Eine Frau hält die gebogene Hand hinter das Ohr, um besser zu hören.
Beschwerden mit dem Gehör bis hin zum Hörverlust können laut einem Fallbericht aus England auf COVID-19 zurückgehen. © natasaadzic / iStock / Getty Images Plus

Gehör | Fallbericht

ERST TINNITUS, DANN TAUB: HÖRSCHÄDEN DURCH COVID-19

Britische Ärzte warnen vor einer seltenen Komplikation im Zusammenhang mit Corona-Infektionen. Plötzlicher Hörverlust müsse sofort behandelt werden, um bleibende Schäden zu vermeiden.

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Ende September veröffentlichten englische Hals-Nasen-Ohren-Ärzte des Royal National Throat Nose and Ear Hospitals ihre Beobachtungen im Fachjournal „BMJ Case Reports“. Ihr Fallbericht sowie etwa eine Handvoll ähnlicher Veröffentlichungen beschreiben Beschwerden mit dem Gehör, die nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 auftraten. Obwohl die Komplikationen selten seien, ruft Hauptautorin Foteini Stefania Koumpa, die auch dem University College London angehört, dazu auf, sie äußerst ernst zu nehmen. Nur die sofortige Behandlung könne den Hörverlust rückgängig machen.

In ihrem Bericht „Sudden irreversible hearing loss post COVID-19“ beschreiben die Londoner HNO-Spezialisten den Fall eines 45-jährigen Asthmatikers, der bereits zehn Tage Corona-typische Symptome zeigte, bevor er wegen Atemnot ins Krankenhaus kam. Er erhielt eine intensivmedizinische Behandlung mit mechanischer Beatmung über 30 Tage, Remdesivir und Cortison intravenös sowie einen Blutplasma-Austausch, woraufhin er sich erholte. Eine Woche nachdem er die Intensivstation verlassen konnte, entwickelte er zunächst einen Tinnitus im linken Ohr und verlor sein Gehör auf dieser Seite anschließend vollständig. In seiner Krankengeschichte gab es davor keine Beschwerden an Ohren oder Gehör.

Da bei seiner Untersuchung keine Blockaden oder Entzündungen im Ohr festgestellt wurden, erhielt er – wie bei einem Hörsturz – Prednisoloninjektionen und -tabletten. Das Gehör des Mannes kehrte teilweise zurück.

Da die Ärzte andere Ursachen differenzialdiagnostisch ausschließen konnten, gehen sie davon aus, dass die vorangegangene Infektion mit dem Coronavirus den Hörverlust ausgelöst habe. Gestützt wird ihre Vermutung durch die Tatsache, dass die Epithelzellen des Mittelohrs ACE-2-Rezeptoren besitzen, die als Eintrittsstellen für SARS-CoV-2 gelten. Das Virus erzeuge auch einen Anstieg bestimmter Zytokine, die mit Hörverlust in Verbindung gebracht werden.

„Hörverlust und Tinnitus sind Symptome, die wir bei Patienten, die sowohl Covid-19 als auch Grippe hatten, bereits gesehen haben, die aber bislang nicht hervorgehoben wurden“, schließen die Spezialisten. Zwar handele es sich bislang um eine sehr seltene Komplikation, angesichts der weltweiten Verbreitung des Virus und der Einschränkungen, die ein Hörverlust für den Betroffenen bedeute, müsse ihr jedoch mehr Beachtung geschenkt werden. Die Autoren fordern, Ärzte sollten ihre COVID-19-Patienten künftig nach Gehörproblemen befragen.

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Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quellen:

casereports.bmj.com/content/13/11/e238419


www.pharmazeutische-zeitung.de/hoerverlust-bei-covid-19-sofort-handeln-121129/seite/alle/

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