Frau riecht an Zitrone. © microgen / wiStock / Getty Images Plus
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Riechstörungen

GESCHMACKLOS

Zu den häufigsten Symptomen der COVID-19-Erkrankung gehören Geruchs- und Geschmacksverlust. Oftmals halten sie noch lange nach überstandener Erkrankung an. Lesen Sie, warum das so ist und wie sich die Sinne wiedererlangen lassen.

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Erkältungskrankheiten oder Grippe gehen fast immer mit einer Beeinträchtigung des Geruchssinns einher, über Geschmacksverlust wird eher selten berichtet. Die vorübergehende Geruchsblindheit liegt in der Regel daran, dass die Nase zugeschwollen ist. Hat sich die Schleimhaut wieder normalisiert, können die Betroffenen auch wieder alles riechen. Corona-Erkrankte leiden hingegen selten an Schnupfen und trotzdem tritt ein Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn auf, oft gehören sie sogar zu den ersten Symptomen der Virusinfektion. Auffällig ist vor allem die Heftigkeit der Sinnesstörung. Erste Ergebnisse einer weltweiten Online-Umfrage bestätigen, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu einer erheblichen und langanhaltenden Beeinträchtigung des Geruchs- und Geschmackssinns führt.

Durchgeführt wurde die Befragung vom Globalen Konsortium für Chemosensorische Forschung (GCCR). Mehr als 500 Wissenschaftler aus 38 Ländern arbeiten an dem Projekt, das im Juli des vergangenen Jahres 40 000 Umfrageteilnehmer hatte. Bereits die Auswertung der ersten rund 4000 Teilnehmer im Juni zeigte, dass das Riechvermögen bei SARS-CoV-2-Infizierten um 80 Prozent zurückging. Beim Geschmackssinn lagen die Einbußen etwa bei 70 Prozent. Das weist darauf hin, dass das Corona-Virus die Rezeptoren von Geruchs- und Geschmackssinn direkt befällt, erläutert die Jülicher Psychologin Dr. Kathrin Ohla, die das internationale Geruchs- und Geschmacksforscherteam von deutscher Seite aus organisiert, im Gespräch mit der wissenschaftlichen Helmholtz-Gemeinschaft.

ONLINE-TEST

An der Online-Umfrage des GCCR können Erwachsene, die in den letzten zwei Wochen unter einer Atemwegserkrankung wie COVID-19, Grippe oder Erkältung gelitten haben, teilnehmen unter https://gcchemosensr.org/surveys/de/. Einen Geruchs- und Geschmackstest, um Riech- und Schmeckvermögen kontinuierlich zu Hause zu messen, gibt es unter www.riech-check.de.

Die extreme und langandauernde Beeinträchtigung des Geruchssinns bis hin zur Anosmie, dem Fachterminus für Geruchsblindheit, führt die Wissenschaftlerin darauf zurück, dass beim Geruchssystem - dem einzigen System, dessen Sinneszellen Neuronen sind - die Nervenzellen durch den Befall der Viren absterben. Sie könnten sich aber – und auch das ist hier einzigartig – erneuern. Aber das dauert lange, mitunter mehrere Monate. Beim Geschmackssinn sei die Beeinträchtigung weniger problematisch, denn der funktioniert über Hautzellen, die sich alle zwei Wochen erneuern. Untersuchungen zufolge werde der Verlust des Geruchssinns besonders häufig bei jungen Frauen mit ansonsten milder Symptomatik beobachtet, erklärt die Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Professor Dr. Claudia Lill aus Wien.

Aus ihrer Praxis weiß sie, wie massiv der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinn die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt. Hier ginge es auch um die damit einhergehende Angst, Gefahren wie Brände oder verdorbene Lebensmittel nicht wahrnehmen zu können. Zum Wiedererlangen des Geruchssinnes empfiehlt die Ärztin den Betroffenen ein strukturiertes Riechtraining. Hierzu sollen die Betroffenen zwei- oder mehrmals täglich zwei Minuten lang an vier ihnen bekannten Duftstoffen riechen. Durch die Stimulation werden die geschädigte Nervenbahnen neu verknüpft und die geschädigten Rezeptoren reaktiviert. Die Erfolgsaussichten der Riechtherapie seien hoch, aber Geduld müssen die Betroffenen mitbringen, denn es kann über ein halbes Jahr dauern, bis der Geruchssinn wieder funktioniert.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/2021 ab Seite 73.

Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion

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