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Giftpflanzen

GIFTIGE KIRSCHEN

Während Hobbygärtner die Lorbeerkirsche sehr schätzen, warnen Naturschützer vor einer zu starken Ausbreitung der Pflanze in unseren Bereitengraden. Zu beachten ist auf jeden Fall die Giftigkeit aller Pflanzenteile.

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Die immergrüne Lorbeerkirsche ist eine Pflanzenart aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) aus der Gattung Prunus, die schon im 16. Jahrhundert in Südeuropa und England als Zierpflanze angepflanzt wurde. Heute schmückt sie auch bei uns viele Hausgärten und öffentliche Parks.

Sie ist ein gern gepflanzter Solitär mit kleinen weißen duftenden Blüten, die in dichten, etwa zwölf Zentimeter langen Trauben aufrecht stehen und sich von April bis Mai zeigen. Manchmal blühen sie auch noch einmal im September. Vor allem ist der Kirschlorbeer, wie er im Volksmund genannt wird, eine sehr beliebte Heckenpflanze. Sie ist gut schneidbar und aufgrund des schnellen Wuchses erreicht sie Höhen von bis zu sieben Metern.

Zudem geben ihre acht bis 15 Zentimeter langen dunkelgrünen Blätter guten Sichtschutz. Darüber hinaus ist das Rosengewächs weitgehend frosthart. Erst in strengen Wintern mit Temperaturen von minus 20 °C erfrieren alle Blätter und ein großer Teil der Äste, wobei nicht die Kälte selber, sondern vor allem der Wassermangel in den tief durchgefrorenen Böden zum Problem wird.

Lorbeer- und kirschähnlich Die derben ledrigen, glänzenden Blätter von Prunus laurocerasus L. haben eine elliptische Form und erinnern damit an die Blätter des Lorbeers, worauf die deutschen Namen Lorbeerkirsche und Kirschlorbeer verweisen. Auch der Artname nimmt auf die lorbeerähnlichen Blätter Bezug. Laurocerasus setzt sich aus dem lat. laurus = Lorbeer und cerasus = Kirsche zusammen. Letzteres deutet auf die knapp einen Zentimeter großen fleischigen, kugeligen, erst rot- dann schwarzglänzenden und damit kirschähnlichen Steinfrüchte, die sich von August bis September entwickeln.

Exotischer Neophyt Naturschützer sind gar nicht so glücklich über die vielen Anpflanzungen der Zierpflanze, da das aus dem Süden des Balkans und der Türkei stammende Rosengewächs sich bei uns sehr stark ausbreitet und damit den heimischen Gewächsen den Lebensraum nimmt. Damit verlieren unsere ansässigen Insekten und Vögel gleichzeitig ihre Nahrungsgrundlage, da der eingeschleppte Neubürger kein Futter für sie bietet. Die Lorbeerkirsche wird vielmehr zur Gefahr, denn die schönen schimmernden Früchte ziehen kleine Kinder an und verführen zum Probieren.

Gefährliche Früchte Während die Blätter stark bitter schmecken und daher meist gleich wieder ausgespuckt werden, munden die reifen Früchte mit ihrer aromatischen Süße sehr und werden beim Probieren oftmals vollständig verzehrt. Die Früchte sind allerdings wie auch die anderen Pflanzenteile der Lorbeerkirsche durch enthaltene cyanogene Glykoside giftig, da diese beim Zerkauen und Hinunterschlucken im Magen enzymatisch in toxische Blausäure überführt werden.

Vor allem sind in den Blättern und Samen beachtliche Mengen zu finden. Dabei ist in den Samen bis zu 2,5 Prozent Amygdalin nachweisbar und in den frischen Blättern bis zu 2,5 Prozent Prunasin vorhanden, ein cyanogenes Glykosid mit einer Glucose- Einheit weniger als Amygdalin. Im Fruchtfleisch kommen hingegen cyanogene Glykoside in nur sehr geringen Mengen vor.

Potentiell tödlich Problematisch ist also das Kauen der ganzen Frucht, wodurch der Samen zerkleinert und Amygdalin freigesetzt wird, das sich im Magen in die hochgiftige Blausäure umwandelt und schwerwiegende Vergiftungserscheinungen hervorruft. Bereits zehn zerkaute Samenkerne können für ein Kind tödlich sein. Werden die Samen hingegen ausgespuckt oder unzerkaut hinuntergeschluckt, ist nicht mit gravierenden Intoxikationen zu rechnen. Aber auch bis zu drei zerkaute Samen gelten im Allgemeinen als ungefährlich und sollen selbst bei Kindern noch keine Vergiftungserscheinungen herbeiführen.

Mögliche Vergiftungssymptome sind zunächst gastrointestinale Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Brechreiz. Gelegentlich zeigt sich eine Gesichtsröte. Später kommt es zu Kopfschmerzen und Schwindelgefühl. Bei zehn oder mehr zerkauten Samen wird eine starke Vergiftung ausgelöst und Tod durch Herzstillstand und Atemlähmung sind möglich.

Manchmal delikat Marmeladen und Gelees aus den Früchten der Lorbeerkirsche sind in der Türkei eine geschätzte Spezialität. Dafür werden die entsteinten Früchte verwendet, deren Fruchtfleisch nur wenig cyanogene Glykoside enthält, die durch das Kochen vollständig zerstört werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/16 ab Seite 148.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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