© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Ejaculatio Praecox

ERSTER!

Vorzeitiger Samenerguss ist das häufigste Sexualproblem bei erwachsenen Männern zwischen 18 und 60 Jahren und beeinflusst das männliche Selbstbild negativ. Es lässt sich durch Sexualtherapie und Medikation jedoch gut behandeln.

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Diagnose durch Sexualanamnese und Stoppuhr Wichtig für Diagnose und Therapie ist eine ausführliche Sexualanamnese mit Fragen zu sexuellen Erfahrungen, der sexuellen Entwicklung und möglichen Vermeidungsstrategien. Vielfach ist die zunehmende Angst vor dem vorzeitigen Orgasmus eine wesentliche Ursache und somit ein „Teufelskreis“– dies muss erfragt werden. Liegt die Dauer zwischen dem Einführen des Penis und der Ejakulation regelmäßig unter zwei Minuten, kann die Diagnose Ejaculatio praecox gestellt werden. Dabei ist die Messung der IELT ein wesentliches Maß der Zeit bis zur Ejakulation; diese wird in der Regel vom Partner mit einer Stoppuhr gemessen – nicht unbedingt romantisch, aber objektiv.

Therapieansätze Bei der EP wurden bislang vor allem OTC-Präparate mit nie geprüfter Wirksamkeit eingesetzt sowie verschreibungspflichtige oder off-label benutzte Medikamente wie SSRI-Antidepressiva, die vielfach eine hohe Nebenwirkungsrate aufweisen. Topische Anästhetika können penile oder vaginale Hypästhesie, weibliche Anorgasmie oder Hautreaktionen verursachen. Eine Verhaltenstherapie ist wichtig, hat aber oft nur eine begrenzte Langzeitwirkung. Somit besteht ein Bedarf an Medikamenten mit schnell eintretender Wirkung, rascher Elimination und niedrigen Nebenwirkungsraten.

Lokalanästhesie mit Desensibilisierungsspray Die Lokalanästhesie ist die am häufigsten angewendete medikamentöse Therapie bei EP mit einer deutlichen Verlängerung der Zeit bis zum Orgasmus. Nun gibt es ein Spray zur Anwendung auf der Haut, das die Lokalanästhetika Lidocain und Prilocain in Kombination enthält. Es handelt sich um die erste topische Therapie mit geprüfter Zulassung zur Behandlung der Ejaculatio praecox. Dieses neue Dosieraerosolspray wird mindestens fünf Minuten vor dem Geschlechtsverkehr ringsherum auf die Eichel aufgesprüht – eine Einzeldosis besteht aus drei Sprühstößen.

Die Wirkstoffe werden dabei als sehr dünner Film aufgetragen, der rasch und vollständig einzieht. Aufgrund des lokalanästhetischen Effekts von Lidocain und Prilocain wird die Penissensitivität reduziert, sodass die Latenzzeit bis zur Ejakulation bei vollem Orgasmusempfinden erhöht wird. Lidocain zeichnet sich durch einen schnellen Wirkeintritt bei mittlerer Wirkdauer aus, Prilocain wiederum hat einen langsameren Wirkeintritt, die Wirkung hält jedoch länger an. Generell tritt die Wirkung schnell ein, das heißt innerhalb von fünf Minuten, und die Spontaneität der Sexualität bleibt dadurch erhalten. Die Wirksamkeit und Sicherheit des Sprays wurde in zwei multizentrischen, multinationalen, randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studien belegt.

So verlängerte das Dosieraerosolspray die Zeit bis zur Ejakulation nach der Penetration: Die durchschnittliche IELT erhöhte sich unter dem Verum von 0,6 auf 3,2 Minuten; in der Placebogruppe dagegen nur von 0,6 auf etwas unter einer Minute. Auch die Kontrolle über die Ejakulation erhöhte sich, und der Leidensdruck der Patienten nahm deutlich ab, wie anhand des „Index of Premature Ejaculation (IPE)“ ermittelt wurde. Das Präparat kann jederzeit und nach Bedarf angewendet werden und erhöht sofort beim ersten Gebrauch die Dauer des Geschlechtsverkehrs bis zur Ejakulation.

Die Wirksamkeit bleibt bei wiederholter Nutzung erhalten. Weitere Vorteile sind die geringe Inzidenz von Nebenwirkungen, kein Kältegefühl und die diskrete und einfache Anwendung. Das geruchsneutrale Spray ist frei von sonstigen Bestandteilen, sodass auch das Allergiepotenzial niedrig ist. Die alkoholfreie Formulierung reduziert außerdem das Risiko von Hautirritationen. Darüber hinaus wird die sexuelle Zufriedenheit von Patient und Partnerin verbessert und die Stressbelastung sinkt. Dies ist ein wichtiger Punkt, denn in die Therapie müssen immer beide, Patient und Partner, einbezogen werden, um eine therapeutische Allianz zu schaffen, da die Folgen der EP auch beide betreffen. Das Paar ist also der Patient.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/18 ab Seite 70.

Dr. Astrid Heinl

Die Ejaculatio praecox (EP) ist mit einer Prävalenz von 20 Prozent in Deutschland durch alle Altersklassen eine sehr häufige Erkrankung. So sind bereits bei den 18- bis 24-Jährigen 18 Prozent betroffen, bei den 55- bis 60-Jährigen etwa 25 Prozent – insgesamt etwa acht Millionen Männer ab 18 Jahren. Auch weltweit geht man von einer Prävalenz von 20 bis 24 Prozent aus. Dennoch wird die EP massiv unterschätzt und ist entsprechend unterdiagnostiziert und untertherapiert.

Ein Grund dafür ist, dass das Thema sowohl von Männern als auch Ärzten vermieden wird, obwohl der Leidensdruck der Männer hoch ist und die EP eine nachhaltige destruktive Auswirkung auf die Partnerschaft hat und zu Frustration und der Vermeidung sexueller Intimität führen kann. Sehr wahrscheinlich werden weniger Patienten mit EP beraten als Männer mit einer erektilen Dysfunktion.

Primäre und sekundäre EP Die Zeit zwischen dem Einführen des Glieds in die Scheide und dem Beginn des Samenergusses wird als „intravaginale Ejakulationslatenzzeit“ bezeichnet (intravaginal ejaculation latency time, IELT). Die Grenzen bei der IELT zur Definition einer Ejaculatio praecox variieren zwischen einer und sieben Minuten. Die durchschnittliche IELT bei gesunden Männern beträgt 5,4 Minuten, bei EP-Patienten dagegen unter einer Minute gemäß der Definition der International Society for Sexual Medicine (ISSM). Die EP ist auch charakterisiert durch eine klinisch signifikante Reduktion der Latenzzeit, oft von bis zu drei Minuten oder weniger.

Dabei werden primäre und sekundäre Ejaculatio praecox unterschieden. Bei der primären oder lebenslangen EP wird eine Störung der serotonergen Leitungsbahnen vermutet, die die Ejakulation steuern, ebenso auch bei der sekundären oder erworbenen EP, bei der zudem auch psychogene und organogene (Hyperthyreose, Prostatitis, neurologische Störungen) sowie andere sexuelle Dysfunktionen wie die erektile Dysfunktion als Ursachen diskutiert werden. Die primäre EP beginnt mit dem ersten Geschlechtsverkehr und ist unabhängig von der Partnerin.

Die erworbene EP entwickelt sich im Laufe des Lebens, zuvor war die IELT physiologisch. Diese beiden Formen der EP werden als „Tatsächliche Ejaculatio praecox“ beschrieben. Daneben gibt es die variierende Ejaculatio praecox, die mit einer häufig wechselnden IELT sowohl im physiologischen als auch im unphysiologischen Bereich (unter einer Minute) einhergeht. Die Ejakulation ist nicht verzögerbar. Bei der subjektiven EP liegt die IELT meist im physiologischen Bereich von über fünf Minuten, wird jedoch subjektiv als zu kurz empfunden.

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