Symbolbild Zahnimplantat© peterschreiber.media / iStock / Getty Images

Periimplantitis

ENTZÜNDUNG MIT FOLGEN

Stabil, langlebig und komfortabel: Zahnimplantate haben viele Vorteile. Problematisch wird es allerdings, wenn rund um die künstliche Zahnwurzel eine Entzündung entsteht – eine sogenannte Periimplantitis.

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Aus ganz unterschiedlichen Gründen, beispielsweise durch Parodontitis, Karies oder einen Unfall kann es zu Zahnverlust kommen. Weist das bleibende Gebiss Lücken auf, müssen Betroffene zwangsläufig über Zahnersatz nachdenken. Funktionale und ästhetische Lösungen sind Zahnimplantate. Seit Jahrzehnten werden die High-Tech-Konstruktionen eingesetzt, um die Funktion fehlender Zähne zu ersetzen. In der Regel bestehen Implantate aus drei Komponenten: dem Implantatkörper, dem Implantataufbau und der Implantatkrone.

Im Rahmen eines kleinen chirurgischen Eingriffs bringt ein entsprechend spezialisierter Zahnmediziner (Implantologe) zunächst den Implantatkörper in den Kieferknochen ein. In der Praxis wird er häufig über ein Gewinde in den Knochen eingeschraubt. Meist bestehen Implantatkörper aus Titan, das eine hohe Gewebeverträglichkeit aufweist, sprich biokompatibel ist. Als metallfreie Alternativen kommen keramische Werkstoffe zum Einsatz. Die künstliche Zahnwurzel bildet die Basis des Zahnimplantats.

Sobald sie eingeheilt ist, kann der Implantataufbau, medizinisch Abutment genannt, eingesetzt werden. Dieser passgenaue Stützpfosten fungiert als Zwischenglied zwischen dem Implantatkörper und der Implantatkrone (Suprakonstruktion). Bei letztgenannter handelt es sich um den eigentlichen, sichtbaren Zahnersatz, der auf dem Implantataufbau befestigt wird. Moderne Zahnimplantate können viele Jahre halten und ihrem Träger so dauerhaft ein sicheres Kaugefühl und ein Plus an Lebensqualität schenken.

Bakterieller Belag Doch mitunter können sie auch großen Kummer bereiten, nämlich dann, wenn rund um die künstliche Wurzel eine Entzündung entsteht. Im medizinischen Fachjargon ist dann die Rede von Periimplantitis. Vergleichbar ist diese Erkrankung mit einer Parodontitis an natürlichen Zähnen. Den Anfang einer Periimplantitis bildet bakterieller Zahnbelag (Plaque), der sich zum Beispiel an implantatgetragenen Kronen ablagern kann. Wird die Plaque nicht entfernt, kann sich zunächst die Schleimhaut am Zahnimplantat entzünden.

Jetzt sprechen Zahnmediziner von einer periimplantären Mukositis. Sie ist meist schmerzfrei, macht womöglich jedoch durch geschwollenes und gerötetes Zahnfleisch auf sich aufmerksam. Beim Zähneputzen kommt es leicht zu Zahnfleischbluten – ein Warnsignal! Bleibt die Mukositis unbemerkt und unbehandelt, kann sich die Entzündung ihren Weg in die Tiefe bahnen. Die Bakterien verursachen jetzt eine Entzündung des Gewebes rund um die künstliche Zahnwurzel und können schließlich auch den Kieferknochen angreifen. Eiterbildung am Implantat und süßlicher Mundgeruch gehören zu den typischen Symptomen.

Im weiteren Verlauf der Periimplantitis kommt es zu einem Abbau des implantattragenden Knochens und in der Folge schlimmstenfalls zum Verlust des kostbaren Implantats. Dass eine Periimplantitis oft noch rascher voranschreitet als eine Parodontitis, liegt am Aufbau des Implantats: Während das aus dem Zahnfleisch ragende Verbindungsstück glatt ist und sich deshalb gut säubern lässt, besitzt der im Knochen verankerte Teil Gewindegänge und eine raue Oberfläche. Sind Bakterien erst bis hierher vorgedrungen, ist es recht schwierig, sie wieder loszuwerden.

Tiefe Taschen Um Mukositis und Periimplantitis auf die Spur zu kommen, wird der Zahnarzt die Mundhöhle gründlich inspizieren und die Tiefe der Taschen rund um Zähne und Implantate mit einer kalibrierten Sonde messen. Kommt es bei der Sondierung zu minimalen Blutungen, liegt eine Schädigung der Schleimhaut vor. Vereiterung und erhöhte Sondierungstiefe liefern hingegen deutliche Hinweise auf eine Periimplantitis. Mittels Röntgenuntersuchung kann die Diagnose gesichert werden. Wichtig zu wissen ist, dass der Übergang zwischen Mukositis und tiefer Inflammation im Bereich der künstlichen Zahnwurzel fließend ist.

Die Behandlung richtet sich nach Art und Ausprägung der Erkrankung: Im Frühstadium einer periimplantären Infektion ist es häufig ausreichend, bakterielle Beläge im Rahmen einer professionellen Implantatreinigung, kurz PIR, zu entfernen. Mit desinfizierenden Spülungen und speziellem Schutzlack geht es den Keimen an den Kragen. Bei fortgeschrittener Periimplantitis reicht eine rein konservative Behandlung meist nicht aus. Notwendig ist es jetzt häufig, entzündetes Gewebe im Rahmen eines operativen Eingriffs zu entfernen und die Implantatoberfläche gründlich zu reinigen. Hat sich der Kieferknochen bereits abgebaut, ist ein Knochenaufbau rund um das Implantat erforderlich, um die Stabilität wiederherzustellen. Eventuell benötigt auch das Zahnfleisch eine plastische Korrektur.

Da das Implantat, anders als ein natürlicher Zahn, direkt am Kieferknochen anliegt, heilt eine Periimplantitis tendenziell schlechter ab als eine Parodontitis. Hat sich der Knochen rund um das Implantat schon erheblich abgebaut oder führt keine Behandlungsstrategie zum gewünschten Erfolg, muss das Implantat entfernt werden, Spezialisten sprechen von Explantation. Wichtig zu wissen ist zudem, dass sich auch nach erfolgreicher Periimplantitis-Behandlung wieder Bakterien ansiedeln können. Deshalb sind engmaschige Kontrolluntersuchungen erforderlich.

Risikofaktor Rauchen Bekannt ist, dass bestimmte Risikofaktoren Entzündungen rund ums Implantat begünstigen können. Die beiden häufigsten sind zugleich vermeidbar: Das Rauchen sowie eine unzureichende häusliche Mundhygiene. Rauchen erschwert bereits die Einheilung künstlicher Zahnwurzeln deutlich. Im Durchschnitt ist das Risiko, ein Zahnimplantat zu verlieren, bei Rauchern doppelt so hoch wie bei Nichtrauchern. Verantwortlich dafür ist die durch den Nikotinkonsum verzögerte Wundheilung.

Weil das Zahnfleisch von Rauchern schlechter durchblutet ist, können sich Bakterien zudem leichter ansiedeln. In Sachen Mundhygiene gilt: Werden Zahnbeläge nicht regelmäßig zuverlässig entfernt, können sich Bakterien mühelos ausbreiten – Mukositis und Periimplantitis sind dann beinahe vorprogrammiert. Um vorzubeugen, ist es einerseits wichtig, dass Implantatträger Zähne und Zahnersatz regelmäßig gründlich putzen; viele Experten empfehlen, hierzu idealerweise eine Elektrozahnbürste zu verwenden. Modelle mit integriertem Timer erleichtern es, eine ausreichend lange Putzzeit einzuhalten.

Unerlässlich ist es andererseits auch, den Zahnzwischenräumen ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit zu widmen. Abhängig vom Rat des behandelnden Implantologen kommen für die tägliche (!) Zwischenraumpflege Interdentalbürsten in individuell passenden Größen oder Zahnseide infrage. Geeignete medizinische Mundspüllösungen können die Mundhygiene sinnvoll ergänzen.

Gut zu wissen Nicht immer sind mangelnde Zahnpflege oder ungesunde Lebensgewohnheiten für eine Periimplantitis verantwortlich. Auch eine entsprechende genetische Disposition sowie bestimmte Grunderkrankungen, insbesondere Diabetes mellitus, erhöhen das Risiko. Um zu verhindern, dass eine folgenschwere Entzündung rund um die künstliche Zahnwurzel entsteht, ist es generell wichtig, dass Implantatträger sämtliche Nachsorgeuntersuchungen und Kontrolltermine in der Zahnarztpraxis gewissenhaft wahrnehmen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 12/2021 ab Seite 98.

Andrea Neuen, freie Journalistin

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