Blindenhund © c-foto / iStock / Thinkstock
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Therapietiere

HELFER AUF VIER PFOTEN

Manchmal haben Hunde richtige Berufe und leisten den Menschen wichtige Dienste. Tiere, die bestimmte Aufgaben übernehmen, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllen und sehr wesensfest sein.

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Wohl kein anderes Haustier steht dem Menschen so nahe wie der Hund. Die treuen Vierbeiner haben allerdings noch viel mehr drauf, als nur der beste Freund des Frauchens oder Herrchens zu sein: Beispielsweise sind Blindenführhunde speziell ausgebildete Assistenzhunde, die hochgradig sehbehinderten oder blinden Menschen dabei helfen, eine gefahrlose Orientierung in fremder oder vertrauter Umgebung zu gewährleisten. Nach § 33 SGB V gelten sie rechtlich als Hilfsmittel. Die Tiere sind mit einem weißen Führgeschirr ausgestattet, welches gut erkennbar ist und andere Verkehrsteilnehmer zu besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit aufruft.

Schon im Welpenalter werden für diese Aufgabe geeignete Hunde aussortiert, woraufhin sie zur Sozialisation in Patenfamilien kommen. Im Anschluss findet die zwölf Monate andauernde Ausbildung in speziellen Blindenführhundeschulen statt – die Kosten dafür werden von den Krankenkassen übernommen. Bevor die Hunde ausgebildet werden, durchlaufen sie ein umfangreiches, veterinärmedizinisches Untersuchungsverfahren. Zudem wird ihr Wesen auf Eignung überprüft, indem die Tiere mit vielfältigen Umweltsituationen konfrontiert werden.

Die Rasse spielt grundsätzlich keine Rolle bei der Auswahl, allerdings sind Tiere mit einem hohen Aggressionspotenzial nicht geeignet. Häufig kommen Schäferhunde, Königspudel, Riesenschnauzer, Labradore und Golden Retriever zum Einsatz. Wichtige Eigenschaften der Kandidaten stellen Nervenfestigkeit, Freundlichkeit zu Menschen und Artgenossen, Anpassungsfähigkeit, Intelligenz, Mut und Lernfreude dar.

Ein Segen für Sehgeschädigte Die Führhunde ermöglichen ihrem Besitzer ein hohes Maß an Selbstständigkeit, Sicherheit und Mobilität, indem sie ihn etwa auf Türen, Bordsteinkanten, Treppen, Zebrastreifen oder freie Sitzplätze im Bus hinweisen. Sie bleiben vor Hindernissen stehen, bedienen Schalter an Ampeln, weichen entgegenkommenden Fußgängern aus oder suchen Dinge wie Briefkästen für ihren Halter. Der ausgebildete Hund erkennt etwa 76 Hörsignale und kann mit einem entsprechenden Training noch weitere erlernen.

Droht eine Gefahr (zum Beispiel im Straßenverkehr), muss er in der Lage sein, einen Befehl zu verweigern. Er verfügt somit über ein Frühwarnsystem, mit dem er Risiken rechtzeitig erkennt und beispielsweise an befahrenen Straßen stehen bleibt, weil er diese Protesthaltung in der Ausbildung erlernt hat (intelligenter Ungehorsam). Auch in der tiergestützten medizinischen Behandlung (Psychotherapie, Ergotherapie oder Heilpädagogik) werden die Helfer auf vier Pfoten eingesetzt. Sie erhalten Streichel- und Schmuseeinheiten von Menschen mit Handicap, während sie ihnen Lebensfreude und Selbstbewusstsein zurückgeben.

Tierische Pädagogen Ein weiteres Einsatzgebiet der Vierbeiner ist die Schule. Die Tiere begleiten den zuständigen Lehrer jeden Morgen mit an den Arbeitsplatz. Sie sollen für eine bessere Lernatmosphäre sorgen und erreichen, dass sich die Kinder wohler fühlen, den Klassenraum ordentlich halten, sich besser konzentrieren und ruhiger verhalten. Die sozialen und emotionalen Kompetenzen der Schüler werden durch die Anwesenheit des Hundes gestärkt, außerdem lockt der Vierbeiner stillere Mitschüler aus der Reserve und verbessert den Umgang untereinander. Es gibt Studien über den Einsatz der tierischen Co-Pädagogen, die zeigen, dass Schüler in Klassen mit einem tierischen Begleiter lieber zur Schule gehen, Auffälligkeiten seltener werden und Lehrer mehr Beachtung erhalten.

Voraussetzungen für den Einsatz Die tiergestützte Pädagogik setzt einen pädagogischen Abschluss des Hundeführers sowie eine sorgfältige tierärztliche Untersuchung (inklusive Impfung, Entwurmen und Flohprophylaxe) voraus. Besonders für den Unterricht geeignet sind gehorsame, ruhige Tiere, die auch mit Stress zurechtkommen. Die Rasse des Vierbeiners ist dabei unwichtig, entscheidender ist sein Wesen, welches vor dem Schulbesuch getestet wird. Für die Teilnahme am Unterricht ist schließlich die Zustimmung von Eltern, Lehrern und Ämtern notwendig.

Tierischer Besuch Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dass ehrenamtlich arbeitende Hundehalter stundenweise mit ihren Hunden in der Schule anwesend sind. Sie zeigen den Kindern den richtigen Umgang und erklären das Verhalten des Tieres. Vorher ist es ratsam, mit den Schülern Rituale und Regeln zu besprechen, um dem Hund Stress zu ersparen. Beispielsweise sollte der Vierbeiner zu Beginn der Stunde den Klassenraum erkunden dürfen. Er sollte schrittweise an die neue Situation herangeführt werden und stets klare Anweisungen erhalten.

Eine Umfrage des Arbeitskreises Schulhund in Baden-Württemberg (2010) ergab, dass Hunde am besten weder umarmt noch festgehalten werden und beim Schlafen sowie auf dem Ruheplatz nicht gestört, gerufen oder gefüttert werden sollten. Die Kinder sollten sich möglichst leise verhalten, weder rennen noch streiten und darauf achten, dass nichts auf der Erde liegt. Wichtig ist auch, die Erwartungen an das Tier nicht zu hoch zu stecken. Für Hunde ist es eine Herausforderung, sich auf so viele Kinder nacheinander einzustellen.

Lesen mit Hund Wissenschaftliche Untersuchungen haben belegt, dass ein Therapiehund sich beispielsweise im Rahmen einer Leseförderung positiv auswirken kann. In Anwesenheit des Vierbeiners schnitten Schüler im Lesetest besser ab als solche, die ohne Tier lernten. Konkrete Auswirkungen waren etwa die Reduzierung von Angst und Stress sowie die Steigerung der Motivation.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/18 ab Seite 122.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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