Schirm auf Herbstlaub© lemono / iStock / Getty Images

ES GEHT AUCH JETZT NOCH

Mit zunehmendem Alter wird unser Immunsystem schwächer. Damit steigt unter anderem die Gefahr von Infektionen. Erklären Sie Ihren älteren Kunden, wie sie dem entgegenwirken und die Abwehr aktiv unterstützen können.

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Früher hat mich eine einfache Erkältung nicht so aus der Bahn geworfen – ein Satz, dem viele ältere Menschen zustimmen können. Denn mit dem Alter geht auch das Immunsystem, die „Gesundheitspolizei“ unseres Körpers, langsam in Rente. Die Folge: Unsere Abwehrkräfte sinken, Infekte und Entzündungen entstehen schneller und wir brauchen länger, um Krankheiten auszukurieren.

Gesunde Lebensführung Viele Dinge können unser Immunsystem schwächen, wie etwa zu wenig Schlaf, Stress, Rauchen, zu viel Alkohol, zu wenig Bewegung oder eine einseitige Ernährung. Vielen Senioren fällt es schwer, ein- und durchzuschlafen, etwa, weil man jetzt nachts öfter auf die Toilette muss. Auch ist man nicht mehr so ausgelastet wie früher und dadurch abends auch weniger müde. Der Schlaf kann zudem häufiger durch chronische oder akute Schmerzen beeinträchtigt werden, ebenso wie durch psychosoziale Probleme wie Existenzangst und Einsamkeit.

All diese Hindernisse muss man bekämpfen, denn Studien zeigen, dass eine Woche mit weniger als sechs Stunden Schlaf pro Nacht das Risiko für eine Erkältung vervierfacht. Zu dieser Gefahr trägt auch bei, das unser Immunsystem nachts Informationen zu neuen Krankheitserregern im Langzeitgedächtnis von B- und T-Zellen abspeichert, die so beim nächsten Kontakt mit dem Keim eine rasche, gezielte Immunantwort auslösen können.

Tipps für guten Schlaf Gerade ältere Menschen müssen ausreichend trinken, den Hauptteil der Flüssigkeitszufuhr sollten sie aber in die erste Tageshälfte legen. Das gilt auch für Kaffee: Er regt die Harnproduktion an und sollte ab mittags gar nicht mehr getrunken werden. Harntreibend wirken auch schwarzer und grüner Tee sowie Kräutertees (besonders Mate- oder Brennnesseltee). Insgesamt wenig zu trinken, um den Harndrang einzuschränken, ist hingegen kontraproduktiv, denn so wird der Harn konzentriert und kann unter Umständen einen noch größeren Harndrang auslösen.

Außerdem können die Nieren Schaden nehmen und die kognitiven Fähigkeiten leiden. Auch ein Nickerchen tagsüber kann bei Ein- und Durchschlafstörungen von Nachteil sein. Lässt sich die Müdigkeit gar nicht mehr anders bekämpfen, sollte der Kurzschlaf nicht länger als 45 Minuten dauern. Eine halbe Stunde Bewegung am Tag wie Spazierengehen, Schwimmen oder Rad fahren kann dabei helfen, abends müde zu werden. Leichte Gartenarbeit kann zusätzlich sogar noch das Stresslevel senken – wenn man es eher als Meditation und nicht als Arbeit sieht! Auch andere Entspannungstechniken wie Muskelrelaxation nach Jacobson oder autogenes Training können für besseres Einschlafen sorgen.

Meditation selbst wirkt sich sogar positiv auf das vegetative Nervensystem aus und kann Schmerzen lindern. Schlafmittel, beispielsweise mit dem Wirkstoff Doxylamin, können problematisch sein, da sie bei vielen Altersbeschwerden wie Prostatavergrößerung mit Restharnbildung, Herzschwäche, Bluthochdruck und Reflux kontraindiziert sind. Phytotherapeutische Einschlafmittel wie Baldrian oder Lavendel können hingegen empfohlen werden.

Gesunder Darm Auch die Haut, die Schleimhäute, und vor allem der Darm spielen eine große Rolle bei der Immunabwehr. Haut und Schleimhäute sind eine erste Barriere gegen Erreger. Mit dem Alter werden sie jedoch weniger elastisch und rissig, was Keimen das Eindringen erleichtert und Infektionen und Entzündungen fördert. Magen und Darm sind für die Aufspaltung und Weiterleitung der Nähr- und Vitalstoffe zuständig, die eine gute Funktion des Immunsystems ermöglichen. Im Alter werden sie jedoch träge und es kommt häufiger zu Verdauungsstörungen.

Senioren sollten daher für eine gute Darmflora sorgen, die die Verdauung unterstützt. Wichtig sind hierbei zum Beispiel Probiotika, also Bakterien, die unseren Darm natürlicherweise besiedeln und gesund erhalten. Sie finden sich in Milchprodukten wie Joghurt, Buttermilch oder Kefir, aber auch in Sauerkraut. Präbiotika, also Ballaststoffe, die die Darmtätigkeit anregen, sind ebenfalls unverzichtbar. Hierbei unterscheidet man zwischen unlöslichen und löslichen Ballaststoffen. Unlösliche finden sich vor allem in Vollkornprodukten, Pilzen oder Hülsenfrüchten, lösliche vor allem in Obst und Gemüse wie Bananen, Beeren, Zwiebeln und Knoblauch.

Lösliche Ballaststoffe werden von den Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren verstoffwechselt, die durch die Darmschleimhaut in die Blutbahn übergehen und dort wieder positiv auf das Immunsystem wirken. Aber Vorsicht: Ballaststoffe können die Aufnahme von Medikamenten im Darm verzögern, vor allem von Schilddrüsenhormonen, Schmerzmitteln, Cholesterinsenkern und Herzmedikamenten. Daher sollte ein Abstand von einigen Stunden zwischen Medikamenteneinnahme und Nahrungsaufnahme eingehalten werden. Im Alter nimmt auch der Geschmackssinn ab, gut wahrgenommen wird dann vor allem Süßes. Doch raffinierter Zucker ist Gift für die Darmflora. So muss man gerade im Alter darauf achten, die Süßigkeiten vom Speiseplan zu streichen – so verlockend sie auch sein mögen.

Eingedampft
Die Funktionsfähigkeit des Immunsystems nimmt im Alter ab. Daher sollten sich Senioren insbesondere gegen Grippe und Pneumokokken und zurzeit auch gegen COVID-19 impfen lassen. Unterstützen kann man die schwächer werdende Körperabwehr durch ausgewogene Ernährung, mäßige Bewegung, guten Schlaf, Stressabbau und Reduzierung von Alkohol.

Sinnvolle Nahrungsergänzungsmittel? Um gesund zu bleiben, braucht unser Immunsystem hauptsächlich die Vitamine C, D, A und E sowie die Mineralstoffe Zink und Selen. Auch ältere Menschen nehmen diese Stoffe in der Regel über eine ausgewogene Ernährung auf, obwohl es manchmal phasenweise auch zu einer Mangelversorgung kommen kann. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sollte aber immer in Rücksprache mit dem Arzt oder Apotheker erfolgen. Denn bei vielen der enthaltenen Substanzen kann es zu potenziell gefährlichen Wechselwirkungen mit den benötigten Medikamenten kommen.

Ein wissenschaftlicher Nutzen der Supplementierung ist zudem nur für die Vitamine D und B12 bei Menschen über 65 Jahren belegt. Vitamin D kann der Körper nicht selbst produzieren, er braucht dazu Sonnenlicht. Da ältere Haut aber nicht mehr so durchlässig dafür ist, kommt es bei Senioren häufiger zu einem Vitamin-D-Mangel. Ein Vitamin-B12-Mangel kann sogar entstehen, obwohl genug davon über die Nahrung aufgenommen wird. Denn aufgrund von verlangsamter Verdauungstätigkeit kommt nicht genug B12 im Blut an. Daher sollte der Spiegel von Zeit zu Zeit kontrolliert werden.

Impfen unterstützt das müde gewordene System Die B-Lymphozyten, die für die Produktion neuer Antikörper zuständig sind, werden im Alter in immer geringeren Mengen im Knochenmark produziert. In der Folge greift das Immunsystem bei Kontakt mit einem Krankheitserreger vermehrt auf altbewährte Antikörper zurück. Diese bekämpfen die Keime aber unter Umständen nicht mehr so gut wie es nötig wäre, sodass es vermehrt zu Infektionen kommen kann. Gerade Lungenentzündungen und Grippeinfektionen können für Senioren schnell lebensgefährlich werden. Daher sollten sich Menschen ab 65 Jahren regelmäßig gegen Grippeviren und Pneumokokken sowie aktuell gegen COVID-19 impfen lassen. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2021 ab Seite 130.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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