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Rheuma

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Früh und effizient behandeln – so lautet die Strategie bei rheumatischen Erkrankungen im Kindesalter. Die optimale medizinische Betreuung erfolgt am besten in speziellen Einrichtungen.

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Chronische Rheumaformen wie die juvenile idiopathische Arthritis bedeuten für die Kinder eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität und für die Familien eine große therapeutische Herausforderung. Die JIA beginnt meist schleichend. Die Kinder bemerken Einschränkungen in den Bewegungsabläufen, nehmen eine Schonhaltung ein, am Morgen bestehen Anlaufschwierigkeiten, die Gelenke zeigen leichte Schwellung oder Überwärmung, auch Augenentzündungen (Uveitis) treten häufig begleitend auf. Für die Diagnosestellung der JIA sollte die Gelenkentzündung mindestens sechs Wochen bestehen.

Kinderrheumatologen unterscheiden mehrere Unterformen, abhängig von der Anzahl der betroffenen Gelenke, sowie der Beteiligung von Organen. Am häufigsten ist die oligoarthritische JIA. Dabei sind maximal vier Gelenke befallen, oftmals die Knie- und Sprunggelenke. Die Erkrankung verläuft in Schüben. In einigen Fällen treten Entzündungen der mittleren Augenhaut auf, die bleibende Schäden hervorrufen können, bis hin zur Erblindung, sodass regelmäßige augenärztliche Untersuchungen angeraten werden.

Ursachen Bei der rheumatoiden Arthritis richten sich Antikörper gegen die Gelenkinnenhaut. In einem Autoimmunprozess werden weitere Antikörper und Botenstoffe gebildet, die die angestoßene Entzündungsreaktion ankurbeln. Im fortschreitenden Krankheitsverlauf werden dann auch Knorpel- und Knochengewebe angegriffen und zerstört. Die Ursache ist nicht vollständig geklärt. Einig sind sich die Experten, dass eine frühzeitige und effektive Therapie den Krankheitsverlauf am besten günstig beeinflussen kann. Um im Kindesalter keine Zeit zu versäumen, sollten die Kleinen zu spezialisierten Fachärzten überwiesen werden.

Multimodal Leitliniengemäß sind die Ziele der Therapie unter anderem die rasche und effektive antientzündliche und analgetische Behandlung, die Kontrolle der Grunderkrankung, die Vermeidung von körperlicher Behinderung sowie von Wachstumsstörungen in den betroffenen Gelenken. Das therapeutische Konzept soll eine weitgehend störungsfreie somatische und psychosoziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gewährleisten. Die drei wichtigsten Säulen der Therapie der JIA sind dementsprechend die medikamentöse Therapie, Physiotherapie und die psychosoziale Betreuung von Kind und Familie.

Gegen Schmerz und Entzündung Viele Antirheumatika werden im frühen Kindesalter „off-label“ eingesetzt. Je jünger, desto häufiger. Auch wenn einige Arzneimittel für Kinder zugelassen sind, gilt die Zulassung häufig nur für sehr eng definierte Krankheitsbilder. So müssen Eltern von PTA und Apotheker bestärkt und über den Sinn einer „off-label-Verordnung“ informiert werden. Die S2-Leitlinie der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie beschreibt den Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und die intraartikuläre Injektion von Depotglukokortikoiden wie zum Beispiel Triamcinolonhexacetonid als initiale Therapie gegen die lokale Entzündung und zur Verbesserung der Beweglichkeit.

HINTERGRUND
Bei Rheuma denken viele direkt an eine Alterskrankheit. Doch auch Kinder können bereits in jungen Jahren an Beschwerden des rheumatischen Formenkreises erkranken. Etwa 0,1 Prozent der Kinder unter 16 Jahren in Deutschland sind davon betroffen. Unterschieden werden akute Gelenkentzündungen, zum Beispiel als Folge einer Infektion und chronische Verläufe. Akute Entzündungen hinterlassen nach Abklingen nur sehr selten bleibende Defekte im Gelenk.

Systemische Glukokortikoide bergen bei Kindern insbesondere das Risiko für Nebenwirkungen bei der Langzeitanwendung. Sie sind bei schwerer Organbeteiligung angezeigt. Ein langfristiger Einsatz in der Dosis ≥ 0,2 mg Prednisolon-Äquivalent/kg/d ist ansonsten wegen der Nebenwirkungen und aufgrund der Verfügbarkeit anderer Therapieformen nicht zu empfehlen. Führt die Initialtherapie nicht zum Erfolg, können Basistherapeutika wie Methotrexat (MTX) und Biologicals zum Einsatz kommen.

MTX ist bei der JIA ein erfolgreicher Arzneistoff, der bei möglichen Unverträglichkeitsreaktionen mit Folsäure in Dosierungen von ein Milligramm pro Tag oder fünf Milligramm pro Woche 24 bis 48 Stunden nach der MTX-Gabe kombiniert werden sollte. Empfohlene Dosierungen von MTX liegen bei 10 bis 15 Milligramm pro Woche als Einzeldosis. Bestehen Unverträglichkeiten, Kontraindikationen oder mangelnde Wirksamkeit, können andere Substanzen eingesetzt werden.

Mehr und mehr Bedeutung erfahren die Arzneistoffe aus der Gruppe der Biologicals auch zur Behandlung der JIA. Biologicals wie Etanercept und Adalimumab, greifen in Autoimmunprozesse ein, werden aber erst nach Therapieversagen der Basistherapeutika und NSAR empfohlen. Grundlage für die Auswahl einer Substanz sollten Komorbidität, Begleitmedikation und Nebenwirkungen sein. Immunsuppressiva wie Leflunomid oder Sulfasalazin als Basistherapeutika der zweiten Wahl werden eingesetzt, wenn MTX oder Etanercept nicht erfolgreich sind.

ZUSATZINFORMATIONEN
Bewegung und Thermotherapie

Regelmäßige physio- und ergotherapeutische Behandlungen sorgen für eine Verbesserung und Erhaltung der Gelenkbeweglichkeit. Gelernte Übungen sollten in den täglichen Alltag mit Unterstützung der Familien eingebunden werden. Auch Hilfsmittel zur Stabilisierung der Gelenke, beispielsweise Orthesen, können Entlastung leisten. Kälteanwendungen haben in der akuten Phase eine schmerzlindernde, abschwellende und antientzündliche Wirkung auf die Gelenke. In den nicht-akuten Stadien können im Gegenzug Wärmeanwendungen die Durchblutung fördern und die Muskulatur entspannen.

Psychosoziale Unterstützung
Aufgrund der schmerzbedingten Einschränkungen bei allen Alltagsaktivitäten sind Kinder und deren Familien großen psychischen Belastungen ausgesetzt. Patientenschulungen, Selbsthilfegruppen und Strategien zur Schmerzbewältigung sind wichtige Elemente, die die Gesamttherapie der JIA abrunden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/14 ab Seite 32.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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