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Neue Serie: Lebererkrankungen – Teil 1

ENERGIE REIN, GIFTE RAUS

Die Leber ist unser größtes inneres Organ. Sie nimmt eine zentrale Stelle im Stoffwechsel ein und ist von allen Organen das einzige, das sich selbst bei sehr großen Schäden in vielen Fällen noch regenerieren kann.

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Eine gesunde Leber wiegt zwischen 1500 und 2000 Gramm, womit sie etwa 2,5 Prozent des Körpergewichts ausmacht. Das keilförmige Organ ist dunkelbraun, flach und besitzt eine glatte Oberfläche. Aufgeteilt ist die Leber in vier Lappen: die beiden großen Hauptlappen sowie zwei kleinere, den quadratischen und den geschwänzten Lappen.

Mit Bändern in der Bauchhöhle aufgehängt und teilweise mit dem Zwerchfell verwachsen, liegt der größere rechte Leberlappen im rechten Oberbauch, während der kleinere linke Leberlappen in den linken Oberbauch hinein bis hin zum Magen ragt. Mit dem Darm ist die Leber über Gallengänge und die Gallenblase sowie über die Pfortader verbunden. Schaut man sich eine Leber unter dem Mikroskop an, stellt man fest, dass die Leberlappen wiederum aus winzigen sechseckigen Läppchen mit einem Durchmesser von einem bis zwei Millimetern bestehen, die sich aus Leberzellen zusammensetzen.

Jedes dieser Läppchen hat in der Mitte eine kleine Vene, die für den Abfluss des herangeführten Blutes sorgt. Zwei Blutkreisläufe Wie durch das Herz führen auch durch die Leber zwei Blutkreisläufe. An der Unterseite münden Leberarterien und die - Pfortader in das Organ. Während die Leberarterien sauerstoffreiches Blut aus dem Herzen transportieren, bringt die Pfortader sauerstoffarmes, aber nährstoffreiches Blut aus dem Darm. Eine Aufgabe der Leber besteht darin, diese Nährstoffe direkt zu verwerten oder aber zu speichern. Zum anderen muss sie für den Körper giftige Stoffe erkennen und sie entweder durch Umwandlung in andere Stoffe unschädlich machen oder dafür sorgen, dass sie mit der Galle ausgeschieden werden.

ERHOLUNG
Glücklicherweise verfügt die Leber als einziges unserer Organe über eine immense Regenerationsfähigkeit. So kann durch einen gesunden Lebenswandel die Leistungsfähigkeit oft wieder hergestellt werden. Selbst bei einer Tumorerkrankung ist die Leber ein Wunderwerk – bis zu 50 Prozent ihrer Substanz kann sie regenerieren – und zwar, ohne dass Narbengewebe entsteht. Voraussetzung dafür ist, dass die befallenen Lebersegmente zuvor vollständig entfernt werden.

Weitere Aufgaben der Leber umfassen beispielsweise die Produktion lebenswichtiger Proteine wie der Gerinnungsfaktoren oder von Albumin. Mit dem Cholesterol liefert sie zudem einen wichtigen Baustein für Steroidhormone wie die Estrogene. Die Leber wandelt auch den Blutfarbstoff Hämoglobin aus alten und beschädigten Blutkörperchen in Bilirubin um, das mit der Galle in den Stuhl gelangt und ihm seine braune Farbe verleiht.

Speicher für schlechtere Zeiten Die Leber macht außerdem Nährstoffe für den Körper verfügbar. So nimmt sie zum Beispiel überschüssige Glukose auf, wenn die Zellen mit diesem Brennstoff bereits ausreichend versorgt sind. Bis zu 150 Gramm Zucker kann sie dabei in Form von Glykogen speichern und bei Bedarf wieder an das Blut abgeben. Genauso ist es mit einigen Vitaminen und Spurenelementen, auch sie können in der Leber gespeichert werden. Doch die Leber speichert nicht nur, sie hilft auch bei der Aufnahme von Nährstoffen, wie etwa von Fetten im Darm.

Dazu produziert sie täglich etwa einen halben Liter Gallenflüssigkeit, die in den Darm transportiert wird. Dort helfen die Gallensäuren, die Fette aus dem Nahrungsbrei zu lösen und dem Körper verfügbar zu machen. Nimmt der Körper keine oder zu wenig Nahrung zu sich, leitet die Leber die Gallenflüssigkeit in die Gallenblase, wo sie auf ein Zehntel eingedickt und gespeichert werden kann.

Giftstoffe müssen raus Krankheitserreger wie Viren können die Leber schädigen, doch das Organ kann auch durch einen ungesunden Lebenswandel stark belastet werden. Denn die Leber ist zwar auch im Hinblick auf die Entgiftung eine Hochleistungsmaschine, doch auch sie stößt an ihre Grenzen, wenn sie zu viele belastende Stoffe verarbeiten muss, wie etwa Alkohol oder Medikamente. So kann zum Beispiel ein Überschuss an Fetten oder Alkohol zu einer Fettleber führen. Wenn das Organ nicht mehr richtig arbeitet, kann außerdem ein Überschuss an Bilirubin entstehen, das dann ins Blut und in die Gewebe gelangt.

Hierdurch färben sich Haut und Schleimhäute gelb – die klassischen Symptome einer Gelbsucht (Ikterus). Bei der Leberzirrhose, einer Verhärtung des Organs, bei der sich Bindegewebe auf Kosten der Hepatozyten vermehrt, ist die Schädigung schon sehr weit fortgeschritten. Da wir in der Leber selbst keine Schmerzen wahrnehmen können, klagen die Betroffenen meist nur über Symptome wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder Appetitlosigkeit, vielleicht noch über einen diffusen Druckschmerz im Oberbauch. Eine Leberzirrhose wird daher wird oft zu spät erkannt, nicht selten mit fatalen Folgen wie Organversagen oder einem Leberkarzinom.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 120.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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