Ein Kunde spricht ärgerlich auf eine Frau im weißen Kittel hinter HV-Tisch ein© xalanx / iStock / Getty Images Plus
Da ist Ärger vorprogrammiert - bei Lieferengpässen muss viel geklärt und erklärt werden.

Erschwerter Alltag

LIEFERENGPÄSSE BEI MEDIKAMENTEN BEREITEN SORGE

Ob Ibuprofen, Nasenspray, Blutdrucksenker oder Antibiotika – in Deutschlands Apotheken ist ein Wort zurzeit in aller Munde: Lieferengpass. Ein dauerhaftes Problem. Was sind die Ursachen – und vor allem: Ist Besserung in Sicht?

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Bei vielen Kundenwünschen stellt sich in der Offizin derzeit die bange Frage: Ist das gewünschte Medikament lieferbar? Deutschlandweit und bei allen Wirkstoffklassen gibt es Probleme. Einzelne Wirkstoffe sind zeitweise gar nicht erhältlich.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet Meldungen der Hersteller über Verfügbarkeitsprobleme bei wichtigen Arzneimitteln auf. Diese Liste wächst kontinuierlich. Das Schwierige daran: Es werden nur Medikamente aufgeführt, bei denen eine „über voraussichtlich zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung“ oder „deutlich vermehrte Nachfrage, der nicht angemessen nachgekommen werden kann“ vorliegt.

Teurer Aufwand

Im Apothekenalltag ist das Problem weitreichender als die Liste des BfArM es vermuten lässt. Unzählige Arzneimittel wie Codeintropfen, Pantoprazol, Antibiotika und vor allem Schmerzmittel für Kinder sind rar. Ärgerlich: Da immer wieder einzelne Packungen ausgeliefert werden, erscheinen diese Medikamente nicht auf der BfArM- Liste.

Unsere Autorin Linda Kämpf arbeitet seit 2006 als angestellte Apothekerin im Main-Kinzig-Kreis. Die aktuellen Lieferengpässe beeinträchtigen ihren Arbeitsalltag – so wie Ihren sicherlich auch – bereits seit Monaten.

Eine unbefriedigende Situation, deren Bewältigung die deutschen Apotheken pro Jahr geschätzt 260 Millionen Euro kostet. Defektlisten werden von den Mitarbeitenden mehrmals täglich zum Großhändler übertragen, um mit Glück einige Packungen Hustensaft, Ibuprofen oder Blutdrucksenker zu ergattern. Oft ist eine ärztliche Rücksprache nötig, verunsicherte Kund*innen haben Fragen und Dosierungen müssen gegebenenfalls neu berechnet werden, zum Beispiel, wenn die passende Wirkstärke nicht verfügbar ist. Immer wieder wird direkt bei Herstellern angefragt. Diese Dinge kosten Zeit – und das ist teuer.

Ist Corona schuld?

Lieferengpässe haben mehrere Ursachen. Das BfArM sieht als einen Faktor eine „Verteilproblematik“ durch höhere Transportkosten. Seit Jahren werden viele Medikamente größtenteils in Fernost produziert, wo die Löhne niedrig und Umweltauflagen weniger streng sind. Grund dafür liegt auch in dem Preisdruck, den die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) durch immer geringere Festbeträge und Rabattverträge weiter befeuert – ein Teufelskreis entsteht.

Gerade die hygienisch aufwendige Produktion von Fiebersäften lohnt sich oft nicht mehr, sodass sich Produzenten zurückgezogen haben. Die verbleibenden Hersteller können den gestiegenen Bedarf nicht in jedem Fall decken.

Corona hat die Probleme weiter verschärft. Durch die Schutzmaßnahmen gab es weniger Infekte, die Produktion der entsprechenden Medikamente wurde daraufhin gedrosselt. Jetzt sind Erkältungsmittel stark gefragt und knapp. Weiter werden Wirkstoffe oft nur in wenigen Fabriken weltweit hergestellt. Fällt dann die Produktion einzelner Werke aus, sind die Folgen anhaltende Lieferschwierigkeiten.

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