Ein Cremeklecks wurde auf rosa Untergrund verstrichen.
Die Grundlage einer Creme darf die Wirkstoffe nicht beeinträchtigen - wenn nötig, muss man sie austauschen. © bsiro / iStock / Getty Images Plus

Rezeptur – Mischen possible

EINE FRAGE DER GRUNDLAGE

Neben dem Beratungsgespräch im Handverkauf gehört die Rezeptur für PTA zum wichtigsten pharmazeutischen Handwerkszeug. Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In unserer Serie „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie mit schwierigen Rezepturen umgehen können.

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Es ist ein ganz normaler Tag in einer großen Apotheke, in der Offizin eilen kontinuierlich Kunden und Kollegen umher. In der Rezeptur erwartet mich schon eine ganze Pinnwand voll mit Rezepturen, die am gleichen Tag oder spätestens für den nächsten Morgen zubereitet werden wollen. Und ganz nebenbei warten noch einige Filialen auf einen Rückruf; sie wollen wissen, ob ich auch für sie etwas anfertigen kann. Nun habe ich Zeit, mich mit der Pinnwand zu beschäftigen. Ich sortiere nach Uhrzeit, nach Aufwand und versuche schon währenddessen festzustellen, ob alle Bestandteile in ausreichender Menge vorrätig sind.

FALL 1: GRUNDLAGE NICHT KOMPATIBEL

Mitten in meinen Gedankengängen geht auch schon die Tür zur Rezeptur auf und meine Kollegin hält mir ein Rezept unter die Nase: “Ich hab da mal was, kann der Kunde das in einer Stunde abholen? Seine Frau ist dann mit ihrem Termin fertig.“ Ich werfe einen kurzen Blick auf das Rezept: Triamcinolonacetonid mit Triclosan in Basiscreme DAC. Nichts Spektakuläres. Gut, fange ich damit also an.

Während ich mir die Substanzen aus den Regalen nehme und das Salbenrührgerät vorbereite, denke ich über die Rezeptur nach, etwas klingelt in meinem Hinterkopf. Und richtig, nach einem Kontrollblick ins Rezepturprogramm stelle ich fest, dass ich die Grundlage austauschen muss. Triclosan ist hier der Spielverderber, da es sich um einen phenolischen Wirkstoff handelt, der sich nicht mit dem macrogolischen Emulgator der Basis Creme DAC verträgt.

Als erstes: Arzt fragen
Der erste Schritt ist immer, den verschreibenden Arzt anzurufen und ihn mit einzubeziehen. Es gibt die Netten, die sich das Problem anhören und einem die Freiheit geben, die passende Grundlage heraus zu suchen und sogar anbieten das Rezept entsprechend zu ändern. Und es gibt solche, die nicht ans Telefon gehen. Tritt dieser Fall ein, kann ich den Kunden aber nicht warten lassen, bis sich der Arzt meldet oder ich ihn erreiche. Was tun?

Als nächstes: Recherche
Zum Glück gibt es mehrere Möglichkeiten, in Erfahrung zu bringen, welche Grundlage mit Triclosan zu verwenden ist. Entweder man bemüht das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) oder sucht online. Ja, auch im Internet findet man fundierte Hilfe. Mehrere Quellen empfehlen Anionische hydrophile Creme SR/DAC zu verwenden. Diese hat, wie der Name verrät, einen anionischen Emulgator und passt somit zum Phenol Triclosan. Damit die Creme noch angenehmer auf der Haut wird und das Triclosan ausreichend in die innere Phase der O/W Emulsion gelangt, wird der Wirkstoff mit 2-Ethylhexyllaurat angerieben.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass dies nicht die einzige Grundlage ist, mit der Triclosan kompatibel ist. Eine weitere Möglichkeit ist hydrophobe Basiscreme DAC. Diese erscheint fettiger auf der Haut, da sie sich nicht so leicht abwaschen lässt. Die Zeit hat aber gezeigt, dass die allermeisten Kunden eine leichtere Creme bevorzugen, vor allem Männer.

Stempel für die Rezeptkontrolle Diese Rezeptur kommt bei uns im Moment sehr häufig vor, so dass wir nicht wegen jedes einzelnen Rezepts beim Arzt anrufen, sondern stillschweigend die Grundlage austauschen. Für diesen Zweck haben wir einen Stempel mit folgendem Text anfertigen lassen:

Aus Stabilitätsgründen Austausch der Grundlage in anionische hydrophile Creme SR DAC

Alle sind glücklich: der Kunde, der sein Hautproblem schneller los ist, der Arzt, der nicht unnötig gestört wird, und am meisten ich, denn so kann ich schnell und zügig weiterarbeiten.

Gut auffindbar dokumentieren
Der Kunde ist versorgt, die Rezeptur nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt. Hier könnte man jetzt stehen bleiben, oder etwa nicht? Ich erwähnte ja bereits, dass wir diese Rezeptur mehrmals täglich oder wöchentlich herstellen, also werden sich zwangsweise auch meine Kollegen damit beschäftigen. Nun kommt das Rezepturprogramm wieder ins Spiel, das hat nämlich alle Rezepturen des NRF gespeichert und besitzt eine Suchfunktion. Wenn ich in die Suchmaske Triclosan eintippe, erscheint mir eine standardisierte Rezeptur mit der NRF Nummer 11.135 - der Traum jeder PTA in der Rezeptur, jetzt kann ich nämlich von hier aus die Rezeptur modifizieren.

Ich weiß nun, wie viel 2-Ethylhexyllaurat ich dazugeben muss, damit die Creme schön geschmeidig wird. Dem ganzen gebe ich folgenden Namen, damit meine Kollegen es bei Bedarf gut finden: Triamcinolonacetonid in hydrophiler Triclosancreme NRF 11.135.

FALL 2: GRUNDLAGE NICHT LANG GENUG HALTBAR

Bei der nächsten Rezeptur, die ich hier betrachte, stimmt eigentlich alles, aber für eine verbesserte Haltbarkeit muss die Grundlage etwas modifiziert werden. Mit Sicherheit ist folgende Rezeptur dem einen oder anderen schon über den Weg gelaufen: Erythromycin mit Metronidazol in Basiscreme DAC. In der PTA-Schule haben wir mal irgendwann in Galenik gelernt, dass zumindest Polysorbat 20 (Tween® 20) zugefügt werden muss, damit das mikronisierte Erythromycin weniger adhäsiv ist. Hier muss man abwägen, wie viel Aufwand man investieren möchte, um die Haltbarkeit der Creme zu verlängern.

Denn bei der Salbe sollte, so wie sie verordnet ist, die Aufbrauchfrist auf vier Wochen reduziert werden, da Erythromycin eben etwas sensibel ist. Es geht hier aber auch darum, das pH-Optimum für beide Wirkstoffe herauszuarbeiten. Die Mühe lohnt sich, da diese Rezeptur häufig verordnet wird, wenn Patienten einen akuten Rosacea-Schub haben oder unter Perioraler Dermatitis leiden. Im Moment vielleicht sogar gehäufter, wegen des ständigen Masketragens.

Aufwendige Grundlagen als Defektur
Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Optimale aus der Rezeptur herauszuholen. Am leichtesten hat man es mit dem Rezepturprogramm: Alles in die Suchmaske eingeben und man landet bei NRF 11.138. Man kann auch die Papierversion des NRF zur Hand nehmen oder man sucht online.

Ich gebe zu, die Grundlage ist natürlich etwas aufwendiger herzustellen, aber man kann sich damit behelfen, dass man einen bestimmten Ansatz schon vorbereitet, wenn man einschätzen kann, wie oft diese Rezeptur in 7 oder 14 Tagen vorkommt.

Da die Rezeptur selbst im Kühlschrank aufzubewahren ist, lagert natürlich auch die Grundlage dort. Unser Vorrat enthält alle Bestandteile bis auf die Wirkstoffe und das Anreibemittel wasserfreies Glycerin. Die Vorratsdose muss auf jeden Fall korrekt etikettiert sein mit den entsprechenden Chargen und Verfällen. Wenn mehrere in der Rezeptur arbeiten, sollte auch immer mal einer einen Blick auf die Vorräte werfen, ob sie noch zu verwenden sind, und ob die vorbereiten Mengen noch realistisch sind.

Per Hand rühren
Bei dieser Rezeptur habe ich festgestellt, dass sie deutlich angenehmer wird beziehungsweise cremiger bleibt, wenn man zu Fantaschale und Pistill greift. Wenn es schnell gehen muss, greife ich zwar auch zum Mischsystem, allerdings wird die Creme hier deutlich flüssiger als bei der althergebrachten Zubereitungsart. Laut NRF ist die Herstellung von Hand auch die Empfehlung. Ich verpacke gerade diese Rezeptur auch sehr gerne in eine Tube, da ich die Handhabe deutlich angenehmer finde als die Verwendung einer Drehdosier-Kruke.

Grundsätzlich lege ich Ihnen ans Herz, ab und zu mal was mit der Hand zu rühren. Zum einen, um nicht aus der Übung zu kommen, und zum anderen, da man nirgendwo sonst das Brechen einer Emulsion beobachten kann. Gerade unbekannte Rezepturen fertige ich deshalb so an. Allerdings landet tatsächlich der größte Teil im Mischsystem. Schließlich kann man Drehzahl und Rührzeit optimal bestimmen. Wenn man sich unsicher ist, kann man hierzu gut die Herstellungsempfehlung befragen, die man auf der Homepage des Mischsystem-Herstellers findet.

Achtung: Basiscreme nicht zu schnell rühren lassen
Gerade bei dieser Rezeptur ist da allerdings etwas Vorsicht geboten. Die Empfehlung lautet, erst 30 Sekunden bei 2000 Umdrehungen pro Minute (UpM) rühren zu lassen und dann noch einmal drei Minuten bei 1000 UpM. Allerdings wird Basiscreme DAC bei hohen Rührzahlen sehr voluminös und kann beim ersten Öffnen der Kruke herausquellen. Aus diesem Grund wähle ich für Rezepturen mit dieser Grundlage am liebsten das Rührprogramm „Gel“ mit fünf Minuten Rührzeit und 500 UpM. Das Ergebnis ist fast das gleiche, der große Unterschied: Die Creme quillt dem Kunden nicht entgegen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Scheu vor dem Austausch der Grundlage nehmen oder etwas reduzieren. Und zur Not: Fragen Sie den Arzt oder Apotheker.

Lea Brachwitz,
PTA und Rezepturkorrespondentin

Quellen:
"Plausibilitäts-Check Rezeptur", Andreas S. Ziegler
"Wirkstoffe in der Rezeptur", Andreas S. Ziegler
"Grundlagen in der Rezeptur", Andreas S. Ziegler
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/12/03/triclosan-rezepturen-auf-die-grundlage-kommt-es-an 

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