. Gleichzeitig implantierten die Wissenschaftler der Senora Gómez einen 3,6 Millimeter großen, quadratischen Chip ins Gehirn.

Dieser war sowohl in der Lage, die elektrische Aktivität der Neuronen aufzuzeichnen als auch zu stimulieren – und durch eben diese Stimulation Phosphene auszulösen. Je nachdem, wie die Elektroden die Signale sendeten, nahm Gómez unterschiedliche Lichtpunkte wahr. Als sie zwei Monate lang trainiert hatte, konnte sie dann die spontan auftretenden Phosphene von den gezielt verursachten unterscheiden. Jetzt war sie auch in der Lage, Formen zu erkennen. Die Stimulation zeichnete also in ihrem Gehirn Bilder nach, die die Kamera an der Spezialbrille aufnahm.

Flächen, Formen, Buchstaben

Jetzt ging es richtig los für die Dame, die davon begeistert war – das bezeugt jedenfalls das Bild, das bei ihren Trainings aufgenommen wurde. Sie konnte Buchstaben, Formen und farbliche Abgrenzungen erkennen und sogar ein Videospiel spielen. Die Wissenschaftler sind frohen Mutes und meinen, dass das Implantat auch über einen längeren Zeitraum sicher ist, es seien keine negativen Nebenwirkungen beobachtet worden.

„Sehr aufregend“ nennt Fernandéz die Ergebnisse und er will daran arbeiten, die räumliche Auflösung der erzeugten Bilder zu verbessern. „Ein Ziel dieser Forschung ist es, blinden Menschen mehr Mobilität zu geben“, sagt Co-Autor Richard Normann. „Es könnte ihnen ermöglichen, Personen, Türöffnungen oder Autos leichter zu erkennen. Das könnte ihre Unabhängigkeit und Sicherheit erhöhen. Das ist es, worauf wir hinarbeiten.“

Quelle: wissenschaft.de

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