Zarte Hände halten ein gestricktes rotes Herz wie in einer Schale. Man erkennt an der dunklen, dicken Jacke der Person und dem Laub auf dem Boden, dass Herbst ist.© Rafael Abdrakhmanov / iStock / Getty Images Plus
Virus-Infektionen können eine Myokarditis auslösen. Am besten schützt man das Herz davor, indem man Infekte richtig auskuriert.

Herzmuskelentzündung

MYOKARDITIS NACH INFEKT - DAS A UND O IST ABSOLUTE SCHONUNG

Myokarditis und Perikarditis gelangten ins öffentliche Bewusstsein als mögliche Folge einer COVID-19-Impfung. Doch als Impf-Komplikation sind diese Entzündungen am Herzen sehr selten vertreten – die häufigste Ursache für eine Herzmuskelentzündung sind nach wie vor nicht auskurierte Infekte.

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„Die meisten Myokarditiden sind viral bedingt“, sagt Professor Dr. Thomas Meinertz, Kardiologe aus Hamburg, „Nur in wenigen Fällen sind Bakterien der Auslöser.“ Erkältungs-, Grippe, Herpes- oder auch Masernviren sind Beispiele für virale Erreger. Zu den bakteriellen zählen unter anderem Mykobakterien, Streptokokken, Staphylokokken oder der Verursacher der Lyme-Borreliose, Borrelia burgdorferi. Eine Myokarditis kann sich aber auch arzneimittelinduziert oder als Folge einer Strahlentherapie entwickeln.

Sind nur die Zellen des Herzbeutels von der Entzündung betroffen, spricht man von einer Perikarditis. Besonders Männer zwischen 20 und 50 Jahren sind davon betroffen; wie viele Menschen aber überhaupt jährlich eine der beiden Entzündungen bekommen, ist unklar. Denn die Erkrankung verläuft oft so, dass man ihre Symptome mit denen der Infektion verwechselt. Zudem heilt sie häufig spontan aus.

Infekt-Erreger wandert zum Herzen

Gerade im Winter geht Myokarditis und Perikarditis meist ein grippaler Infekt voraus. Die Komplikation entsteht, wenn die Immunabwehr den Erreger nicht ausreichend in Schach halten kann und sich dieser über das Blut weiter bis zum Herzen ausbreitet. Viele merken kaum etwas davon. Herzklopfen und Herzstolpern können, müssen aber nicht auftreten. Unspezifische Beschwerden wie

  • Kurzatmigkeit,
  • Erschöpfung,
  • Müdigkeit,
  • Schwäche,
  • Appetit- und Gewichtsschwankungen

treten sowieso häufig zusammen mit dem Infekt auf. Wenn aber die Infektionssymptome immer wieder aufflammen, sollte der Betroffene zum Arzt gehen.

Frühe Diagnose schützt vor Langzeitfolgen

Denn eine frühe Diagnose ist wichtig, um Langzeitfolgen wie eine chronische Herzschwäche zu verhindern. Die Diagnose erfolgt entweder über ein bildgebendes Verfahren oder über Blutuntersuchungen. Eine Myokardbiopsie ermöglicht es dann, die Ursache der Entzündung auszumachen und damit zielgerichtet zu therapieren.

Bei Myokarditis gilt: schonen, schonen, schonen

Medikamente wie Betablocker und ACE-Hemmer können helfen – das A und O ist aber absolute Schonung. Jede Anstrengung schadet dem Herzen und erhöht das Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Intensive sportliche Aktivitäten müssen drei bis sechs Monate warten und dürfen nur nach ärztlicher Freigabe erfolgen.

Auch COVID-19 kann Myokarditis auslösen

Eine Myokarditis kann sich auch als Spätfolge von COVID-19 entwickeln, denn die Viren können Entzündungen in den Gefäßen aller Organe auslösen, auch im Herzen. SARS-CoV-2 dockt hier direkt an die Endothelzellen an.

Myokarditis durch Impfung

Sehr selten können mRNA-Impfstoffe Entzündungen am Herzmuskel, teilweise auch am Herzbeutel auslösen. Diese Art der Myokarditis betrifft vor allem junge Männer im Alter zwischen 16 und 29 Jahren und entwickelt sich überwiegend innerhalb von 14 Tagen nach der zweiten Impfung. Perikarditis tritt hingegen bei älteren Menschen in längerem Abstand nach beiden Impfungen auf.

Bis September waren es 703 Verdachtsfälle beider Herzentzündungen nach einer Impfung mit Comirnaty® (BioNTech) sowie 89 Fälle mit Spikevax® (Moderna). Wegen möglicher Nebenwirkungen pausieren seit Anfang Oktober Dänemark und Schweden vorerst die COVID-19-Impfungen mit Spikevax® bei  Menschen des Jahrgangs 1991 oder jünger; Comirnaty®  wird hingegen weiter eingesetzt.

Berichtsfälle von Myokarditis/Perikarditis
Frauen
Comirnaty: 0,54 Fälle je 100 000 Impfungen
Spikevax: 0,44 Fälle je 100 000 Impfungen
Männer
Comirnaty: 1,33 Fälle je 100 000 Impfungen
Spikevax: 1,46 Fälle je 100 000 Impfungen

Das unterschiedliche Risiko könnte damit zusammenhängen, dass Spikevax®  dreimal höher dosiert ist als Comirnaty®. Das kann zwar einerseits eine höhere Schutzwirkung gegenüber virulenteren Formen des Coronavirus der Delta-Variante bewirken, aber andererseits auch das Risiko für die Impfkomplikationen am Herzen erhöhen.

Heilungschancen

Nach einer Myokarditis durch eine Impfung ist die Prognose allerdings gut – die meisten Patienten entwickeln kaum Symptome und genesen rasch und komplikationslos. „Das Risiko, dass das Herz schwer und dauerhaft geschädigt wird, ist bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 außerdem um ein vielfaches größer als bei einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff“, ordnet Meinertz die Wahrscheinlichkeiten ein.

Nach einem nicht auskurierten Infekt bleiben in 30 Prozent der Fälle Herzschwäche oder leichte Rhythmusstörungen zurück, die durch Vernarbungen im Herzmuskel entstehen. Für COVID-19 liegen verschiedene Ergebnisse vor:

  • Forscher aus Ohio untersuchten symptomarme Sportler, 15 Prozent zeigten anschließend Hinweise auf eine Myokarditis.
  • Frankfurter Wissenschaftler betrachteten COVID-Patienten mit Symptomen. Von ihnen hatten 60 Prozent eine kardiale Entzündung.
  • Eine dänische Studie befasste sich mit den Spätfolgen nach moderatem bis schwerem COVID-Verlauf: Bei 20 Prozent war die Herzleistung nach sechs Monaten noch eingeschränkt.

Wie hoch das Risiko für bleibende Herzschäden nach COVID-19 ist, ist also noch nicht abschließend geklärt.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/infekt-hinterlaesst-spuren-im-herzen-129245/seite/alle/ 
https://www.herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/coronavirus/corona-impfung-myokarditis 

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