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HALTBARKEITSDATUM VON ARZNEIMITTELN

Über die Bedeutung des Haltbarkeitsdatums von Arzneimitteln konnte man in den letzten Monaten einiges in Radio und Fernsehen hören. Was sagen Sie Kunden, die Sie darauf ansprechen?

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Ein Wissenschaftsredakteur beantwortete im Radio die Frage, ob Arzneimittel auch nach dem Verfallsdatum noch verwendbar seien, mit der Aussage, einfache Medikamente wirken auch noch 15 Jahre, nachdem das Haltbarkeitsdatum abgelaufen sei. Er stützte sich dabei auf eine US-amerikanische Untersuchung, in der Arzneimittel aus Armeebeständen untersucht wurden. Durchschnittlich 57 Monate nach Ablauf des Verfallsdatums wiesen 84 Prozent der untersuchten Medikamente noch 90 Prozent ihrer Wirkstärke auf.

Problematisch an dieser Aussage ist unter anderem, dass der Redakteur keine Angaben macht, was er unter einfachen Medikamenten versteht. Im Fernsehen wurde kürzlich empfohlen, abgelaufene Arzneimittel nicht zwingend zu entsorgen. Das Verfallsdatum sei lediglich als Empfehlung zu sehen. Nur bei äußerlichen Qualitätsmängeln solle man zurückhaltend sein. Solche Aussagen sind aus pharmakologischer und mikrobieller Sicht abenteuerlich und riskant für den Anwender. Rechtlich sind diese Thesen gar nicht haltbar.

Teil des Zulassungsverfahrens Ob ein Arzneimittel gegen lebensbedrohliche Krankheiten oder gegen „eine Bagatelle” eingesetzt wird, spielt keine Rolle. Sie müssen alle denselben Qualitätsanforderungen entsprechen. Bei jedem Fertigarzneimittel werden im Rahmen der Zulassung die Grenzen für den zulässigen Wirkstoffgehalt festgelegt. In der Regel müssen bei Erreichen des Verfallsdatums zwischen 95 und 105 Prozent der angegebenen Wirkstoffmenge enthalten sein.

Im Einzelnen richtet sich dies nach der therapeutischen Breite und nach möglicherweise beim Abbau entstehenden pharmakologisch oder toxikologisch wirksamen Produkten. Die Angabe der Haltbarkeit ist keine freiwillige Leistung des Herstellers, sondern verbindlich im Arzneimittelgesetz geregelt. Ist das Datum überschritten, verliert das Arzneimittel seine Verkehrsfähigkeit. Entsprechend haftet dann auch der Hersteller nicht mehr für sein Produkt.

Beispiel ASS Nochmal zurück zum Radiobericht: Auch „einfache” Kopfschmerztabletten mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure haben eine begrenzte Stabilität. In der feuchten Luft des Badezimmers – einem wenn auch ungeeigneten, aber dennoch beliebten Ort für die Lagerung von Arzneimitteln – zersetzt sich ASS sehr schnell zu Salicyl- und Essigsäure. Und selbst bei optimaler Lagerung ist irgendwann ein dezenter Essigsäuregeruch wahrnehmbar.

Natürlich gibt es Arzneistoffe, die in einer geeigneten Zubereitung extrem lange haltbar sind. Ein Laie kann jedoch nicht erkennen, was sich im Inneren der Tablette abspielt und nicht jeder Verfall geht mit äußeren Anzeichen einher. Darum müssen Sie Ihren Kunden dringend von solchen Experimenten abraten. Abgelaufene Arzneimittel sollen grundsätzlich nicht mehr eingenommen werden. Sie können entweder mit dem Hausmüll entsorgt oder bei Schadstoffsammelstellen beziehungsweise in der Apotheke abgegeben werden. Die einzelnen Regelungen sind regional unterschiedlich.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/12 auf Seite 72.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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