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Kopfschmerzen

HÄUFIG UND MANCHMAL HEFTIG

Immer mehr Kindern und Jugendlichen brummt der Schädel. Vielfach helfen nicht-medikamentöse Behandlungsansätze.

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Unter gelegentlichen Kopfschmerzen leidet jedes fünfte Kind im Vorschulalter – bis zum Ende der Grundschulzeit hat bereits die Hälfte aller Kinder Erfahrungen damit. In Erhebungen bis zum zwölften Lebensjahr haben sogar neun von zehn schon ein Mal Kopfweh gehabt. Laut der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft leiden damit mehr Kinder darunter als noch vor 30 Jahren.

Warum das so ist, dazu gibt es unterschiedliche Erklärungsversuche, aber keine endgültigen Antworten: Liegt es daran, dass die Kleinen sich heute weniger bewegen? Ist der Leistungsdruck, dem sie ausgesetzt sind, gestiegen? Oder schenken Eltern und Ärzte heute den Beschwerden einfach nur mehr Beachtung?

Klar ist, dass der überwiegende Teil der Kinder an Spannungskopfschmerzen leidet , gefolgt von Migräne (12 Prozent), so das Ergebnis einer Untersuchung mit 7000 deutschen Schülern. Diese Formen der Kopfschmerzen bezeichnet man als primär, weil die Kopfschmerzen selbst die Erkrankung sind. Daneben kann Kopfweh als Folge anderer Krankheiten auftreten, etwa von fieberhaften Infekten, Erkältungen oder auch aufgrund einer Fehlsichtigkeit – dann nennt man sie sekundär. In diesem Fall verschwinden sie, wenn die Grunderkrankung ausgeheilt ist beziehungsweise behandelt wird.

Vielfältige Gründe Die Auslöser für primäre Kopfschmerzen sind bekannt, manche sind eher für Migräneattacken relevant, andere eher für Spannungskopfschmerzen. Grundsätzlich lassen sie sich in äußere, körperliche und psychische Reize einteilen: Zu den äußeren gehören schlechte Luft, Lärm, grelles Licht und Hitze. Zu den körperlichen Faktoren werden unregelmäßiger und/ oder zu kurzer Schlaf gezählt, außerdem Überanstrengung sowie zu wenig Bewegung. Wie bei Erwachsenen kann auch bei Kindern das lange, weitgehend unbewegliche Verharren in einer Position zu Verspannungen und somit zu Kopfschmerzen führen – Stichwort übermäßiger Medienkonsum.

Zudem kann die Ernährung eine Rolle spielen. Neben unregelmäßigen Essenszeiten werden auch bestimmte Nahrungsmittel (darunter fettes Essen, Schokolade, Bohnen, Wurstwaren und andere) mit Kopfschmerzen in Verbindung gebracht. Ein Blutdruck außerhalb des Normbereichs kann ebenfalls ein Auslöser sein. Schließlich sind psychische Faktoren wie Stress, Angst, Sorgen und Trauer als Auslöser bekannt. Besonders für Migräne, aber auch für Spannungskopfschmerzen existiert zudem eine erbliche Veranlagung. Es müssen aber weitere Faktoren hinzukommen, damit die Erkrankung tatsächlich ausbricht.

Ursache ermitteln Leidet ein Kind häufiger unter Kopfschmerzen, so sollte ein Arzt aufgesucht werden. Der erste Schritt besteht in der Regel darin, die individuellen Auslöser zu finden. Dafür ist das Führen eines Tagebuchs über mehrere Wochen sinnvoll. Darin wird festgehalten, wann und in welcher Situation die Kopfschmerzen aufgetreten sind, wie lange sie angehalten haben, wie stark sie waren, welche weiteren Symptome möglicherweise dazukamen und welche Medikamente eingenommen wurden.

Idealerweise halten Eltern und Kinder (so sie schon alt genug sind) ihre Beobachtungen unabhängig voneinander in getrennten Tagebüchern fest. Eine solche konsequente Dokumentation ist für die betroffene Familie und den Arzt eine wertvolle Hilfe, um den Auslöser dingfest zu machen.

Nicht-medikamentöse Therapie Die logische Folge besteht darin, ihn zu vermeiden, beispielsweise auf bestimmte Nahrungsmittel zu verzichten oder den Termindruck zu reduzieren. Vielfach bessern sich die Kopfschmerzen daraufhin automatisch. Lässt sich kein Auslöser erkennen oder treten trotzdem weiterhin Kopfschmerzen auf, so helfen bei gelegentlichen und leichten bis mäßigen Beschwerden vielfach Ruhe und Zuwendung.

Auch ein kühles Tuch auf der Stirn sowie eine sanfte Massage mit Pfefferminzöl an Schläfen, Scheitel und Nacken können bei Migräne lindernd wirken. Achtung: Die Augen weiträumig aussparen, damit kein Öl hineingerieben werden kann. Bei Spannungskopfschmerzen können Bewegung an der frischen Luft oder Entspannungsübungen hilfreich sein. Vor allem bei dieser Kopfschmerzform haben sich zudem regelmäßige TENS-Behandlungen (Transkutane Nervenstimulation) bewährt.

Prophylaxe Vorbeugend wirken Entspannungsübungen wie die progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Fantasiereisen. Der Vorteil dieser Verfahren im Vergleich zu ebenfalls wirksamen Biofeedback- Verfahren besteht darin, dass Kinder diese Strategien eigenständig im Alltag anwenden können. Sind die Kopfschmerzen besonders schlimm oder häufig, können sogenannte Multikomponentenprogramme zum Einsatz kommen. Bei häufigen und/oder schweren Migräneanfällen ist zudem eine langfristige, medikamentöse Prophylaxe mit Betablockern oder Kalziumantagonisten möglich.

Medikamente bei Kopfschmerzen Sowohl Migräneattacken als auch Spannungskopfschmerzen sprechen auf Ibuprofen und Paracetamol an, letztere außerdem auf Flurpitin. Ganz wichtig: Die Gabe sollte unbedingt in Absprache mit einem Arzt erfolgen, da auch Kinder einen medikamentenabhängigen Dauerkopfschmerz entwickeln können. Bei Migräne wird der Mediziner möglicherweise außerdem ein Arzneimittel gegen Übelkeit verschreiben. ASS ist für Kinder unter 14 Jahren grundsätzlich nicht geeignet. Auf keinen Fall sollten Eltern ihren Kindern Migränemedikamente geben, die ihnen selbst gut helfen. Denn einige sind bei den Kleinen nicht wirksam, andere noch nicht zugelassen.

Alarmzeichen Wenn Kopfschmerzen plötzlich einsetzen und zusammen mit Nackensteife, Übelkeit und/oder Lichtempfindlichkeit auftreten, so können dies Symptome einer Hirnhautentzündung sein. Selten können Kopfschmerzen auch bei Kindern im Zusammenhang mit einem Schlaganfall auftreten.

Kommen dazu noch Sehstörungen, Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis, der Konzentrationsfähigkeit oder dem Gleichgewichtssinn hinzu, so besteht Verdacht auf eine schwere Erkrankung wie zum Beispiel einen Tumor, eine Wasseransammlung oder eine Blutung im Gehirn. Treten Kopfschmerzen nach einem Sturz oder Unfall auf, so können sie auf eine Gehirnerschütterung hinweisen. In all diesen Fällen ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/14 ab Seite 112.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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