Ein Scherenschnitt aus weißem Papier eines Kopfes im Profil. Die Schädeldecke ist aufgeklappt, darüber schwebt eine Batterie mit nur einem roten Ladebalken.© MissTuni / iStock / Getty Images
Warum können wir uns nach einem anstrengenden Arbeitstag nicht mehr zu großen Leistungen aufraffen? Forscher haben einen Übeltäter ausgemacht.

Hirnforschung

GLUTAMAT MACHT GEHIRN GROGGY

Viel Denken erschöpft, ähnlich wie körperliche Anstrengung. Wie kann das sein? Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat jetzt eine mögliche Erklärung dafür gefunden – die Ansammlung eines Stoffes im Gehirn, der im Übermaß potenziell toxisch ist.

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Eine Verbindung von Glutamat und körperlicher sowie geistiger Erschöpfung vermutete die Wissenschaft schon lange. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse, die diese Hypothese womöglich belegen – und die gleichzeitig neue Fragen darüber aufwerfen, wie Schlaf mit dem Abbau von Glutamat zusammenhängt.

Ein Team um Forscher Antonius Wiehler hat eine Reihe von Versuchen angestellt, die eine Verbindung zwischen großer mentaler Anstrengung und einem hohen Glutamatspiegel vermuten lassen. Hierzu wurden 40 Probanden vor einen Bildschirm gesetzt und sie mussten Buchstaben nach verschiedenen Merkmalen ordnen, etwa nach Vokalen und Konsonanten oder einfach nach der Farbe. Dabei erhielten 24 Teilnehmer schwere Aufgaben, während die restlichen 16 einfache Fragen zu lösen hatten.

Schwere Aufgaben, leichte Aufgaben

Die Versuchsteilnehmer mussten manchmal zusätzlich angeben, ob ein Buchstabe mit denselben Merkmalen schon einmal vorgekommen war. Die Forscher testeten so das Gedächtnis der Probanden. Die Teilnehmer mussten auch zwischen zwei Geldbeträgen wählen: einem kleinen Betrag, der ohne viel Anstrengung zu bekommen ist, und einem großen Betrag, der mit viel Aufwand verbunden ist.

Ganze sechseinhalb Stunden durchliefen die Probanden verschiedene Tests, allesamt am Bildschirm – kein Wunder, dass anschließend alle erschöpft waren. Auffällig war, dass vor allem die Probanden, die zuvor schwere Buchstaben-Aufgaben erhalten hatten, den kleinen Geldbetrag ohne viel Aufwand wählten. Und je länger die Tests dauerten und je erschöpfter sie waren, umso eher fiel die Entscheidung auf den kleinen Betrag.

Glutamat: Wichtige Substanz mit toxischem Nebeneffekt

Zwischen den verschiedenen Tests wurden die Probanden mittels Magnetresonanzspektroskopie (MRS) untersucht. Bei Teilnehmern mit schwereren Aufgaben fanden die Forscher eine Ansammlung von Glutamat an der äußeren Hirnrinde. Die Region ist zuständig für die Selbstkontrolle. Glutamat ist einer der wichtigsten erregenden Botenstoffe im Gehirn. Es ist an der Entgiftung von Ammoniak beteiligt und wirkt in hohen Konzentrationen toxisch, weil es den Zellstoffwechsel stört. Die Forscher sehen eine Verbindung zwischen dem hohen Glutamatspiegel und körperlicher sowie geistiger Erschöpfung.

Kann man diese Entgleisung im Glutamathaushalt irgendwie stoppen? Hirnforscher Mathias Pesiglione, ein Kollege Wiehlers, sagt nein. Er empfiehlt ausgiebigen Schlaf und Ruhe, da Experimente belegen, dass Glutamat im Schlaf abgebaut wird. Fritjof Helmchen vom Institut für Hirnforschung der Universität Zürich meint, dass die Verbindung von Schlaf mit dem Glutamathaushalt eine interessante Frage sei, vor allem bei dem Thema, ob man durch Schlaf das Gleichgewicht im Gehirn wiederherstellen kann.

Quelle: Spektrum

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