Anämien – Teil 2

EISENBILANZ IM MINUS

Manchmal reicht die Versorgung über die Nahrung nicht aus – neben Blutarmut verursacht ein chronisches Eisendefizit bestimmte Veränderungen und Schäden im Gewebe.

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Wegen des regelmäßigen Verlusts von Blut – und damit auch von Eisen – während der Menstruation weisen besonders häufig Frauen im gebärfähigen Alter ein Defizit an dem Spurenelement auf. Circa jede zehnte Frau dieser Altersspanne soll betroffen sein. Es können aber auch andere Blutungen zugrunde liegen, etwa im Magen-Darm-Trakt, wie zum Beispiel bei Magengeschwüren, Karzinomen, aber auch bei Hämorriden. Nach möglichen Blutungsquellen muss immer gesucht werden, damit die Ursache ausgeschaltet werden kann.

Neben einem Blutverlust kann der Eisenmangel auch durch zu geringe Aufnahme bzw. Zufuhr entstehen – sei es absolut, durch streng vegane/vegetarische Ernährung, oder relativ, wenn einem erhöhten Eisenbedarf in bestimmten Lebensphasen nicht entsprechend Rechnung getragen wird. Kritisch sind hier vor allem Schwangerschaft und Stillzeit sowie Wachstumsphasen von Kindern.

Oder aber es liegt eine gestörte Eisenresorption vor, wie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, bei Sprue oder wenn – etwa wegen einer Krebserkrankung – Teile des Magens entfernt werden mussten. Auch ein zu hoher pH-Wert im Magen (Antazida!) verhindert die normale Aufnahme von Eisen aus der Nahrung. Zusätzlich zu den bekannten Anämiesymptomen wie Blässe der Haut und Schleimhäute sowie Schwäche und Ermüdbarkeit entwickeln sich unter Eisenmangel häufig eine sehr trockene Haut, Einrisse an den Mundwinkeln (Rhagaden), Rillen in den Nägeln und brüchige Haare.

Laborwerte Die Diagnostik der Eisenmangelanämie stützt sich im Wesentlichen auf zwei Laboruntersuchungen. Im Gegensatz zu anderen Mangelanämien (siehe Anämien Teil 1) sind die Erythrozyten hier kleiner und ärmer an Hämoglobin als normal (mikrozytäre hypochrome Anämie). Ein wichtiger Messwert ist zudem das Eisenspeicherprotein Ferritin dessen Wert häufig bereits bei latentem Eisenmangel erniedrigt ist. Dieser Parameter ist allerdings nur dann aussagekräftig, wenn nicht gleichzeitig eine chronische Erkrankung oder Entzündung vorliegt. In diesen Fällen ist der Wert falsch hoch. In Zweifelsfällen kann die Bestimmung des löslichen Transferrinrezeptors (sTFR), einem Rezeptor des Eisentransportproteins Transferrin, Klarheit bringen. Der Serumeisenspiegel dagegen unterliegt im Tagesrhythmus viel zu großen Schwankungen, um aussagekräftig zu sein.

ERNÄHRUNGSEMPFEHLUNG
Der Eisengehalt von Lebensmitteln ist die eine Seite. Wichtig ist daneben die Verfügbarkeit des Mineralstoffs. Am besten resorbierbar ist das in Fleisch enthaltene Häm-Eisen (zweiwertiges Fe). Bei Nicht-Häm-Eisen (dreiwertiges Fe) aus pflanzlichen Nahrungsmitteln kommt es darauf an, wie die Mahlzeit zusammengesetzt ist: In Anwesenheit von Fleischeiweiß oder Ascorbinsäure wird seine Resorption gefördert. Werden dagegen gleichzeitig Phosphate, Oxalsäure oder Phytate gegessen, kann das Eisen aus dem Darm nur schlecht aufgenommen werden. Phytate sind Bestandteile von Hülsenfrüchten, Getreide und Nüssen, die mit Mineralstoffen unlösliche Komplexe bilden.

Eisensubstitution Selbstverständlich muss zunächst die zugrunde liegende Erkrankung – beispielsweise des Magen-Darm-Trakts – behandelt werden. Zur symptomatischen Therapie wird das Element substituiert, im Normalfall in Form von zweiwertigem Eisen (Eisen- II-Salze wie z. B. Eisen(II)-Gluconat oder –Succinat), das in verschiedenen peroralen Darreichungsformen angeboten wird. Normalerweise wird das Präparat eine Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen eingenommen. Auch wenn unter dieser Therapie schon nach kurzer Zeit die Erythrozytenproduktion hochgefahren wird: Bis die Eisenspeicher wieder aufgefüllt sind, dauert es mindestens drei Monate.

Die Eisengabe kann gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Verstopfung, Bauchschmerzen oder Durchfall hervorrufen. Ein Wechsel auf ein anderes Präparat ist einen Versuch wert, da die Verträglichkeit offenbar individuell unterschiedlich ist. Auch eine Dosisreduktion kann helfen. Besser vertragen wird die Einnahme zum oder nach dem Essen – was allerdings mit verminderter Resorption erkauft wird. Eine Eiseninjektion kann verschiedene unerwünschte Wirkungen von Schmerzen über Übelkeit und Hypotonie bis zur seltenen allergischen Akutreaktion (anaphylaktischer Schock) auslösen. Die parenterale Gabe ist nur in besonderen Fällen angezeigt, etwa bei entzündlichen Magen-Darm-Erkrankungen.

Vor unkontrollierter Einnahme warnen Eine Überdosierung kann insbesondere für kleine Kinder (lebens)gefährlich sein; darüber müssen Patienten informiert sein. Auch eine Warnung vor unbekümmertem Konsum freiverkäuflicher Eisenpräparate bzw. eisenhaltiger Nahrungsergänzungsmittel ist angebracht: Generell sind Eisenpräparate nur bei ärztlich festgestelltem Mangel nötig – auch bei Schwangeren! Überschüssiges Eisen kann der Körper nämlich nicht ausscheiden; es wird in verschiedenen Organen abgelagert. Im Extremfall drohen Organschäden. Wird bei Eisenüberladung die Bindungskapazität für Eisen überschritten, kann außerdem die Bildung freier Radikale begünstigt werden, mit möglichen unerwünschten Folgen wie einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Tumoren.

Was Ihre Kunden noch wissen sollten Nur ein Teil – etwa zehn Prozent – des zugeführten Eisens kann resorbiert werden, der Rest wird ausgeschieden und färbt als Eisensulfid den Stuhl dunkel bzw. schwarz. Über die Harmlosigkeit dieses Phänomens sollten die Patienten informiert sein. Wechselwirkungen sind ein wichtiges Thema bei der Eisensubstitution: Als polyvalente Kationen können Eisensalze über die Bildung von Komplexen zu Interaktionen mit diversen Arzneimitteln führen.

Relevant kann dies unter anderem bei gleichzeitiger Einnahme von Antibiotika wie Gyrasehemmern oder Tetrazyklinen sein. Hier muss auf einen ausreichenden zeitlichen Abstand geachtet werden, um den Erfolg der antimikrobiellen Therapie nicht zu gefährden. Auch die Bioverfügbarkeit von Thyroxin kann, gemeinsam mit einer Eisenverbindung genommen, herabgesetzt werden, ebenso wie die von Bisphosphonaten, welche schwer lösliche Verbindungen mit Eisen eingehen.

Um eine gute Aufnahme des Eisens zu gewährleisten, sollten die Supplemente besser nicht zusammen mit größeren Mengen Milch oder mit Kaffee oder Tee genommen werden: Kalzium hemmt ebenso wie Tannin die Eisenresorption.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/11 ab Seite 120.

Waldtraud Paukstadt, Medizinjournalistin

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