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Rheumatoide Arthritis

FRÜH BEHANDELN

Die leitliniengerechte Behandlung dieser Erkrankung ist eine komplexe lebenslange Kombinationstherapie. Sie fordert vom Patienten ein hohes Maß an Compliance.

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Das Motto der regionalen kooperativen Rheumazentren lautet: „Rheuma ist behandelbar. Je früher, desto besser!“ So fordern führende Experten mehr Initiative bei der Früherkennung der entzündlichen Formen.

Rheuma ist nur ein Begriff für mehr als 100 Krankheitsbilder. Eine große Gruppe sind die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die rheumatoide Arthritis, eine der häufigsten Formen, kann Menschen jeden Alters treffen und beginnt bevorzugt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Aber auch schon im Kindesalter tritt Rheuma auf. In der Regel erkranken Frauen öfter als Männer. Die Ursachen sind noch nicht vollständig erklärt. Eine familiäre Häufung der Erkrankung lässt auf eine genetische Disposition schließen. Jedoch ist bisher kein „Rheumagen“ bekannt.

Die Krankheit verläuft in Schüben und führt unerkannt und unbehandelt zu einer fortschreitenden Zerstörung der Gelenke. Etwa zwei Drittel der Patienten entwickeln innerhalb von fünf Jahren wesentliche Funktionseinschränkungen der Gelenke. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser kann die Therapie den Krankheitsverlauf noch beeinflussen. Mediziner gehen davon aus, dass es wichtig ist, die ersten sechs Monate nach Krankheitsausbruch zu nutzen.

Erkrankung des Immunsystems Grundlage des Krankheitsprozesses ist eine Störung des Immunsystems. Dieses bildet Antikörper gegen körpereigenes gesundes Gewebe. Bei der rheumatoiden Arthritis richten sich die Antikörper zunächst gegen die Gelenkinnenhaut und lösen eine Entzündung aus. In einem Autoimmunprozess werden nun weitere Antikörper und Botenstoffe gebildet, die die Entzündungsreaktion weiter ankurbeln. Im fortschreitenden Krankheitsverlauf werden auch Knorpel- und Knochengewebe angegriffen.

Vielfältige Therapie In den letzten zwanzig Jahren konnten Mediziner gewaltige Fortschritte im Verständnis der Abläufe der rheumatoiden Arthritis und ihrer Therapie machen. Ziele der Behandlung sind: Unterbrechung der Entzündungsreaktion, Erhalt der Beweglichkeit, Schmerzlinderung und Verhinderung der weiteren Zerstörung des Gelenks. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie umfassen eine frühe Basistherapie mit Immunsuppressiva und Glukokortikoiden sowie den Einsatz von Biologicals, wenn die Therapie so nicht ausreichend wirkt.

Auch heute noch gilt Methotrexat als Standard für die Starttherapie. Mit mittleren Dosierungen (15 Milligramm proWoche) wird in der Regel begonnen. Begleitend sollten wöchentlich fünf bis zehn Milligramm Folsäure substituiert werden. Bestehen Unverträglichkeiten, Kontraindikationen oder mangelnde Wirksamkeit können andere Immunsuppressiva wie Leflunomid oder Sulfasalazin als Basistherapeutika eingesetzt werden. Ciclosporin A, Gold und Azathioprin werden dagegen nicht als erste Basistherapie empfohlen.

ERSTE ANZEICHEN
Das erste Symptom ist symmetrisch auftretender Gelenkschmerz, vor allem in den Händen. Er geht einher mit schmerzhaften Schwellungen der Gelenke und Morgensteifigkeit, die im Tagesverlauf oder nach längerer Bewegung nachlässt. Wenn Kunden nach Schmerzmitteln für diese Symptome fragen, sollten PTA und Apotheker im Sinne der Früherkennung an einen Arzt verweisen. Dieser kann nach
bestimmten Kriterien und der Bestimmung von so genannten Rheumafaktoren die vorläufige Diagnose stellen und den Patienten zur Bestätigung an einen Facharzt für Rheumatologie überweisen.

Zu Beginn der Therapie empfehlen die Autoren der Leitlinie die parallele Gabe von Prednisolon als Überbrückungstherapie bis zum Einsetzen der Wirksamkeit von MTX. Dosierungen liegen initial zwischen 10 bis 20 Milligramm pro Tag und sollten nach sechs bis zwölf Wochen auf unter 7,5 Milligramm pro Tag reduziert werden.

Ist nach sechs Monaten auch im Rahmen einer Kombinationstherapie mehrerer Immunsuppressiva und einer Dosierungsanpassung die Krankheitsaktivität nicht ausreichend unter Kontrolle, wird der Einsatz von Biologicals in Kombination mit MTX empfohlen. Biologicals sind genetisch hergestellte Proteine, die körpereigenen Stoffen ähnlich sind und in die Vorgänge des Immunsystems eingreifen.

Grundlage für die Auswahl einer Substanz sollten die Komorbidität, Begleitmedikation und Nebenwirkungen sein. Die Hemmstoffe der Wirkung des Tumornekrosefaktors Etanercept, Infliximab, Certolizumab, Golimumab und Adalimumab – sowie die anders wirkenden Abatacept und Tocilizumab können je nach Zulassungsauflage in Kombination mit MTX eingesetzt werden. Anakinra blockiert Interleukin-1, einen Entzündungsbotenstoff, der beim Geschehen der rheumatoiden Arthritis ebenfalls eine Rolle spielt. Aufgrund der geringeren Wirksamkeit ist es jedoch ein Biological der zweiten Wahl.

Rituximab, ein Interleukin-20-Antikörper, ist als einzige Substanz geeignet bei einem positiven Malignombefund oder bei bestimmten Kontraindikationen gegen eine Anti-TNF-alpha-Therapie. Spricht der Patient auf das ausgewählte Mittel innerhalb von drei bis sechs Monaten nicht an, ist die Umstellung auf ein zweites anderes Biological möglich.

Die Therapie muss engmaschig vom Arzt kontrolliert werden. Begleitend zu der antirheumatischen Behandlung erhalten die Betroffenen häufig Analgetika gegen die Schmerzen. Bei der Einnahme nicht-steroidaler Antirheumatika (NSAR) ist immer das Risiko gastrointestinaler Beschwerden oder Blutungen unter einer Therapie mit systemischen Glukokortikoiden zu beachten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/12 auf Seite 118.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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