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Arzneimitteltherapie bei Kindern – Teil 2

GEEIGNETE ARZNEIFORMEN

Kindgerechte Darreichungen sind eine Voraussetzung für eine effektive Therapie. Manchmal sind noch Tipps zur richtigen Applikation nötig, damit der Wirkstoff sein Ziel erreicht.

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Säuglinge, Klein- und Vorschulkinder erhalten Arzneimittel meist als flüssige Oralia. Eine Alternative stellen Zäpfchen dar. Erst ab dem Schulalter sind feste Arzneiformen zur oralen Einnahme empfehlenswert, wobei auf kleine Tablettengrößen zu achten ist. Eine Ausnahme machen Schmelzund Kautabletten, die schon Kleinere nehmen können. Kapseln werden erst von älteren Kindern sicher geschluckt.

Flüssige Arzneiformen bevorzugt Diese Zubereitungen sind für alle Altersstufen geeignet, da sie gut zu schlucken und flexibel dosierbar sind. Säfte bieten sich vor allem für Kinder bis zu acht Jahren an. Danach werden sie erfahrungsgemäß wegen der notwendig werdenden höheren Dosen und damit größeren Volumina nicht mehr so gut angenommen. In der Regel akzeptieren Kinder unter fünf Jahren ein Volumen von bis zu fünf Milliliter pro Dosis problemlos. Ältere Kinder dulden ohne Murren die doppelte Menge. Eine Alternative sind Tropfen, wobei der Alkoholgehalt und der bittere Geschmack als nachteilig gesehen werden.

Der Geschmack ist entscheidendEr ist die Voraussetzung für die Compliance des kleinen Patienten. Akzeptiert das Kind den wirkstoffspezifischen Eigengeruch oder -geschmack nicht, lehnt es das Präparat erfahrungsgemäß ab. Daher werden den meisten Antibiotika- oder Analgetika-haltigen Säften Vanille- oder Fruchtaromen zugesetzt. Oftmals existieren wirkstoffgleiche Präparate mit unterschiedlichen Aromen, sodass auf geschmackliche Vorlieben der Kleinen Rücksicht genommen werden kann.

Einige Präparate enthalten auch Zucker oder Zuckeraustauschstoffe. Allerdings ist Zucker nicht nur kariogen. Saccharose ist bei Patienten mit Diabetes und Fruktose bei Personen mit einer Fruktoseintoleranz kontraindiziert. Bei hohem Verzehr von Zuckeraustauschstoffen muss hingegen mit Bauschmerzen und Durchfällen gerechnet werden.

Trockensäfte richtig herstellen und lagern Antibiotika-haltige Säfte sind zumeist als Trockensäfte im Handel. Um Fehler bei der Herstellung der gebrauchsfertigen Suspension zu vermeiden, kann den Eltern eine Zubereitung in der Apotheke angeboten werden. Alternativ sollte genau erklärt werden, was es dabei zu bedenken gibt , eventuelles Nachfüllen mit Wasser).

Außerdem ist auf ein notwendiges Schütteln des Saftes vor Gebrauch sowie eine korrekte Lagerung und begrenzte Haltbarkeit hinzuweisen. Meist gehören die zubereiteten Säfte in den Kühlschrank. Einige vertragen aber diese Art der Aufbewahrung nicht, da sie dann eindicken oder bitter schmecken (z. B. Clarithromycin).

Auf altersgerechte Dosierhilfen achten Diese sind den Präparaten meist beigefügt. Allerdings gestaltet sich die Gabe aus einem Messbecher bei Kindern, die bislang nur aus der Flasche trinken, schwierig. Auch Dosierlöffel stellen dann nicht die geeignete Applikationshilfe dar. Zudem sind Messlöffel oft ungenau und schlecht leserliche Markierungslinien erschweren die richtige Abmessung.

Eine Dosierspritze oder -pipette sowie normale Einmalspritzen (ohne Kanüle) stellen die bessere Alternative dar. Mit ihnen kann die erforderliche Menge exakt abgemessen und sicher appliziert werden. Ein langsames Einbringen kleiner Mengen in die Innenseite der Wange verhindert zudem, dass sich die Kinder verschlucken.

(Un)beliebte Zäpfchen Bei kleinen Kindern hat sich alternativ die rektale Anwendung etabliert. Schluck- und Geschmacksprobleme spielen bei Zäpfchen keine Rolle und sie können auch bei Übelkeit oder Erbrechen gegeben werden. In der Tat ist eine exakte Dosierung schwieriger und häufig die Resorption langsamer und geringer als bei oraler Gabe (z. B. bei Paracetamol). Während Säuglinge Zäpfchen meist akzeptieren, wird die Arzneiform mit zunehmendem Alter immer unpopulärer und damit das Einführen schwieriger.

Ein Anfeuchten des Zäpfchens mit etwas Wasser oder leichtes Einfetten erleichtert die rektale Applikation. Um ein Herausrutschen des Suppositoriums zu vermeiden, können beide Pohälften nach dem Einführen einige Zeit leicht zusammengedrückt werden. Alternativ kann man die Zäpfchen mit dem stumpfen Ende voran in den After schieben. Da sie bei Temperaturen über 25 °C zu schmelzen beginnen, sollte zumindest in den Sommermonaten ein Lagerungshinweis erfolgen.

Schwierige Applikation Bei Kindern gestaltet sich häufig das Einträufeln von Augen-, Ohrenoder Nasentropfen als schwierig. Erstere werden den Sprösslingen am besten auf dem Schoß der Eltern appliziert. Um ein Strampeln zu vermeiden, werden Säuglinge in eine Decke gewickelt und Kleinkinder sanft gehalten. Ist ein Einträufeln ins geöffnete Auge nicht möglich, kann auch ein Tropfen in den inneren Lidwinkel auf das geschlossene Auge gegeben werden.

VORSICHT
Dermatika sind bei Kindern grundsätzlich nur dünn aufzutragen, da die Wirkstoffe aufgrund der noch nicht vollständig entwickelten Hautbarriere leicht in den Blutkreislauf gelangen können. Besondere Vorsicht ist beispielsweise bei kortisonhaltigen Präparaten geboten. Sonnenschutzmittel mit chemischen Lichtschutzfiltern werden erst für Kinder ab zwei Jahren empfohlen. Ebenso eignet sich unter drei Jahren kein Harnstoff, da er auf der Haut brennen kann (Stinging effect). Dermatika mit Kampfer, Cineol oder Menthol dürfen bei Säuglingen und Kleinkindern nicht im Gesicht aufgetragen werden, da die ätherischen Öle stark reizen und über den Kretschmer-Reflex einen Atemstillstand auslösen können.

Beim Öffnen des Auges fließt die Flüssigkeit automatisch in den Bindehautsack ab. Sind verschiedene Augentropfen verordnet, muss zwischen den Anwendungen mindestens fünf Minuten gewartet werden. Auch Nasentropfen werden bei den Kleinen am besten auf dem Arm gegeben, wobei der Kopf etwas zurückfallen sollte. Ein anschließendes Beugen nach vorne verhindert das Abfließen in den Hals. Sollen die Tropfen in die Eustachische Röhre gelangen, ist der Kopf zur Seite zu neigen. Dosiersprays werden im Sitzen oder Stehen gesprüht. Für die Applikation von Ohrentropfen werden die Kinder am besten auf die Seite mit dem betroffenen Ohr nach oben gelegt. Bei Kindern unter drei Jahren wird das Ohrläppchen gleichzeitig nach unten, bei älteren Kindern nach oben und zurück gezogen. Kalte Ohrentropfen sind vor dem Einträufeln in der Hand auf Körpertemperatur zu temperieren, um Übelkeit und Schwindel zu vermeiden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/12 ab Seite 50.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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