Biene © andreykuzmin / 123rf.com
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Honig

HEILENDES GOLD?

Zuckersüß, 100 Prozent natürlich und reich an gesunden Inhaltsstoffen – Honig ist zweifellos ein wertvolles Lebensmittel. Und auch über zahlreiche Kräfte soll der Schatz aus dem Bienenstock verfügen.

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Die Herstellung ist Schwerstarbeit – zumindest aus Sicht der Bienen: Für ein Kilogramm Honig müssen die emsigen Insekten eine Strecke zurücklegen, die dem Mehrfachen des Erdumfangs entspricht. Der Honig selbst entsteht aus Nektar oder Honigtau. Honigbienen nehmen die süßen Säfte an unterschiedlichen Pflanzen auf, reichern sie durch körpereigene Sekrete an, speichern sie in Waben und lassen sie dort reifen.

Auf diese Weise entsteht ein gesundes und seit Jahrtausenden geschätztes Naturprodukt, das es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hat: Rund 200 verschiedene Inhaltsstoffe stecken im Honig, darunter Vitamine , Mineralstoffe und Spurenelemente (z. B. Kalium, Magnesium, Eisen), Enzyme (z. B. Phosphatase, Invertase), Aminosäuren (z. B. Phenylalanin, Arginin, Lysin), Inhibine (z. B. Glucoseoxidase, Flavonoide) sowie zahlreiche Aromastoffe, die dem Honig Geschmack und Geruch verleihen. Zu etwa 80 bis 85 Prozent besteht Honig jedoch aus Zucker – vor allem aus Frucht- und Traubenzucker.

Das Verhältnis von Fruktose und Glukose ist für seine Konsistenz verantwortlich. Nicht nur als schmackhafter Süßmacher genießt Honig schon seit Urzeiten einen ausgezeichneten Ruf. Die Griechen wussten das Naturprodukt in besonderer Weise zu schätzen, denn laut Mythologie verdankten die Götter ihm ihre Unsterblichkeit. Auch als natürliches Therapeutikum war Honig schon im antiken Griechenland bekannt. Der berühmte Arzt Hippokrates verordnete ihn gegen Fieber und offene Wunden. Dass Honig Wunden reinigt, war auch den alten Ägyptern bewusst.

Stark gegen Bakterien Auch in der modernen Wundtherapie des 21. Jahrhunderts spielt Honig – genauer gesagt sterilisierter, medizinischer Honig – aufgrund seiner wundreinigenden und antibakteriellen Wirkung eine gewisse Rolle. Von manchem Mediziner wird er als wertvolles Lokaltherapeutikum geschätzt, von anderen jedoch auch äußerst kritisch bewertet. Bekannt ist, dass Honig aufgrund seiner hohen Zuckerkonzentration in der Lage ist, osmotisch Flüssigkeit aus dem umgebenden Gewebe zu ziehen, so Wundödeme zu verringern und die -reinigung durch vermehrte Exsudatbildung zu unterstützen.

Zelltrümmer und Bakterien werden aus der Wunde geschwemmt. Die antibakterielle Wirkung des Honigs wird neben dem osmotischen Wasserentzug durch sein meist saures Milieu (pH-Wert 3 bis 4) begünstigt, in dem sich Bakterien nicht vermehren können. Abhängig von der jeweiligen Sorte stecken im Honig zudem verschiedene antibakteriell wirksame Substanzen in unterschiedlicher Konzentration.

»Herkömmlicher Haushaltshonig gehört nicht auf Wunden!«

Berühmt geworden für seinen antibakteriellen Einfluss ist in den letzten Jahren das Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal (MGO), das in neuseeländischem Manuka-Honig nachgewiesen werden konnte. MGO entsteht in der Honigwabe durch Dehydratation der im Nektar der Blüten des Mankuastrauches enthaltenen Substanz Dihydroxyaceton.

Wirksam gegen Wunden? Aufgrund seiner antibakteriellen Eigenschaften wird medizinischer Honig in einigen deutschen Kliniken neben etablierten Präparaten zur Wundbehandlung eingesetzt. Positive Erfahrungen mit entsprechenden Medizinprodukten liegen vor, beispielsweise zur Behandlung schlecht heilender Wunden bei immunsupprimierten, krebskranken Kindern.

In einem Berliner Krankenhaus wird spezieller Manuka-Honig für die Wundversorgung bei Diabetischem Fußsyndrom eingesetzt – nach Klinikangaben mit guten Erfolgen. Um den Wert von medizinischem Honig bei akuten und chronischen Wunden wirklich beurteilen zu können, seien allerdings weitere größere Studien erforderlich, fordern Wissenschaftler.

Zu einem klaren Urteil kommt die Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung in ihrer S3-Leitlinie zur Lokaltherapie chronischer Wunden: Sie rät von medizinischem Honig ab. Während der Nutzen von medizinischem Honig für die Wundversorgung noch kontrovers diskutiert wird, steht fest, dass herkömmlicher Haushaltshonig auf keinen Fall auf Wunden aufgetragen werden darf! Denn im Gegensatz zu sterilisierten Präparaten kann klassischer Honig, egal ob aus dem Supermarkt oder aus dem Bioladen, Pilzsporen und Bakterien enthalten. Darauf sollten Sie als PTA unbedingt hinweisen, wenn sich Apothekenkunden für die „Honigtherapie“ interessieren.

Bewährtes Hausmittel Während Haushaltshonig für die topische Wundbehandlung also keinesfalls infrage kommt, leistet er als klassisches Hausmittel durchaus gute Dienste. Schon unsere Großmütter wussten, dass heiße Milch mit Honig bei Husten und Erkältungsbeschwerden eine Wohltat ist. „Der Hustenreiz wird möglicherweise dadurch etwas gelindert, dass Honig den Speichelfluss anregt“, heißt es im Fachmagazin „Gute Pillen – Schlechte Pillen“ (GPSP), das das traditionelle Heilmittel im letzten Jahr kritisch unter die Lupe genommen hat und zu dem Schluss kommt: „Gegen Honig als Hausmittel bei Husten ist nichts einzuwenden – auch wenn die wissenschaftliche Datenlage zum Nutzen mager ist.“

Eine gute Wirksamkeit bei Husten bescheinigten israelische Forscher dem Wabengold vor wenigen Jahren: In einer Studie bekamen 200 hustende Kinder vor dem Schlafengehen zehn Gramm Eukalyptus-, Zitronenblütenhonig oder Honig von Lippenblütlern. 70 ebenfalls erkältete Kinder erhielten Silan-Dattel-Extrakt, der in Farbe und Konsistenz dem Honig gleicht. Ergebnis: Alle drei Honigsorten besserten die Erkältungssymptome, zumindest in der Wahrnehmung der Eltern. Auch das süß schmeckende Placebopräparat ließ die Kleinen nachts weniger stark husten, der Effekt war jedoch deutlich schwächer als beim Honig.

Für Babys tabu Eltern, die dem Nachwuchs Honig zur Linderung von Erkältungsbeschwerden geben möchten, müssen jedoch wissen: Für Babys im ersten Lebensjahr ist das Naturprodukt tabu! Der Grund: Honig kann Sporen des Bakteriums Cl. botulinum enthalten. Bei den Allerkleinsten, deren Darmflora noch nicht ausgereift ist, können aus den Sporen Bakterien reifen, sich im Darm ausbreiten und das gefährliche Bakteriengift Botulinum produzieren.

Es kann schlimmstenfalls zu einer Lähmung der Atemmuskulatur und damit zum Tod führen. Vor diesem Hintergrund versteht sich von selbst, warum Säuglingstee nicht mit Honig gesüßt und weder Schnuller noch Brustwarzen stillender Mütter mit Honig bestrichen werden dürfen. Für ältere Kinder und Erwachsene mit stabiler Darmflora gehen vom Honig keine gesundheitlichen Risiken aus, sodass sie das Naturprodukt bedenkenlos und mit großem Appetit verzehren können.

Dass täglicher Honigkonsum Krankheiten vorbeugen kann, sei nach heutigem Wissensstand allerdings nicht zu erwarten, so das Fachmagazin GPSP. Und selbst wenn Honig theoretisch bei einer Krankheit hilfreich sein könne, seien medizinisch gesicherte Behandlungen vorzuziehen, so das Fazit der Autoren.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 auf Seite 110.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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