© AtlasStudio / iStock / Getty Images
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Haut

GEHT’S NOCH CLEANER?

In Deutschland unterliegen Kosmetika besonders strengen Richtlinien. Brauchen wir trotzdem mehr Transparenz bei den Inhaltsstoffen? Wie wichtig ist Clean Beauty hierzulande?

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Haben Sie schon einmal etwas von Clean Eating gehört? Eine Bewegung, die empfiehlt mehr Wert auf saisonale Lebensmittel zu legen und solche, die kurze Wege hinter sich haben, bis sie im Einkaufskorb landen. Clean zu essen steht also für gesunde, hochwertige und ökologisch vertretbare Lebensmittel. Was beim Essen funktioniert, ist auch ein neuer Trend in der Kosmetikbranche. Hier dreht sich alles um „Clean Beauty“, beziehungsweise „Clean Brands“.

Hohe Standards Braucht man solche Dinge in Deutschland? Die Vorschriften zur Herstellung von Kosmetika sind europaweit sehr genau festgelegt. Möchte ein Produzent in Deutschland oder einem anderen europäischen Land Kosmetikprodukte anbieten, muss er sich an die europäische Verordnung für kosmetische Mittel (1223/2009) halten. Diese definiert explizit, was im Produkt enthalten sein darf und was nicht. Darüber hinaus ist hier geregelt, welche Tests durchzuführen sind, bevor ein Mittel die Marktreife für den europäischen Markt erreicht. Diese Regelungen werden fortlaufend aktualisiert und ergänzt. Neben Europa haben Südkorea und Australien ähnlich hohe Vorschriften und Standards im Hinblick auf Inhaltsstoffe, Wirkungen sowie Wirkaussagen für Kosmetik. Deshalb sind Kosmetikprodukte aus diesen Ländern weltweit besonders beliebt. Insbesondere in Amerika, denn die Europäischen Kosmetikvorschriften und -standards sind rund zehnmal so hoch wie in den USA.

Wie sauber ist clean? Der Claim „Clean Beauty“ hatte seine Geburtsstunde in Amerika. Gedacht war er als Assoziation, dass bestimmte Inhaltsstoffe in diesen Produkten nicht enthalten sind. Einheitlich geregelt, so wie in unserer Kosmetikverordnung, ist dies in den Vereinigten Staaten aber nicht. So kann Kosmetik mit bestimmten Inhaltsstoffen bei einem Anbieter „clean“ sein und bei einem anderen nicht. In Europa reicht es nicht aus, dass es auf der Verpackung oder seitens des Herstellers die Aussage gibt, dass zum Beispiel die Creme für unreine Haut geeignet sei. Das muss mit Tests dokumentiert werden. In Amerika wird meist davon ausgegangen, dass Inhaltsstoffe, die für Kosmetik zum Einsatz kommen für den Menschen unbedenklich sind. Ferner kann jeder Bundestaat hier eigene Vorschriften erlassen. Eine für europäische Verhältnisse undenkbare Vorgehensweise.

Argument für einen hohen Preis? Clean Beauty soll Konsumenten ein gutes Gefühl vermitteln. So wurde diese Wortmarke auch in Deutschland durch gezielte Werbung im Social Media Bereich, dank Influencer-Marketing, zunehmend bekannter. Mittlerweile gibt es hiesige Hersteller, die ihre Produkte zum Beispiel mit Attributen wie Clean ID schmücken oder einfach als cleane Kosmetik verkaufen. Was genau das Produkt aber clean macht, ist nicht auf einen Blick zu erkennen. So gibt es beispielsweise in Kosmetik-Internetshops mittlerweile häufig eine Clean - Beauty - Rubrik, in der die Kunden nach ihren Favoriten suchen können. Hier legt der Shop-Anbieter vorab fest, was in solchen Produkten nicht enthalten sein darf.

Die Entscheidung obliegt hier keiner gesetzlichen Regelung, sondern den individuellen Vorstellungen des Shop-Anbieters. Zu den üblichen Verdächtigen, die nicht in Produkten der Clean-Beauty-Rubrik enthalten sein sollen, gehören zum Beispiel Silikone, Parabene oder Mineralöle. Clean Beauty ist jedoch nicht gleichzusetzen mit veganer, naturnaher oder zertifizierter Naturkosmetik. Denn synthetische Stoffe können durchaus Bestandteil von Creme, Lippenstift & Co sein. Leider gibt es keine einheitlichen Kriterien, die das jeweilige Produkt erfüllen muss, um sich clean nennen zu dürfen. Doch Hersteller spekulieren auf die große Zielgruppe derer, die besonderen Wert auf Natur und Gesundheit legen. Dementsprechend kann beispielsweise eine Creme aus dem Clean-Beauty-Segment teurer sein als konventionelle oder Naturkosmetik.

Nicht nur clean, sondern geprüft Fasst man es in einem Punkt zusammen, sind europäische Kosmetikprodukte immer clean. Denn wie schon gesagt darf nur in den Tiegel, was laut Verordnung erlaubt und eingehend geprüft ist. Auch der Hinweis, dass es sich um Kosmetik ohne Tierversuche handelt, ist überflüssig. Denn Tierversuche für kosmetische Zwecke sind seit langem in ganz Europa verboten. Eine Liste internationaler Kosmetikfirmen die ohne Tierversuche arbeiten, gibt es zum Beispiel auf der Internetseite von PETA (https://kosmetik.peta.de/) Trotzdem kann Kosmetik aus dem Clean-Beauty-Bereich eine Einkaufshilfe sein. Zum Beispiel für Kundinnen und Kunden die auf Silikone, Sulfate, Mineralöle oder Parabene aus persönlichen Gründen verzichten möchten. Eine Garantie bietet die Einstufung jedoch nicht: Legen Ihre Kunden Wert darauf solche Inhaltsstoffe nicht zu verwenden, lohnt sich nach wie vor der Blick auf die INCI-Liste des Produkts. Hier können Sie beratend zur Seite stehen und für Aufklärung sorgen.

Zertifizierte Naturkosmetik Wünscht ein Kunde möglichst natürliche Kosmetikprodukte, bietet sich zertifizierte Naturkosmetik aus Deutschland oder Europa an. Solche Produkte sind frei von Rohstoffen petrochemischen Ursprungs und enthalten einen hohen Anteil natürlicher Extrakte und Öle. Die Rohstoffe stammen weitgehend aus kontrolliert biologischem Anbau und dazu sind die meisten von ihnen auch noch vegan, zu erkennen am Veganblumen-Logo. Produkte mit bekannten Labels wie BDIH, Cosmos Natural, Cosmos Organic, Natrue oder Ecocert erfüllen besonders strenge Anforderungen.

Damit die Verwirrung bei konventioneller Kosmetik entschärft wird, gibt es mittlerweile eine neue Regulierungen. So dürfen Formulierungen wie zum Beispiel „frei von Parabenen oder Konservierungsstoffen“, die besonders gerne in der Clean-Beauty-Szene propagiert werden, nicht mehr zum Einsatz kommen. Zusammenfassend besteht für Ihre Kunden ein hohes Maß an Sicherheit bei der Verwendung von Kosmetik aus Europa. In der Apotheke erhalten sie diese in Kombination mit Ihrer fachkundigen Beratung.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 84.

Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin

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