Frau joggt am Morgen© Drazen Zigic / iStock / Getty Images Plus
Beim Sport im Freien sollte man darauf achten, dass die Feinstaubbelastung moderat ist. Bei zu hohen Werten schadet der Sport dem Herz-Kreislauf-System.

Herz-Kreislauf | Luftverschmutzung

SPORT BEI HOHEN FEINSTAUBWERTEN NICHT RATSAM

Es heißt immer: Bewegung an der frischen Luft ist wichtig und tut dem Körper gut. Aber nicht immer, wie eine aktuelle Studie aus Südkorea zeigt. Zu hohe Feinstaubwerte im Freien beeinträchtigen das Herz-Kreislauf-System.

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„Das Besondere an der Studie ist, dass sie erstmals eine Schwelle für die Feinstaubbelastung angibt, ab der es für Herz und Kreislauf nachteilig ist, draußen Sport zu treiben“, sagt Professor Thomas Münzel, Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) an der Universitätsmedizin Mainz. 1,5 Millionen junge Erwachsene haben an der Studie teilgenommen. 

War die Feinstaubbelastung im Freien moderat, wurde durch körperliche Aktivität die Gesundheit der Probanden gefördert. Anders sah es bei hohen Werten aus. Hier schadete der Sport dem Herz-Kreislauf-System. „Die Feinstaub-Grenzwerte der EU liegen nah an dem Bereich, in dem laut der Studie körperliche Aktivität im Freien schädlich für das Herz-Kreislauf-System ist“, sagt Münzel. „Regional werden die Grenzwerte in Deutschland überschritten, etwa in Hochindustriegebieten.“

Aber was genau passiert im Körper durch den Feinstaub? Feinstaub findet seinen Weg über die Lungenbläschen ins Blut und somit auch zu allen anderen Organen. Beim Herz und in den Gefäßen können chronische Entzündungen entstehen, die wiederum zu Arteriosklerose, Herzinfarkt oder einem Schlaganfall führen können. Es ist sogar möglich, dass die winzigen Partikel des Feinstaubs die Blut-Hirn-Schranke überwinden und als Folge im Gehirn Entzündungen auslösen. 
 

Sport im Freien empfehlenswert oder nicht?

Woher weiß man nun, ob Sport im Freien für die Gesundheit gut oder schädlich ist? Entscheidend sind die Umweltbelastungen vor Ort, die heutzutage durch Messstationen erfasst werden. Neben diesen Messstationen, die Lärm und Temperatur erfassen, können auch Satellitendaten verwendet werden, um eine Belastungsprognose vorherzusagen. Da man eine solche Feinstaubbelastung selbst nicht erfassen kann, gibt es spezielle Apps. Diese nutzen die Daten und berechnen, ob Sport im Freien empfehlenswert ist oder nicht. Wichtig ist hierbei, dass die Apps es ermöglichen, die eingeatmete Dosis der Luftverschmutzung individuell abzuschätzen, abhängig von der geplanten Bewegung und den lokalen Messwerten. Für Münzel ist dies das beste Maß, um eine Entscheidung für oder gegen den Sport im Freien zu treffen. 
 

Weitere Studien notwendig

Die koreanische Studie hat laut dem Mainzer Kardiologen allerdings auch Einschränkungen. Es war beispielsweise nicht immer möglich, sicher zu beurteilen, ob die Probanden draußen oder drinnen aktiv waren. Des Weiteren wurde einmal pro Woche einen Fragebogen an die Teilnehmer verteilt. Dort sollten sie festhalten, wie hoch die Intensität war, mit der sie Sport getrieben hatten. Eine solche Herangehensweise könnte zu fehlerhaften Angaben führen, da man die Richtigkeit der Aussage der Teilnehmer nicht einhundertprozentig gewährleisten kann. 
Die koreanischen Forscher haben die gesundheitlichen Folgen wie Schlaganfälle oder verengte Herzkranzgefäße über einen Zeitraum von fünf Jahren erfasst. Weitere Untersuchungen sind für Münzel essenziell. Es gilt, herauszufinden, wie sich kurzfristige Veränderungen der Luftverschmutzung zusammen mit einer veränderten sportlichen Aktivität auf das Herz-Kreislauf-System auswirken.

Über kritische Grenzwerte:
Emissionen, also Abgase aus Industrie und Verkehr, enthalten feste und gasförmige Bestandteile. Die festen Bestandteile, der sogenannte Feinstaub, werden nach ihrer Partikelgröße eingeteilt in grobe (10 µg), feine (2,5 µg) und ultrafeine (0,1 µg) Partikel.
PM ist die Abkürzung für das englische Wort für Feinstaub: particulate matter.
Als moderat bis niedrig stuften die Studienautoren Messwerte von unter 26,4 µg/m3 für Partikel mit einer Größe von 2,5 µm (PM 2,5) ein.
Der Feinstaub-Grenzwert der EU für PM 2,5 liegt bei 25 µg/m3 im Jahresdurchschnitt. Die WHO empfiehlt 10 µg/m3, in den USA gelten 12 µg/m3 als Grenzwert für Feinstaubpartikel der Größe PM 2,5. 
Im Schnitt liegt der PM 2,5-Wert in Deutschland zwischen 10 und 20 µg/m3.
 

Quellen: 
Thomas Münzel, Omar Hahad, Andreas Daiber: „Running in polluted air is a two-edged sword — physical exercise in low air pollution areas is cardioprotective but detrimental for the heart in high air pollution areas“, European Heart Journal, 8. Mai 2021. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab227
Seong Rae Kim, Seulggie Choi, Kyuwoong Kim, Jooyoung Chang, Sung Min Kim, Yoosun Cho, Yun Hwan Oh, Gyeongsil Lee, Joung Sik Son, Kyae Hyung Kim, Sang Min Park: „Association of the combined effects of air pollution and changes in physical activity with cardiovascular disease in young adults“, European Heart Journal, 29. März 2021. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab139
https://idw-online.de/de/news770251

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