Laborproben auf blauem Hintergrund© Inna Dodor / iStock / Getty Images Plus
Stuhlproben könnten laut einer neuen Studie als Nachweismethode bei der Früherkennung zum Einsatz kommen.

Früherkennung

WEISEN STUHLPROBEN AUF PARKINSON HIN?

Steife Muskeln, Zittern, Bewegungsstörungen und eine instabile Körperhaltung sind typische Symptome bei Parkinson. Doch bis diese auftreten, ist die Krankheit meist schon fortgeschritten. Stuhlproben könnten laut einer neuen Studie als Nachweismethode bei der Früherkennung zum Einsatz kommen.

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Parkinson tritt in der Regel bei Menschen nach ihrem 50. Lebensjahr auf und hat einen eher langsamen Verlauf. In Deutschland sind etwa ein bis zwei von 1000 Menschen betroffen. Bei einigen Betroffenen, die an Parkinson erkranken, konnte bereits im Vorfeld der Erkrankung eine Verhaltensanomalie während der nächtlichen REM-Schlafphase festgestellt  werden. 

Eine entscheidende Rolle nehmen bei dieser Erkrankung fehlgefaltete Alpha-Synuclein-Proteine ein, die sich fälschlicherweise zu Aggregaten zusammenlagern. Sie können im Gehirn  Dopamin-produzierende Nervenzellen schädigen und somit dazu beitragen, dass die typische Parkinson-Symptomatik mit motorischen und geistigen Störungen auftritt. Allerdings zeigten vergangene Untersuchungen, dass Parkinson bei jedem Dritten nicht zuerst im Gehirn, sondern im Nervensystem des Darms entsteht. Von dort wandern die schädlichen Protein-Aggregate über Nervenbahnen bis ins Gehirn. 
 

Potenzielle Biomarker für Parkinson

Bislang war es allerdings noch keinem Forscherteam gelungen, Alpha-Synuclein-Aggregate  zuverlässig in Körperflüssigkeiten nachzuweisen. Anja Schaffrath und ihr Team vom Forschungszentrum Jülich haben möglicherweise ist es nun gelungen ein Testverfahren zu entwickeln, um fehlgefaltete Proteine und die daraus entstehenden Klumpen in Stuhlproben zu identifizieren. Hierfür wurde von den Forschern*innen eine Biobank mit mehr als 200 Stuhlproben aufgebaut:

  • 94 Proben von Parkinson-Patienten, 
  • 51 von gesunden Kontrollpersonen 
  • und 72 Proben von Menschen, die an einer sogenannten isolierten REM-Schlaf-Verhaltensstörung (iRBD) leiden. 

Isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung (iRBD)
Bei der iRBD handelt es sich um eine Erkrankung, die als Vorform der Körper-originären Parkinson-Erkrankung angesehen wird. Betroffene bewegen sich enorm viel während dieser lebhaften und auch oft durch aggressiveTräume geprägten Phase. Zudem besteht auch eine nicht zu unterschätzende Gefährdung für sich und andere. Um diese Erkrankung zu diagnostizieren, werden aktuell umfangreiche Fragebögen und Untersuchungen im Schlaflabor herangezogen.
 

Alpha-Synuclein-Aggregate im Stuhl belegt

Schaffrath und ihr Team untersuchten mit Hilfe des neu entwickelten Testverfahrens die ihnen zur Verfügung stehenden Stuhlproben auf Alpha-Synuclein-Aggregate. Die Ergebnisse sind eindeutig, wie Schaffraths Kollege Gültekin Tamgüney erklärt: „Wir konnten als Erste Alpha-Synuclein-Aggregate im Stuhl nachweisen. Das belegt, dass die Protein-Aggregate tatsächlich aus den betroffenen Nervenzellen im Magen-Darm-Trakt in den Stuhl gelangen können, und dass sie mit Hilfe unseres Tests nachweisbar sind.“

Vor allem bei den Probanden, die an iRBD erkrankt sind, konnten signifikant erhöhte Spiegel von Alpha-Synuclein-Aggregaten im Stuhl festgestellt werden. „Das könnte dazu beitragen, einen nicht-invasiven Früherkennungstest zu entwickeln“, so die Forscher. Aktuell ist es allerdings so, dass bei dem Testverfahren die Sensitivität und Spezifität als relativ niedrig eingestuft werden muss. Zieht man zwischen den gesunden Probanden und den iRBD-Betroffenen einen Vergleich, so ist der Test in der Lage, etwa drei Viertel der Erkrankten korrekt zu benennen. Das Autorenteam erklärt hierzu: „Verbessert werden könnten Sensitivität und Spezifität zukünftig, indem weitere Biomarker einbezogen werden“.
 

Keine Unterschiede zwischen Gesunden und Parkinson-Patienten erkennbar

Eine Überraschung hielt die Untersuchung dann noch für das Team bereit: Mittels der Alpha-Synuclein-Konzentration im Stuhl konnten keine Unterschiede zwischen Gesunden und Parkinson-Patienten festgestellt werden. In der Vergangenheit durchgeführte Untersuchungen hatten gezeigt, dass im Liquor von Parkinson-Patienten deutlich erhöhte Konzentrationen der fehlgefalteten Proteine nachweisbar sind. In den Stuhlproben war hiervon allerdings nichts zu sehen. 

Die Forscher*innen sehen eine mögliche Erklärung im Entstehungsort von Parkinson. Bei den Probanden, die an Parkinson erkrankt sind, kann nicht einhundertprozentig sichergestellt werden, ob sich die Erkrankung bei ihnen ausgehend vom Darm oder vom Gehirn entwickelt hat. Positive Funde in Stuhlproben sind lediglich bei Menschen mit der Körper-originären Variante zu erwarten.

Das Team liefert noch eine zweite Erklärung: Es besteht die Möglichkeit, dass die Protein-Aggregate aus bisher ungeklärten Gründen vor allem in der Frühphase der Erkrankung mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Nach den neuesten Erkenntnissen wollen die Forscher*innen in einem nächsten Schritt den Verlauf und die Mechanismen der Erkrankung genauer unter die Lupe nehmen. Solche Untersuchungen könnten langfristig dazu beitragen, neue Möglichkeiten der Früherkennung und frühzeitigen Therapie für Parkinson und weitere Erkrankungen zu finden, die mit fehlgefalteten Alpha-Synuclein-Proteinen assoziiert sind.


Quelle:
​​​​​​​https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/parkinson-frueherkennung-mit-stuhlproben/
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/neurologische-erkrankungen/parkinson-krankheit-symptome-ursachen-therapie-733737.html
 

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