Kind sitzt traurig in dunklem Flur zu Hause© kieferpix / iStock / Getty Images Plus
In Deutschland hat die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die aufgrund der Pandemie unter, Angstzuständen und Depressionen leiden, deutlich zugenommen.

Europäischer Depressionstag

„JEDE UND JEDER KANN WIEDER GESUND WERDEN“

Die Pandemie mit ihren Lockdowns war für uns alle nicht einfach – Menschen mit Depressionen hat sie mit ihren psychischen Folgen aber besonders hart getroffen. Darauf wies die Europäische Depressions-Gesellschaft EDA anlässlich des Europäischen Depressionstages am 3. Oktober hin.

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Sorgen, Einsamkeit, Ängste – all diese Zustände sind für Menschen mit Depressionen praktisch Alltag. Innerhalb des Lockdowns nahmen diese Gefühle noch einmal zu, erklärte Professor Detlef E. Dietrich als Repräsentant der EDA in Deutschland. Der ärztliche Direktor im AMEOS Klinikum Hildesheim wies darauf hin, dass die Möglichkeiten für depressiv Erkrankte gleichzeitig dabei abnahmen, ihre Krankheit zu kontrollieren.

Hilfreich war in diesem Zusammenhang die Schilderung der Bloggerin und Journalistin Tanja Salkowski, die selbst betroffen ist. Während der Pandemie habe sie sich „gegen die Gesellschaft und für die Einsamkeit, für völlige Isolation und das Weglassen von Körpernähe entschieden“. Sie schränkte die Kommunikation mit Freunden ein, nahm einen ungesunden Lebensstil mit Bewegungslosigkeit und einem zu hohen Konsum von Fernsehen, ungesundem Essen und Alkohol an. 
 

Öffentliche Diskussion hat gefehlt

Um sich selbst zu retten, eignete sie sich wieder eine feste Tagesstruktur, gesunde Ernährung, das Ausleben ihrer tiefsten Bedürfnisse und auch Treffen mit der Familie und Freunden an. Ihr fehlt generell die öffentliche Diskussion über das Thema: „In jeder Talkshow saß ein Virologe oder eine Virologin, das verstehe ich, aber ich habe Psychologen dort vermisst.“
 

Kinder und Jugendliche stark betroffen

Doch nicht nur auf depressiv Erkrankte wirkte sich die Pandemie und die damit zusammenhängenden Infektionsschutzmaßnahmen negativ aus: Seit März 2020 ist die Prävalenz von Angsterkrankungen und Depression in den Mitgliedsländern deutlich gestiegen – die der Angstzustände um knapp 30, die der Depressionen um 23 Prozent. Das ergaben Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Besonders betroffen waren auch Kinder und Jugendliche durch das Homeschooling und die Distanzierungsmaßnahmen. Etwa 480 000 Jugendliche im Alter von 16 bis 19 Jahren zeigten inzwischen depressive Symptome, berichtete Dietrich.
 

Erhöhter Versorgungsbedarf für Menschen mit seelischen Erkrankungen

Dabei könnten die Prävalenzzahlen noch steigen, denn in Drucksituationen ist die Resilienz – also die Fähigkeit, mit Stressoren umzugehen – generell besser ausgeprägt. Das gab Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Mitglied des Deutschen Bundestages, zu bedenken. Danach könnten Angstzustände und Depression wieder verstärkt auftreten und dann entstehe auch ein erhöhter Versorgungsbedarf für Menschen mit seelischen Erkrankungen, so das Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Daher sei jetzt politisches Handeln wichtig, damit der Schutz der mentalen Gesundheit künftig eine höhere Bedeutung erhalte. 

In diesem Zusammenhang sei auch Aufklärungsarbeit und die Anerkennung der künstlerischen Therapien sowie deren bessere Vernetzung vonnöten. „Wir haben jetzt die Chance, die Weichen zu stellen, für die Welt nach Corona“, nahm die Ärztin Bezug auf die aktuelle politische Situation, „und das könnte eine Welt sein, wo ein Klima der Akzeptanz geschaffen wird. Jede und jeder kann depressiv werden und jede und jeder kann wieder gesund werden.“

Die Krankheit in Zahlen

  • 89 Prozent der befragten Depressions-Patienten fehlten im zweiten Lockdown die Kontakte.

  • 87 Prozent bewegten sich zu wenig.

  • 64 Prozent verbrachten zu viel Zeit im Bett.

  • 44 Prozent berichteten von einer Verschlechterung der Symptomatik.

  • 16 Prozent erlitten einen Rückfall.

  • 8 Prozent hatten Suizidgedanken.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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