© Beat Ernst

Giftpflanzen

GEMEINER SEIDELBAST

Der unter Naturschutz stehende Gemeine Seidelbast ist hübsch anzusehen. Er sollte aber besser nicht in Gärten und Parkanlagen angepflanzt werden, da er zu den toxischen Gewächsen zählt.

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Zu den ersten Gehölzen, die im zeitigen Frühjahr blühen und den Boden in einen Blütenteppich verwandeln, gehört Daphne mezereum. Der Gemeine Seidelbast gehört zur Familie der Seidelbastgewächse und hat sein Verbreitungsgebiet in ganz Europa mit Ausnahme des äußeren Westens und Nordens. Er bevorzugt Laub- und Mischwälder sowie das Hügelland. In den Alpen findet er sich in Höhen bis zu 2500 Metern.

Der circa ein Meter hohe, wenig verzweigte aufrechte Strauch wächst nicht nur zwischen den Bäumen, die in der frühen Jahreszeit noch genügend Sonnenlicht durch ihre Kronen hindurch lassen. Er ist auch in Hochstaudenfluren, Schluchten, auf Lichtungen, im Felsschutt, entlang von Waldrändern und bei Flüssen und Bächen zu finden. Als dekorativer Frühblüher ist der Gemeine Seidelbast auch eine beliebte Zierpflanze in öffentlichen Parkanlagen und Gärten.

Attraktive Blüten und Beeren Die kräftig rosarot gefärbten Blüten erscheinen von März bis Mai noch vor dem Blattaustrieb und duften intensiv, was langrüsselige Insekten wie Schmetterlinge zur Bestäubung anlockt. Die lanzettlichen Blätter entwickeln sich erst nach der Blüte in den Achseln abgefallener, vorjähriger Blätter und stehen in dichten Quirlen am Ende der Zweige. Ihre Blattoberseite ist hellgrün, die Unterseite graugrün gefärbt. Die kelchförmigen Blüten sitzen direkt an den holzigen Stängeln meist in Zweier- bis Vierergruppen. Aus ihnen reifen von August bis November erbsengroße, leuchtend scharlachrote beerenartige Früchte mit einem schwarzen Samen heran. Seltener erscheinen gelbe Früchte.

Tödliche Vergiftungen Die stark duftenden Blüten und die leuchtend roten Früchte locken gerne spielende Kinder an. Doch Vorsicht! Alle Pflanzenteile – mit Ausnahme des Fruchtfleisches – sind durch enthaltene esterartige Verbindungen mit einem diterpenoiden Grundgerüst toxisch. Die meisten Giftstoffe finden sich in der Rinde und in den Samen. Dabei handelt es sich in der Rinde vorwiegend um Daphnetoxin und in den Früchten vor allem um Mezerein. Beide Substanzen besitzen eine stark hautreizende Wirkung, die zunächst eine Entzündung und Blasenbildung, bei längerem Hautkontakt Nekrosen hervorruft und sogar durch intakte Haut erfolgen kann.

Besonders gefährlich ist aber die orale Aufnahme der Giftstoffe, durch die es zu Schädigung von Nieren, Zentralnervensystem und Kreislauf kommt. Die Vergiftung zeigt sich bereits nach kurzer Zeit zunächst durch heftiges Kratzen und Brennen im Mund, Lippen- und Gesichtsschwellungen, Speichelfluss sowie Heiserkeit und Schluckbeschwerden. Es folgen starke Leib- und Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz und blutige Durchfälle.

»Der Artname mezereum macht auf die toxische Wirkung aufmerksam.«

Später kann es zu Fieber und beschleunigtem Herzschlag, bis hin zum Tod durch Kreislaufkollaps kommen. Erste Anzeichen einer Vergiftung treten bereits bei Einnahme von vier bis fünf Früchten auf, als tödliche Dosis gelten für Kinder zehn bis zwölf Beeren.

Bedeutungsvolle Namen Der Artname mezereum macht auf die toxische Wirkung des Gemeinen Seidelbast aufmerksam. Er ist aus dem Persischen abgeleitet und soll tödlich bedeuten. Ebenso spielt das Synonym Kellerhals, das vom mittelhochdeutschen kellen stammt und quälen bedeutet, auf die reizende Eigenschaft an, die sich mit einem würgenden und brennenden Gefühl im Hals äußert. Der Gattungsname Daphne nimmt auf die glänzenden Blätter des Seidelbastes Bezug, da sie dem Lorbeerbaum (Laurus nobilis) ähnlich sehen, den die alten Griechen als Daphne bezeichneten.

Der deutsche Name Seidel ist eine Umbildung aus dem altdeutschen Wort zidal = Biene, und verweist darauf, dass der Seidelbast eine der ersten Bienennahrungen ist. Der zweite Wortteil bast steht für einen Teil der Rinde verholzender Pflanzen und soll auf die blasenverursachende Wirkung der Rinde des Seidelbast deuten.

Heilkundlicher Einsatz Bereits in der Antike erwähnten Dioskurides, Galen und Theophrast Seidelbastarten in ihren Schriften und nannten als Anwendungsgebiet die Wassersucht. Später im Mittelalter nutzte man die scharfschmeckende und hautreizende Wirkung des Seidelbastes als Abführmittel, schweißtreibendes Mittel, bei Rheuma und Gicht sowie gegen Geschwüre und als ein Mittel gegen Läuse. Die Rinde in Essig eingelegt galt beispielsweise als gebräuchliches Zugpflaster.

Die Volksmedizin gebrauchte die Rinde später noch als Abführ- und Brechmittel. Aufgrund der Giftigkeit der Pflanze kommt sie heute aber als Heilmittel nicht mehr zum Einsatz. Lediglich in homöopathischen Verdünnungen spielt der Gemeine Seidelbast bei diversen Hauterkrankungen und rheumatischen Schmerzen eine medizinische Rolle.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/15 ab Seite 50.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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